Kapitel 6

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Mein Handy begann zu vibrieren. Ich schob mich zur Seite und hob den Kopf. Oh gott. Ich lag halb auf Daemon, der auf dem Rücken lag und ruhig vor sich hin schlummerte. Ich setzte mich auf und griff nach meinem Handy. Das vibrieren war verstummt und auf dem Sperrbildschirm wurde eine Nachricht hinterlassen. Naomi hatte angerufen. Ich starrte auf den Bildschirm und überlegte ob ich sie zurückrufen sollte. Mein Handy vibrierte erneut und eine Nachricht von ihr erschien.
"Mädchen wo bist du? Wir wollten doch lernen für den Geschichtstest, du bist nicht zuhause und keiner macht die Tür auf", las ich leise.
Wir hatten uns verabredet? Wann denn, nicht das ich mich erinnern konnte. Und wir schrieben einen Test? Wann?
Ich griff instinktiv an meinen Kopf. Der Schmerz fuhr mir durch Mark und Bein. Ich stöhnte auf und hielt mir den Kopf.
Daemon rappelte sich auf und sah mich besorgt an.
"Leonie? Was ist los?"
"Mein Kopf tut höllisch weh"
Er rutschte näher an mich ran und nahm meinen Kopf in beide Hände.
"Lass mich mal sehen.. darf ich?", fragte er und deutete auf den Verband.
Sein Vater war Arzthelfer in der Notaufnahme, Daemon wusste also was er tat, also nickte ich langsam. Mein Kopf glühte und mein Herzklopfen überschlug sich. Ich saß hier bei ihm, auf seinem Bett. Wahrscheinlich hatte ich die ganze Nacht in seinen Armen gelegen.. wie als ob wir ... Ich brachte den Gedankengang nicht zu Ende, denn der höllische Schmerz durchfuhr meinen ganzen Körper und ich zuckte zusammen.
"Tut mir leid, ich wollte dir nicht wehtun.", entschuldige sich Daemon.
Er tastete vorsichtig meinen Kopf ab.
"Alles gut.", murmelte ich nur und senkte den Kopf ein wenig.
Wahrscheinlich sah ich gerade aus wie eine Tomate. Wir waren uns so nah wie noch nie, ich spürte seinen ruhigen Atem im Nacken. Ein wohliges Kribbeln durchfuhr mich. Ich konnte mich eigentlich so glücklich schätzen, hier sein zu dürfen..

"Das sieht übel aus, du kriegst auf jeden Fall eine dicke Beule hier oben. Am besten ich hole dir ein Kühlpack, okay?" Er suchte meinen Blick.
Ich hob den Kopf und sah direkt in seine dunkelbraunen Augen. Sie funkelten, ich wäre so gerne in ihnen versunken, hätte da nicht, genau in diesem Moment sein Handy geklingelt. Mit einer einzigen schnellen Handbewegung hatte er sein Handy auch schon geschnappt und an sein Ohr gepresst.
"Hallo?", fragte er. Dann runzelte er die Stirn und sein Blick schweifte zu mir. Er musterte mich von oben bis unten, dann begann er zu grinsen.
"Ja nee, Leonie ist bei mir, wieso?"
Jetzt hatte er meine komplette Aufmerksamkeit. Ich formte meine Lippen zu einem "Wer?". Er schmunzelte.
"Lernen am Sonntag? Ihr wollt dafür ernsthaft eure Zeit vergeuden? Ich habt doch noch eine ganze Woche Zeit, also kein Stress. Ihr gings nicht so gut gestern und ich habe sie mit zu mir genommen."
Doch dann dämmerte es mir, es war so klar.
"Okay alles klar, richte ich ihr aus. Bis morgen, Naomi."
Er legte auf und warf sein Handy beiseite. Belustigt betrachtete er mich von der Seite.
"Was hat sie gesagt?", fragte ich. Ich hatte währenddessen mein Handy herausgekramt und las mir ihre aufgebrachten Nachrichten durch. Sie war komplett durch den Wind und fragte was ich gefälligst bei Daemon zuhause machte. Vorallem über Nacht. Wahrscheinlich gab es für sie nur einen Grund, was ich über Nacht bei ihm trieb, schließlich übernachtet man ja nicht einfach mal so im Bett eines Jungen. Auch wenn man ihn schon ewig kannte.
"Sie hat nur gefragt, ob ich weiß wo du bist weil du ja anscheinend nicht zuhause seist. Und im Übrigen soll ich dir schöne Grüße und gute Besserung ausrichten. Euer Treffen verschiebt sie, du hast heute also genug Zeit um dich auszuruhen.", erklärte er.
Insgeheim dankte ich ihr und hoffte sie würde mir nicht später den Kopf abreißen, weil ich sie so lange hatte warten lassen.
"Achso okay. Aber wieso musstest du gleich sagen, das ich bei dir bin und bei dir gepennt habe?" Ich sah ihn vorwurfsvoll an.
Seine Belustigung war nicht zu übersehen.
"Ist doch die Wahrheit und ihre Reaktion war goldwert.", plötzlich kam er mir ganz Nahe. Sein Gesicht war wenige Zentimeter von meinem entfernt. Er sprach weiter: "Was Leonie wohl über Nacht bei mir treibt.. und wieso sie ihr nichts geschrieben hatte, hat sie sich gefragt." Meine Wangen begannen zu glühen, ich senkte den Blick und unterbrach den intensiven Augenkontakt, der mich beinahe um den Verstand gebracht hatte.
"Ah ja... Naomi halt.", brachte ich nur hervor.
"Jaja, ich besorge dir aber jetzt mal ein Kühlpack, haben schon viel zu viel Zeit vertrödelt.", sagte er und spang aus dem Bett. Als er grade aus dem Zimmer treten wollte, blieb er in der Tür stehen und drehte sich nochmal zu mir. Er lachte und deutete auf mein Gesicht.
"Du bist übrigens total rot."
"Halt die Klappe, du musstest mir auch so nahe kommen.", stieß ich beschämt hervor.
"Wenn dich das verlegen macht, krass. Wir haben die ganze Nacht nebeneinander gelegen und hast mich als lebendiges Kopfkissen benutzt."
Er lachte und ich starrte ihn entgeistert an.
"Übrigens siehst du im Schlaf echt süß aus.", fügte er hinzu und ging nun endlich wirklich aus dem Zimmer.
Ich hörte wie sich seine Schritte entfernten und warf mich aufs Bett.
Oh gott, er hatte es also bemerkt und mich im Schlaf beobachtet. Oh gott. Wenn er mir so nahe kam, warf mich das komplett aus der Bahn. Ich musste mich vorhin echt bemühen, ihm nicht wie gebannt auf die Lippen zu starren. Das hätte er definitiv falsch verstanden.

Ich hörte wie sich erneut Schritte näherten und Daemon strahlend ins Zimmer gestapft kam. In der einen Hand hielt er einen Teller, in der anderen Hand ein Kühlpack. Er kam wieder auf mich zu und stellte beides auf dem Nachttisch neben seinem Bett ab. Auf dem Teller türmten sich kleine Donuts. Daemon griff sich einen und steckte ihn sich in den Mund.
"Hat mein Vater uns hingestellt. Bedien dich, du musst auch mal was essen"
Ich grinste und griff nach einem Donut mit rosa Glasur und kleinen pinken Toppings und Sträuseln.
Der süßliche Geschmack erhellte meinen Kopf wieder etwas.
Daemon schob sich noch einen in den Mund und ging dann zu einer weiteren Tür in seinem Zimmer.
"Ich gehe mal duschen, du kommst klar?", fragte er.
"Ja."
"Gut."
Und verschwand hinter der Tür. Ich nahm das Kühlpack und hielt es an die schmerzende Stelle und blickte dann wieder zur Badtür. Er hatte einfach den Luxus und besaß ein eigenes Bad, ganz für sich alleine... langsam wurde ich neidisch.
Allein Vorstellung das er da nebenan, nur wenige Meter von mir entfernt, nackt unter der Dusche stand... Oh gott ich sollte aufhören zu denken.
Ich griff nach meinem Handy und öffnete den Chat mit Naomi. Ich hatte sie auf gelesen gelassen und sie hatte noch einige empörte Nachrichten geschrieben. Ich musste grinsen. Sie war nicht ohne Grund meine beste Freundin. Ich überlegte ob ich sie anrufen sollte, aber dann würde sie mich wahrscheinlich mit lauter Fragen bombardieren auf die ich eh keine richtige Antwort hatte. Also schrieb ich nur ein knappes "Erzähle ich dir alles später.". Sie antwortete mit einem Heul Emoji und einem Sticker der mich vorwurfsvoll anglotzte. Ich ließ es dabei und tippte auf den Chat von meinem Vater und mir. Meine letzte Nachricht stammte von gestern Vormittag. Ich hatte ihm Bescheid gesagt, das er seine Arbeitstasche zuhause liegen lassen hatte aber er hatte noch nicht geantwortet. Plötzlich wurde oben auf der Anzeige mit seinem Namen "Online" angezeigt. Fuck. Er war online. Er schrieb etwas.
Ein Schauer durchfuhr mich, als ich an gestern dachte, wie er mit seiner Bierflasche in der Hand auf mich zukam und mich in die Küche stieß. Ich hatte die Wunde nur wegen ihm. Ich konnte nur von Glück reden, das ich mir keine allzu große Gehirnerschütterung geholt hatte. Wut stieg in mir hoch und ich warf das Handy auf die andere Seite des Bettes.
Ein tiefer Schmerz durchfuhr mich bis in den Unterleib. Und ich spürte etwas. Etwas sehr unangenehmes kam auf mich zu.
Oh shit, Leonie. Das ist die falsche Situation.
Ich hatte meine Tage bekommen.
The good Times and the bad Ones, Kapitel 6- Ende

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