Kapitel 10

110 9 0
                                    

Mitten in der Woche auf dem Höhepunkt der herbstlichen Saison wimmelte es in den Parks und auf den Boulevards von Boston nur so vor Menschen. Nahverkehrszüge brachten in kurzen Abständen Bewohner der Vorstädte in die Stadt, sie strömten zu ihren Arbeitsplätzen, zu den Museen sowie zu den zahllosen anderen Sehenswürdigkeiten. Mit Kameras bewaffnete Leute kletterten in Ausflugsbusse und Kutschen, um die Stadt zu besichtigen; andere stellten sich in Schlangen an, um an überteuerten, überfüllten Touren teilzunehmen, die sie zu Hunderten nach Cape Cod hinaustransportieren würden.

Ich schnaufte genervt und warf einen Blick auf die rot leuchtende Anzeige meines Autos. Mittlerweile war ich schon über eine Stunde unterwegs und würde sicherlich erst in einer weiteren wieder zu Hause sein. Hoffentlich würde Loki dann noch schlafen, auch wenn ich das sicherlich bezweifelte. Doch immerhin hatte ich uns in der besten Bäckerei der Stadt Frühstück besorgt - die leckersten Sandwiches, die es hier gab und zwei Blaubeermuffins – außerdem hatte ich schon einmal einige Zutaten für ein Mittagessen organisiert.

Nun befand ich mich auf dem Rückweg und schlürfte gedankenverloren an meinem Pumpkin Spice Latte, den ich mir extra für die Fahrt mitgenommen hatte. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu dem Schwarzhaarigen zurück und ich konnte einfach nicht aufhören zu lächeln. Doch gleichzeitig war mir zum Heulen zumute. Ich war mir so unsicher, was das zwischen uns war. Ob es überhaupt irgendwas war, oder je sein könnte. Klar, er war vollkommen verrückt und litt vermutlich an Wahnvorstellungen. Aber war ich da wirklich besser? Immerhin hatte ich Sex mit dem Mann, der vor ein paar Tagen noch in mein Haus eingebrochen war und dann noch der Meinung war, mich gefangen nehmen zu müssen. Klar, er hatte mich alles in allem nicht schlecht behandelt und schien auch echt kein schlechter Mensch zu sein. Doch war das wirklich genug?

Ich fuhr in einem Zustand völliger Abwesenheit nach Hause zurück. So durcheinander war ich, dass ich hinter Waltham eine falsche Abzweigung nahm und ein paar Blocks zurückfahren musste, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Mein Kopf war angefüllt von Lokis Duft, seinem Geschmack. Er verweilte auf meiner Haut, meiner Zunge, und ich musste mich nur an das Gefühl seines hinreißenden Körpers erinnern, der sich an mich klammerte, mich umschloss, um mich sofort wieder in seine Arme zu wünschen. Verdammt.

Was ich heute Nacht mit Loki getan hatte, war nicht geplant gewesen und es war einfach eine hirnverbrannte Dummheit. Nicht, dass ich viel Bedauern darüber aufbringen konnte, wie ich die letzten Stunden verbracht hatte. Noch nie hatte ich mit einem Mann so lichterloh gebrannt, und man konnte wahrlich nicht sagen, dass es mir in dieser Hinsicht an Vergleichsmöglichkeiten gefehlt hätte.

Dieser Mann machte einfach etwas mit mir, er stellte etwas mit mir an, was ich nicht erklären und noch weniger leugnen konnte. Und nachdem er mich so sanft aus dem Horror meines Alltags herausgeholt hatte, war alles, was ich wollte - was ich brauchte -, mich noch tiefer in seinem Zauber zu verlieren oder was auch immer es war, dass er auf mich ausübte. Und Loki nackt über mich zu haben stachelte mich dabei nur umso mehr an. Nun, da ich ihn gehabt hatte, wollte ich nur eins - ich wollte mehr.

Ich fuhr den Wagen mit quietschenden Reifen über den Einfahrtsweg auf das Haus zu und rollte dann in die kleine Garage, die sich auf einen leichten Knopfdrück der Fernbedienung öffnete, die ich aus dem Handschuhfach kramte. Ich stellte Scheinwerfer und Motor ab, schnappte mir die Tüte mit meinen Einkäufen vom Beifahrersitz und verließ dann das Auto.

Die Lichter flackerten kurz auf, als ich den Wagen verriegelte und anschließend lief ich zur Tür, die die Garage mit der Küche verband. Mit einem Lächeln auf den Lippen stellte ich die Tüte auf die Arbeitsfläche und begann dann, alles auszuräumen. Die Tüte aus der Bäckerei stellte ich auf den Esstisch und holte schon einmal zwei Teller aus dem Schrank, bevor ich anfing, die Filtermaschine mit Kaffee zu befüllen. Meinen mittlerweile leeren Becher Latte warf ich in den Müll und als ich mich anschließend im Raum umsah, hörte ich ein lautes Poltern die Treppe herunterkommen.

Falling  *Loki FF*Место, где живут истории. Откройте их для себя