12|Heisse Tränen

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Die nächsten Tage bzw. Wochen verliefen eigentlich immer gleich.

Ich stand auf, machte mich fertig, ging in die Uni und dann ans Filmset, oder anders herum.
Meine Abende verbrachte ich in der Bibliothek und lernte.

Ich versuchte, so wenig wie möglich in meiner eigenen Wohnung zu schlafen, ich bekam dort ständig nur Albträume.
Ich fühlte mich in einem ewigen Kreislauf gefangen, jeden Morgen musste ich mich aus dem Bett schleppen, keine Spur mehr von positiver Aufregung oder Vorfreude auf den Tag.

Mir wurde das alles zu viel und nicht selten kam mir der Gedanke, dass ich mir vielleicht etwas zu viel vorgenommen hatte.

Es war schon nach Mitternacht, als ich meine Augen prüfend über meine Hausarbeit auf meinem Laptop gleiten ließ.
Wie üblich war ich nicht zufrieden mit mir selbst.

Vorsichtig und rückte ich meine Brille zu recht.
Erst vor kurzem hatte ich einen Sehtest gemacht.

Ich massierte meine Schläfen und schloss für einen kurzen Moment meine Augen.
Ich war müde, ich hatte kaum etwas gegessen, aus Zeitgründen, aber auch, weil mir konstant schlecht war.

Das Klingeln meines Handys ließ mich aufschrecken.
Als ich Toms Name auf dem Display sah, musste ich nicht wie gewohnt schmunzeln, sondern stöhnte nur genervt auf.

Ich wusste genau, dass er sich vernachlässigt fühlte, ich hatte auch ein ziemlich schlechtes Gewissen deswegen, wusste aber nicht, wie ich es gerade ändern sollte.

„Ja?", meldete ich mich leise.
„Y/N wo bleibst du, es ist schon spät, kommst du heute nicht mehr nach Hause?", Toms Stimme klang besorgt.
„Doch, natürlich, ich...", unterbrach ich mich selbst, die Last immer schwerer auf meiner Schulter.
„Tut mir leid, geh schon mal ins Bett, falls du müde bist, ich bin bald bei dir", fing ich mich.

Wir verabschiedeten uns und ich ließ mein Handy wieder in meine Tasche gleiten.

Ich ließ mein Blick aus dem Fenster der Bibliothek ins dunkle gleiten, direkt auf den großen Weihnachtsbaum im Innenhof meiner Uni.
Er war mit einer leichten Schneeschicht gepuderzuckert.

Eine Woge der Traurigkeit überkam mich.
Ich hatte Weihnachten immer geliebt, war die erste die ihr ganzes Zimmer dekoriert hatte und für alle Plätzchen mitbrachte.

Bis zu dem Tag, als David mir nicht nur die Nase,
sondern auch mein Herz brach.

Ich zitterte dem traurigen Jahrestag entgegen.
In dieser Nacht hatte sich mein Leben verändert.
Wieder musste ich seufzen.

Mir war aus den vorherigen Jahren bekannt, dass es mir in der Zeit vor diesem einen Tag immer schlecht ging, aber dieses Jahr war es extrem.
Erneut verließ ein Seufzer meinen Mund.

Emotionslos packte ich mein Zeug zusammen, kuschelte mich in meinen Mantel und trat in die kalte Winternacht.

Schneeflocken wirbelten mir entgegen.
Der ganze Hof war in ein warmes gelbes Licht getaucht, welches von den Lichterketten kam.
Ich liebte London in der Weihnachtszeit.

Ich genoss die winterliche Stimmung, während ich Richtung U-Bahn Station los lief.
Die Straßen waren leicht zugeschneit, jeder meiner Schritte hinterließ ein gedämpftes Geräusch.

In der Bahn steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und schloss die Augen, versuchte mir selber vorzutäuschen, in einer anderen Realität zu leben.

In Toms Haus angekommen, öffnete ich leise die Tür zum Schlafzimmer, Willow und Forrest hatten mich voller Freude schon direkt nach der Haustür begrüßt.

Tom lag schon im Bett und hatte seine Augen geschlossen.
Ich lächelte traurig, er sah so friedlich aus, wenn er schlief.
Frei von allen Problemen und Sorgen.

behind the cameraWhere stories live. Discover now