Kapitel 9

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Langsam wälzte ich mich auf die Seite. Auf irgendwas lag ich drauf. Ich öffnete die Augen und setzte mich auf. Draußen war es dunkel, doch der helle Mond und der Sternenklare Himmel waren doch deutlich zu erkennen. Vom Bett aus konnte man einfach aus dem Fenster schauen und den dahinterliegenden Garten beobachten.
Neben mir regte sich was. Öhm? Warum lag Daemon zusammengerollt neben mir? Langsam rief ich mir die Geschehnisse des Vorabends wieder ins Gedächtnis. Ich hielt mir meine Hand vor den Mund. Sarah hatte mir eine Nachricht geschickt und ich war daraufhin total ausgetickt. Es war nur ein kleines Wort, ein zaghaftes "Hilfe" , was jeder hätte schreiben können. Trotzdem gab es da das kleine Fünkchen Hoffnung das da vielleicht doch noch was war...
"Warum bist du wach..? Es ist 5 Uhr..", grummelte Daemon neben mir im Halbschlaf. Ich strich ihm über den Kopf.
"Schlaf ruhig, ich kann nicht schlafen.", antwortete ich leise. Das alles war viel zu intim. Schon zweimal hatte ich mit ihm in einem Bett geschlafen, dabei waren wir nichtmal beste Freunde oder sonst was. Dabei war er es, der zu mir gekommen war und mich in den Arm genommen hatte. Ich beobachte Daemon.. er sah selbst im Schlaf, mit seinen verwuschelten Haaren gut aus. Seine langsame Atmung und sein leicht geöffneter Mund deuteten darauf hin, das er wieder eingepennt war.
Auch ich legte mich wieder hin und zog die Decke bis zum Kinn und streckte mich. Mein Bein streifte Daemons und ein angenehmer Schauer durchfuhr mich. Jede kleine Berührung, jeder Blick brachte mich aus dem Konzept. Warum war er in letzter Zeit so viel bei mir? Davor hatten wir doch kaum noch miteinander geredet. Und warum kam er mir in letzter Zeit so nah? Natürlich zog ich auch in Betracht das er mir etwas Anderes signalisieren wollen könnte, aber den Gedanken schlug ich mir direkt wieder aus dem Kopf. Schließlich war er verliebt in Sarah. Auch wenn sie nichtmehr da war. Sein niedergeschlagenes Gesicht, das er machte und die traurige Miene, wenn wir über sie sprechen, tat jedes Mal ungeheuer weh, mit anzusehen.
Und da war nochwas. So sehr ich ihn auch mochte, schon lange mehr als nur Freundschaft. Sarah sollte nicht gegen mich ersetzt werden. Sie hatte nie Augen für Daemon gehabt. Aber er immer für sie.. die gemeinsame Zeit, die wir zu dritt miteinander verbracht haben... Wie wir zusammen gelernt haben, verstecken gespielt haben, gelacht, geweint, gestritten und uns wieder vertragen. Das alles hat uns so zusammengeschweißt und dann der Unfall... Er hat Daemon komplett gebrochen. Dabei hatte er schon seine Mom verloren, und dann auch noch seine erste große Liebe. Auch wenn er sagte, er sei über sie hinweg, ich glaube ihm jedes Mal kein Wort.
Ich griff nach meinem Handy. 113 ungelesene Nachrichten. Bruh, wer ist das denn? Aber hey. Krass das es überhaupt noch, nach meinem gestrigen Anfall, funktionierte und sich einschalten ließ.
Zuerst dachte ich es wäre Sarahs Nummer, aber entdeckte dann doch noch rechtzeitig das es nur die Gruppe von Franzi, Naomi und mir war. Langsam überflog ich den Chat. Die beiden stritten sich um irgendeinen Typen, den Franzi kennengelernt hatte. Unten angekommen entdeckte ich den Button fürs Facetiming. Franzi und Naomi hatten einen Gruppenanruf gestartet. Um 5:40?
"What the.."
So leise, wie es nur möglich war, kroch ich aus dem Bett und betrat den Flur. Es war dunkel. Stockdunkel. Mein Verstand setzte aus. Mist. Wo war der Lichtschalter?? Egal, ich schaltete einfach meine Handytaschenlampe ein. Das helle Licht flutete den Flur und ich konnte meine eigenen Füße endlich wieder sehen. Ich wagte es nicht, mich umzudrehen oder loszurennen, denn dann würde ich durchdrehen. Schon als kleines Kind hatte ich panische Angst vor der Dunkelheit gehabt und meine blühende Fantasie machte es nicht grade besser. Wenn ich alleine im Dunkeln saß, bildete ich mir zahlreiche, verrückten Gegenstände, Monster und Personen ein. Manche verfolgten mich, andere kamen langsam auf mich zu. Und Andere wiederrum begannen zu reden. Ich wusste das mein Verstand mir nur Streiche spielte, aber es war in der Zeit so ausgeprägt, das es mir beinahe realistisch vorkam. Eine meiner großen Schwächen, von denen Daemon nichts wusste. Und er würde davon auch nichts erfahren. Der machte sich sonst nur wieder unnötige Sorgen.
Mein Handy leuchtete auf, als ich gedankenversunken Richtung Küche lief und auf jeden einzelnen meiner Schritte achtete. Nun blieb ich stehen. Naomi hatte was in dir Gruppe geschrieben.
Leonie bist du wach?
Schnell tippte ich etwas ein.
Ja, wartet kurz dann können wir telefonieren.
Franzi schickte einen Daumen hoch. Ich fragte mich immernoch was die beiden so früh antreibte, noch zu telefonieren.
In der Küche tastete ich hektisch an der Wand herum, um den Lichtschalter zu finden. Da. Es klickte kurz und es wurde endlich hell. Hinter mir lag der Dunkle Flur, den ich nach kurzem Überlegen auch in helles Licht tauchte.
Kein Grund mehr, mir irgendeine Scheiße einzubilden.
Mein Handy vibrierte. Die Mädels versuchten mich anzurufen. Ich tippte auf das Annahme - Symbol und der Bildschirm teilte sich. Na klar. Videoanruf musste ja sein. Ich stellte mein Handy auf der Küchentheke ab und setzte mich auf einen der Barhocker. Franzi kreischte in Mikro.
"Heyyyy!!!"
Ich musste grinsen.
"Hi, was macht ihr so früh schon?", fragte ich.
"Telefonieren. Siehst du doch.", lachte Naomi.
"Die hat mit meinem besten Freund geschlafen~", grummelte Franzi beleidigt.
Naomi schnappte empört nach Luft.
"Fängst du schon wieder damit an. Man, ihr seid doch nicht zusammen oder so."
Darum gings also in dem Chat.
"Leute", versuchte ich das Gezicke der Beiden zu unterbrechen.
"Aber er ist mein bester Freund. Der soll nix mit meiner besten Freundin haben. Imagine, der ist für dich tabu", jammerte Franzi rum.
"Pah. Es war nur was Einmaliges, also stell dich nicht so an." Naomi verschränkte die Arme und tat beleidigt.
Franzi musste grinsen.
"Umso schlimmer. Der stellt sich nämlich mehr vor, du.", sagte sie und zwinkerte Naomi zu.
Die starrte ihre Freundin nur entsetzt an.
Ich konnte die Beiden langsam nicht mehr ernst nehmen.
"Sagt bloß, darüber habt ihr in den letzten Stunden diskutiert??",fragte ich belustigt.
"Nöö" Franzi grinste. Und schob nochwas hinterher: "Haben noch über Daemon geredet."
Ich schnappte nach Luft.
"Was? Wieso", hakte ich nach.
Naomi sah mich skeptisch durch die Kamera an.
"Weil du gestern bei ihm quasi eingezogen bist, vielleicht?" Sie klang fast ein wenig beleidigt. Ich wusste das sie nur neidisch war. Sie fand ihn hot, und hatte sogar schonmal versucht, ihn anzubandeln aber er hatte sie abgewiesen.
"Jaja.", murmelte ich.
"Was jaja?", sie klang vorwurfsvoll.
"Sie ist sauer deswegen.", gab Franzi zurück.
"Weil es unnötig ist. Was willst du bei ihm?", fragte Naomi.
Sie fuckte mich grade extrem ab.
"Weil mein Vater mich derart geschlagen hat, das ich womöglich eine kleine Gehirnerschütterung habe und danach abgehauen ist und mich hier zurückgelassen hat, vielleicht??"
Mit einer wütenden Geste zeigte ich auf meinen Kopf und den kleinen Verband, der meinen Kopf umschlang.
Uff. Ich war etwas laut geworden.
Franzi pfiff hörbar laut aus. Sie wusste es schon, Naomi aber hatte ich noch nichts dergleichen erzählt.
Sie sah derart schockiert aus.
"Leonie... Ich..", ihre Stimme brach ab.
Eine Träne lief ihr die Wange hinunter, die sie aber gleich wieder wegwischte.
"Okay so schlimm es jetzt nun auch wieder nicht. Er hat mir gestern geschrieben, das er jetzt länger erstmal weg ist und ich alleine klarkommen soll. Daemons Vater hat mir angeboten, solange hier unterzukommen. Wir kennen uns ja schon lange.", beendete ich.
"Was denkt dein Vater wer er ist
...", wütete Franzi. Ihre wilden Handbewegungen zeigten wie sauer sie war. Aber das war sie nunmal.
Naomi schüttelte langsam den Kopf.
"Sorry das ich dich so angefahren habe. Tut mir leid, ich wusste nicht was passiert ist. Ich dachte du willst ihn nur irgendwie näher kommen oder sonst was.", erzählte sie.
"Schon gut", antwortete ich.
Das ich die Zweisamkeit mit ihm heimlich sehr genoss, erwähnte ich lieber nicht.
Wir redeten noch ein bisschen über ein paar Schularbeiten und lästerten über ein paar Jungs aus unserer Klasse, insbesondere Fynn ab und verabschieden und endlich.
Schließlich mussten wir alle uns noch fertig machen. Es war Montag und um 8 begann Schule.
Es war ja schon 6:21, wie ich erst bemerkte, als ich auf die Uhr schaute.
Shittt. Ich musste mich noch fertig machen!

Zurück in meinem Zimmer, fand ich Daemon zusammengelümmelt auf meinem Bett wieder, wie er auf seinem Handy youtube schaute und mich verwundert ansah, als ich das Zimmer betrat.
"Wo warst du??", fragte er mich vorwurfsvoll.
"Hab bisschen gefacetimed mit Franzi und Naomi."
Schnell griff ich nach einer dunklen Jeans und einem langen T-Shirt. Aus der untersten Ecke meiner Tasche fischte ich einen schwarzen BH heraus. Daemon zog die Augenbrauen hoch.
"Was guckst du so? Noch nie nen BH gesehen? Haben in bald Schule, schon vergessen?", fragte ich.
"Bei dir noch nicht tatsächlich. Aber habe dich ja auch schon Ohne zu Gesicht bekommen, also alles easy."
Amüsiert schaute er mich an.
Röte stieg in mir hoch und mir wurde unerträglich heiß. Was ein Idiot.
Mit schnellen Schritten verzog ich mich ins Bad, um mich fertig zumachen.

Grade als ich mir mein Shirt überziehen wollte, wurde die Tür aufgerissen. Daemon stolzierte herein und stellte sich neben mich. Als wäre es das Normalste der Welt. Schnell zog ich das Shirt runter, eher er nochmehr sah, als er ohne hin schon zu Gesicht bekommen hatte.
"Spinnst du? Ich hab mich noch umgezogen!", fuhr ich ihn an und griff nach ein paar Cremes und meiner Mascara, die auf dem Waschbecken standen.
"Ist immernoch mein Haus.", zwinkerte er mir zu.
"Dann geh doch oben in das Bad!", meckerte ich.
"Nö"
Er griff nach ein paar Klamotten, die noch auf der Waschmaschine lagen und verzog sich wieder.
Hilfe, der raubte mir jetzt schon meine Nerven.
Seufzend setzte ich ein dezentes Make up auf und tuschierte mir die Wimpern. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Fast um Sieben. Noch schnell die Haare und dann los.
Daemon schrie irgendwas unverständliches aus dem Flur in meine Richtung. Ich hatte kein Wort verstanden also ließ ich es dabei und ignorierte ihn gekonnt.
Kurz darauf stand er auch schon in der Tür.
"Mach hinne."
Ich war gestresst. Was sollte ich mit meinen Haaren machen?
"Hast du mein Glätteisen gesehen?", fragte ich.
"Du hast wunderschöne Locken, lass sie doch einfach so. Offene Haare eh viel schöner als so krass gestylte.",sagte er lässig.
Mit der Antwort gab ich mich seufzend zufrieden und kämmte schnell durch meine Haare. Ich hasste die Locken. Es waren mehr Wellen, aber ich konnte die trotzdem nicht ausstehen.
Ich versuchte mich von Daemons eindringlichen Blick nicht ablenken zu lassen, auch wenn mein Herz schon wie verrückt schlug.
Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Unterhalb der Wangenknochen stachen zwei fette Pickel hervor.
"Neinnn, ich habe Pickel bekommen", jammerte ich und drückte nervös auf Ihnen herum. Doch mehr Make Up? Der Stress musste schuld sein.
Stöhnend kam Daemon auf mich zu und zog mich sanft am Handgelenk in den Flur.
"Wo DENN? Seh keine", erwiderte er nur und schmunzelte.

Meine Tasche lag schon bereit, also musste ich sie mir nur schnappen und wir konnten los.
The good Times and the bad Ones, Kapitel 9- Ende

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