Kapitel 4

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"Und wie geht das? Erklär mal"
"Ich checks nicht"
"Schule ist so eine scheiße, was das"
Ständig musste ich mir sein Gequengel anhören. Es waren mittlerweile schon einige Stunden vergangen und mir war es gelungen, zumindest einen Großteil des Lernstoffs in seinen Kopf zu hämmern. Keiner von uns hatte mehr Lust. Ich zeichnete in mein Skizzenblock und er tippte irgendwas auf seinem Handy herum.
"Und was jetzt?"
Ich drehte mich zu ihm und blickte ihn fragend an. Er zuckte mit den Schultern und starrte wieder auf den Bildschirm vor ihm. Ich fragte mich was daran so spannend war.
Es klingelte noch im selben Moment. Mir rutschte das Herz in die Hose. War mein Vater schon so früh nachHause gekommen? Dabei war es gerade mal Viertel nach 4. Ich schaute zu Daemon, aber der beachtete mich nicht. Er schien zu sehr in die Chatunterhaltung zwischen ihm und Chris vertieft zu sein.
Mein Vater konnte es garnicht sein, er hatte einen Schlüssel und würde niemals die Klingel benutzen. Ich konnte auch warten bis die Person weg war. Bestimmt nur ein Postbote. Doch das klingeln verstummte nicht.
Seufzend erhob ich mich und ging Richtung Flur. Erst als ich an Daemon vorbei schlich schien er mich zu bemerken.
"Wohin?", fragte er knapp.
"Hat geklingelt."
"Ah achso."
Diese Unterhaltungsweise gefiel mir garnicht. Ich beeilte mich aber lieber zur Tür und riss unten schwungvoll die Tür auf.
"Was zum-" und blickte in Fynns erfreute Gesicht. Ich verdrehte die Augen. Schon wollte ich die Tür wieder vor seiner Nase zuknallen, doch er hielt sie mit seinen starken Armen auf.
"Fuck"
"Na, freust du dich? Jetzt haben wir endlich Zeit für uns", sagte er und ein boshaftes Lächeln umspielte seine Lippen.
"Du nervst. Lass mich in Ruhe und geh."
Er ignorierte meine Worte und sprach weiter: "Warum wolltest du unsere Beziehung beenden? Wer hat dich dazu gebracht?"
"Du. Du hast mich betrogen. Die ganze Zeit."
Tränen schimmerten in meinen Augen, so wütend und frustriert war ich.
Doch er winkte ab.
"Unsinn, er hat dir das bloß eingeredet? Ich habe dich immer geliebt und-"
"Solche Worte sollten nicht aus deinem Mund kommen. Ich war die Einzige, die an unserer Beziehung gehangen hat. Du machst mich wahnsinnig, hau endlich ab.", unterbrach ich ihn und machte Anstalten die Tür mit Schwung vor seiner Nase zuzuschlagen. Aber nein. Natürlich nicht. Wieder war er schneller.
Mit einem Schritt war Fynn schon in meinem Haus. In meinem Haus. Er war hier eingedrungen.
Er fasste mich beim Handgelenk und schlang seine andere Hand um meine Taille.
"Oh Leonie, ich habe dich vermisst", hauchte er mir ins Ohr.
"So ein Scheiß. Möchte nicht wissen, wie oft du dich nach unseren Dates mit anderen Mädchen getroffen hast. Jetzt Eine mehr oder weniger, macht für dich doch keinen Unterschied."
Bei meinen Worten runzelte Fynn die Stirn und musterte mich. Ich erinnerte mich an Daemons Worte, das Fynn nicht zu stark, sondern ich zu schwach war. Na das werden wir ja noch sehen.
Für einen kurzen Moment ließ er lockerer und ich schlug seine Hand weg. Er ließ es dabei bleiben. Fynn legte den Kopf schief, dann begann er wieder zu sprechen.
"Weißt du, ich verstehe dich nicht, Leo. Wieso wehrst du dich so sehr gegen deine Gefühle?"
Wieder schossen mir Tränen in die Augen. Ich sollte nicht immer bei jeder Kleinigkeit rumflennen, verfluchte ich mich.
Aber er nervte so sehr. Und er sollte mich schon garnicht bei meinem Spitznamen nennen. Ich hasste ihn so sehr.
"Ich möchte einfach nur das du verschwindest. Und zwar für immer aus meinem Leben. Was ist daran so schwer zu verstehen?"
Eine Träne kullerte mir über die Wange. Schnell drehte ich meinen Kopf zur Seite und wischte mir mit einem Ärmel die Tränen weg.
"Du hast es klar ausgedrückt gehört, Fynn. Also verpiss dich."
Ich fuhr herum. Daemon saß auf der Treppe und beobachtete das Szenario. Er erhob sich. Sein Blick war eiskalt auf Fynn gerichtet. Er baute sich vor mir auf und bot mir Schutz hinter sich. So fühlte ich mich sicher, wie immer in Daemons Gegenwart. Ich würde Fynns Gesicht jetzt nur zu gerne sehen. Seine Stimme klang zittriger und nicht mehr so überzeugt wie zuvor.
"Daemon? Was machst du hier? Vorallem bei Leonie zuhause..."
Fynn hatte eindeutig Respekt vor Daemon. Dessen Wut konnte man allerdings kaum überhören.
"Das geht dich einen Scheiß an. Schon genug das du hier auftauchst."
"Und was willst du dagegen tun, Daemon? Du bist wohl kaum stärker als ich", provozierte Fynn. Ganz schlechte Idee von ihm.
Doch anstatt auszurasten, bekam Daemons Stimme einen belustigten Tonfall:
"Ganz schön hohe Töne für jemanden, dem ich am Tag zuvor eine runtergehauen habe, sodass seine Nase blutete. Vorallem nachdem du dich nach einem Schlag, wehrlos wie du bist, verzogen hast. Einfach abgehauen. Was willst du das ich dir heute breche?"
Der letzte Satz jagte mir eine Heiden Angst ein. Ich trat einen Schritt hervor und erhob meine zittrige Stimme:
"Jungs, hört auf!"

Doch die beachteten mich nicht. Nur Daemon änderte seine Position und stellte sich wieder vor mich.
"Gib doch einfach auf, Fynn. Überlass sie mir. Und jetzt verpiss dich dahin wo du hergekommen bist."
>Überlass sie mir< Ich wiederholte die Worte immer wieder um dessen Bedeutung zu verstehen und nichts falsch zu interpretieren. Meine Fragen überschlugen sich, was sollte das denn heißen?
Fynn sah offensichtlich so aus als hätte er keine Lust mehr auf Streit, denn er knurrte nur:
"Das klären wir ein Andermal."
Worauf Daemon nur "Mit Vergnügen." antwortete und hinter Fynn die Tür zuschlug. Jetzt waren wir wieder alleine.
"Krass, wie sehr der Typ abfuckt. War so kurz davor ihn kurz und klein zu schlagen.", meinte Daemon genervt und wandte sich an mich. Ich sank zu Boden und vergrub meinen Kopf in meinen Schoß. Wie wäre es wohl ausgegangen, wenn Daemon nicht da gewesen wäre?

Er hockte sich hin und nahm mich in die Arme. Für einen Moment verlor ich mich in seiner Wärme und dem Schutz den er mir gab.
Die Tür sprang auf und mein Vater stand vor uns. Sein rotes Gesicht, seine blutunterlaufenen Augen und die leere Bierflasche in seiner Hand deuteten daraufhin das er mal wieder zu viel getrunken hatte. Ich löste mich von Daemon. Er sollte nicht hiersein. Auf gar keinen Fall sollte er miterleben was jetzt geschehen würde. So sehr ich mir auch wünschte er würde bleiben, es ging nicht.
"Bitte geh...", flüsterte ich ihm zu.
"Was nein, ich bleibe hier-"
"Du musst gehen! Ich schaffe das jetzt, geh man", unterbrach ich ihn. Meine Stimme versagte.
Er starrte mich erschrocken an.
Es war zu spät. Mein Vater war kurz vorm ausrasten.
"Was wird das hier? Zwei Jungs in meinem Haus? Willst du mich verarschen?!", seine laute Stimme durchbrach die Stille und Daemon zuckte zusammen.
Ich wollte nicht das er das miterlebte. Also schob ich ihn sanft Richtung Tür doch er bewegte sich nicht.
Mein Vater kam auf mich zu, Daemon stellte sich schützend vor mich, doch mein Vater schubste ihn nur unsanft zur Seite.
"Hast du Essen gemacht? Hast du gelernt?", fragte er. Sein Ton jagte mir Angst ein und ich bekam keine klare Antwort mehr heraus. So kam er immer öfter nachHause, seit diesem einen Tag, der alles verändert hatte..
"N- Nein..", stammelte ich und trat einen Schritt nach hinten. Mein Vater kam wutentbrannt auf mich zu.
"Du bist zu nix zu gebrauchen- wenn deine Mutter, oder wenigstens deine Schwester noch da wäre.." Er beendete seinen Satz mit einem Schnauben.
Ich blickte zu Daemon, der geschockt hinter meinem Vater stand. Ich nahm ihm es nicht übel, das er mir nicht half. Er war es nicht gewohnt und sollte eigentlich nicht einmal hier sein.
Mein Vater stieß mich in die Küche. Ich kam aus dem Gleichgewicht und stolperte. Ich ruderte mit den Armen aber fand keinen Halt. Mein Kopf schlug hart am Rand der Küchentheke auf. Ich saß am Boden und hielt mir den Kopf. Alles drehte sich. Ich konnte nicht mehr. Mein Vater stand vor mir und betrachtete mich mit einem herablassenden Blick.
"Da hättest wenigstens du an der Stelle deiner Schwester im Auto sitzen sollen.", schob er hinterher und drehte sich um.
Tränen rannen meinen Wangen hinunter und ich versuchte aus der verschwommenen Sicht zu erkennen was mein Vater als nächstes tat, doch ich schien ihn nichtmehr zu interessieren.

Ich kippte für einen Moment weg und als ich wieder klare Sicht hatte, sah ich wie Daemon mit meinem Vater diskutierte. Der ging aber nicht auf ihn los, sondern lehnte nur an der Wand und betrachtete Daemon nur mit einem geringschätzigen Blick. Ihre lauten Stimmen rauschten nur in meinen Ohren. Ich konnte nicht mehr. Vor mir wurde alles schwarz.
The good Times and the bad Ones, Kapitel 4- Ende

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