Die Rote Dame - 3

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Die Blätter raschelten zu seinen Füßen, als er den Park durchquerte.

Sie hatte seine Gewohnheit gebrochen, also hatte er gleich mehreres verändert, um eine Neue zu schaffen.

Nun verließ er also jeden Tag fünf Minuten eher die Arbeit, lief dann, statt dem alten Weg zum Cafe, über die andere Seite dorthin. Dabei kam er jeden Tag durch diesen Park.

Als er jedoch an diesem Tag das Cafe erreichte stutzte er. Sie war nicht da.

Es war ... es war die ... die neue Gewohnheit. Sie stand doch ... immer hier. Jeden Tag, wenn er ankam, war sie bereits da und lächelte ihn freundlich an. Er wurde direkt nach ihr bedient und verließ das Cafe etwa eine Stunde, nachdem sie es verlassen hatte.

Wieder brach sie seine Gewohnheit. Jetzt, wo er seine neue gerade etabliert hatte, brachte sie wieder alles durcheinander.

Er stöhnte genervt und überlegte, was er nun tun sollte.

Sollte er einfach warten, bis sie kam und wie geplant nach ihr das Cafe betreten?

Was aber, wenn nun andere Leute davor kamen?

Oder, wenn sie heute gar nicht kam?

Sollte er einfach reingehen und der erste sein, wie er es früher - vor ihr - immer getan hatte?

Zumindest besser, als den ganzen Tag zu warten und das Cafe womöglich gar nicht mehr zu betreten. Also stand er, wie es vor ihr üblich gewesen war, als Erster vor der Tür. Er betrat als Erster das Café und wurde als Erster bedient.

Und dann, eben wie das erste Mal als er sie gesehen hatte - er hatte gerade einen Espresso bestellt und wollte nun Lesen - betrat sie den Raum und zog scheinbar sämtliche Aufmerksamkeit mit ihrer Erscheinung auf sich.

Gekleidet im roten Mantel nahm sie an ihrem Tisch Platz, der wie immer nur auf sie gewartet zu haben schien, warf das Haar in den Nacken und sah zu ihm hinüber - lächelte ihn an.

Augenblicklich vergaß er seine Wut, die er bis eben noch verspührt hatte und so kam es, dass ihm auch ein Lächeln über die Lippen ging.

Ein seltenes, aber doch sehr schönes Bild entstand.

Zwei Fremde, die sich gegenüber saßen und anlächelten, wie zwei Kinder. Und für diesen Augenblick stand die Zeit still.

"Bitte sehr." Die Kellnerin stellte ihm seinen Espresso auf den Tisch. Er nickte kurz zum Dank, sah auf und musste feststellen, dass der Moment sein Ende gefunden hatte. Sie sah nicht mehr zu ihm hinüber.

Enttäuscht widmete er sich seinem Getränk und dem Buch, welches er bereits seit Wochen schon lesen wollte. Gab sich ganz der Geschichte hin - vergaß jegliche Sorgen.

SammelsuriumWhere stories live. Discover now