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Hyunjin POV

Mit einem Blick nach links verriet mir die Uhr, dass es erst 02:43 Uhr war. Ein tiefer Seufzer entwich meinen Lippen, während ich meinen Kopf auf die andere Seite drehte. Da lag sie – ein splitterfasernacktes Wesen, das sich regelrecht an mich geklammert hatte. Ihre blonden Locken fielen über ihr Gesicht. Ihr Atem, gleichmäßig und ruhig, begleitet von einem Schnarchen, verriet mir somit, dass sie tief und fest schlief.
Die blonde Frau war nur ein weiterer One-Night-Stand für mich – nur jemand Weiteres, die bereitwillig ihre Beine für mich öffnete.
Angewidert von ihrem Schnarchen und dem Sabber, den sie verlor, schob ich sie von mir weg und setzte mich auf. Ein letzter Blick über meine Schulter, um sicherzustellen, dass sie wirklich schlief, denn ich hatte absolut keine Lust auf eine Diskussion, weshalb ich nicht blieb.

Also stand ich vom Bett auf und sammelte meine verstreute Kleidung zusammen, die ich mir erneut anzog. An der Garderobe im Flur hing die Handtasche der blonden Frau. Ohne lange darüber nachzudenken, öffnete ich sie und durchsuchte die Tasche nach Bargeld, das ich mir einsteckte. Die Frau war selbst schuld, wenn sie jemand Fremdes mit in ihre Wohnung nahm und bestohlen wurde. Sie sollte froh sein, dass es nur beim Bargeld blieb.
Mit einer gleichgültigen Schulterbewegung ließ ich die Tasche auf den Boden fallen und verließ die Wohnung. Draußen umgab mich der kalte Nachtwind, was mich leicht frösteln ließ. Ich zog mir meine Kapuze vom Hoodie über den Kopf und ging los.

Nach einer quälend langen Stunde erreichte ich endlich meine Wohnung, die ich mir mit meinem besten Freund teilte. Kein verdammter Bus fuhr mehr um diese Uhrzeit und der One-Night-Stand wohnte am absoluten Arsch der Welt.
Ich lebte im Ghetto dieser Stadt, und oft fühlte es sich an, als hätte die Stadt dieses Viertel bereits aufgegeben. Man konnte förmlich spüren, wie die Stadt geduldig darauf wartete, dass die Menschen hier sich gegenseitig beseitigten, nur um endlich unser Viertel dem Erdboden gleichzumachen.
Die Straßenlaternen auf den Straßen funktionierten nicht und die Straßen selbst waren aufgerissen und uneben. Es wurde sich nicht einmal mehr darum bemüht, hier irgendetwas zu reparieren. Überall drängten sich Kabel und Naturauswüchse aus der Erde. Die Gebäude sahen teilweise so baufällig aus, dass sie jederzeit einstürzen könnten.
Im Hintergrund konnte ich den entfernten Klang von Sirenen hören, begleitet von dumpfen Schüssen in der Ferne. Diese Geräusche fügten der düsteren Atmosphäre eine unheilvolle Note hinzu und verstärkten die Bedrohung, die in dieser Nachbarschaft allgegenwärtig war. Stellte man sich allerdings gut mit den Einwohnern dieses Viertels, waren sie für einen die größten Verbündeten.

Als ich das Wohnhaus betrat, erwartete mich ein Mischmasch aus Gerüchen, der von den verschiedenen Bewohnern und Nagetieren erzeugt wurde. Der muffige Geruch von feuchtem Putz und Müll hing in der Luft. Müde stieg ich die verwahrlosten Stufen dieses heruntergekommenen Gebäudes hinauf. In unserem Stockwerk war das Licht im Flur so schwach, dass man Mühe hatte, den Schlüssel ins Türschloss zu bekommen, da man nichts sah.
Mit einem knarrenden Geräusch öffnete ich die Tür und ließ sie hinter mir wieder ins Schloss fallen. In unserer Wohnung herrschte eine eigenartige Mischung aus Chaos und Gemütlichkeit. Die Möbel waren zusammengewürfelt und sahen aus, als wären sie aus verschiedenen Jahrzehnten. Die Wände verloren zwar ihren Putz und die Tapete pellte sich bereits ab, trotzdem fühlte es sich heimisch an. Wir hatten die Wände mit Postern bedeckt, die die Persönlichkeit meines besten Freundes und mir widerspiegelten.

Ich schlüpfte aus meinen Schuhen, ließ meine Jacke achtlos auf den Boden fallen und ging direkt in die Küche. Ich ließ meinen Blick durch die spärlich beleuchtete Küche schweifen, während ich den Kühlschrank öffnete, in der Hoffnung, etwas Essbares vorzufinden.
Ich öffnete die Kühlschranktür und starrte in das leere Innere. Da war absolut nichts, außer ein paar einsamen Essensverpackungen, die schon seit Wochen leer gewesen waren. Ein amüsiertes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, während ich meinen Blick über die leeren Regale schweifen ließ. Es war so typisch für uns, dass der Kühlschrank und die Regale leer waren.
Ich schloss die Kühlschranktür wieder und schüttelte den Kopf. Es war schwer zu glauben, wie oft wir uns in dieser Situation befanden und doch konnten wir darüber lachen. Mein bester Freund und ich hatten schon so viele Male darüber gelacht, dass es schon zu einem Running Gag wurde.

Wieder auf dem Flur bemerkte ich das schwache Licht, das aus dem Wohnzimmer kam. War Minho noch wach? Als ich den Raum betrat, fiel mein Blick auf meinen besten Freund, der auf dem Sofa saß. Vor ihm kniete ein Junge, höchstens achtzehn oder neunzehn Jahre alt, und verwöhnte ihn mit einem Blowjob. Minhos Arme waren weit auf der Sofalehne ausgebreitet und sein Kopf entspannt im Nacken gelegt.
Der fremde Junge schien sofort zu bemerken, dass ich den Raum betreten hatte und hielt in seiner Arbeit inne. Das brachte auch meinen besten Freund dazu, aufzublicken. "Habe ich gesagt, dass du aufhören darfst?", fragte er den Jungen und drückte seinen Kopf wieder auf seinen Schwanz, während er zu mir sah. Ein neckisches Funkeln lag in seinen Augen. "Willste auch?", fragte er mich und deutete auf den Jungen vor seinen Füßen, der seiner Aufgabe nun wieder nachging.

Mit einem Augenrollen schüttelte ich den Kopf und winkte ab. "Ne, bin befriedigt", antwortete ich mit einem verschmitzten Grinsen, was ihn ebenfalls grinsen ließ. "Wir müssen unbedingt etwas Essbares besorgen, wir haben nichts mehr zum Spachteln", fügte ich hinzu und streckte mich leicht.
Minho stöhnte kurz auf, da die Empfindungen offensichtlich ziemlich intensiv waren und sah mich dann wieder an. "Ja, hast recht. Lass uns das morgen erledigen", antwortete er mir.
Mit einem seufzenden in meiner Stimme sagte ich müde: "Bring ihn nicht zum Schreien, ich will pennen."

Damit verließ ich das Wohnzimmer wieder und ließ die beiden allein, während ich mich in mein Zimmer zurückzog. Die Situation, die sich gerade abspielte, war für uns keineswegs ungewöhnlich. Im Gegenteil, sie war eher zur Normalität geworden und war keine Seltenheit.
Minho war auch der erste Mann, mit dem ich jemals geschlafen hatte. Wir waren jung, voller Neugier und Entdeckungslust. Bevor wir uns auf die Unannehmlichkeiten und die möglichen Peinlichkeiten des ersten Mals mit Fremden einließen, hatten wir entschieden, diese Erfahrungen gemeinsam zu durchleben. Seitdem war es für uns auch normal, einen Mann abzuschleppen.

Ein Lächeln huschte über meine Lippen, als ich mich daran erinnerte, wie unbeholfen und unerfahren wir damals waren. Unsere ungeschickten Versuche, einander näherzukommen, waren oft eher komisch, und die schüchternen Augenblicke, die wir gemeinsam erlebten, brachten uns oft zum Lachen.
Obwohl wir gelegentlich immer noch miteinander schliefen, war es rein körperlich und hatte keinerlei Auswirkungen auf unsere Freundschaft. Wir konnten perfekt zwischen Freundschaft und Sex unterscheiden. Immerhin schliefen wir beide auch mit anderen und empfanden keine Eifersucht oder Besitzansprüche.
Seit damals waren Minho und ich nahezu unzertrennlich. Unsere gemeinsame Vergangenheit hatte uns auf seltsame Weise miteinander verbunden, denn seine Vergangenheit war mindestens genauso beschissen wie meine eigene. Das war wohl der Grund, warum wir uns so gut verstanden und so ungeniert miteinander umgehen konnten.

Nachdem ich mich bis auf meine Unterwäsche ausgezogen hatte, ließ ich mich erschöpft in mein Bett fallen. Die Müdigkeit überwältigte mich schnell und ich schlief ein.
Als ich aus meinem traumlosen Schlaf erwachte, fühlte ich mich gerädert und schwer wie Blei. Mit einem seufzenden Gähnen streckte ich mich ausgiebig und legte meine Hand über meinen knurrenden Magen. "Fuck", murmelte ich und spürte eine unangenehme Übelkeit. Mehrere Tage nichts zu essen, aber dafür Alkohol zu trinken, war wohl keine so gute Kombination. Aber das war mir egal. Die Betäubung des Alkohols war lohnenswerter als die Bedürfnisse meines Körpers, der nach Nahrung verlangte.
Mit einem grummelnden Bauch stand ich schließlich auf und machte mich auf den Weg ins Badezimmer. Das lauwarme Wasser war das Beste, was diese heruntergekommene Wohnung zu bieten hatte, und ich ließ es über meinen Körper strömen.

Nach der Dusche trocknete ich mich ab und kramte mir frische Kleidung aus einem unordentlichen Haufen auf dem Boden hervor, um sie anzuziehen. Die Klamotten waren zerknittert, aber das störte mich nicht weiter.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer entdeckte ich meinen schwarzhaarigen Mitbewohner, der gemütlich auf der Couch lag, mit dem Jungen von gestern, der zweifellos sein Betthäschen war. Mit einem Tritt gegen die Couch versuchte ich sie zu wecken. "Steh auf, Minho, lass einkaufen. Ich verhungere", murrte ich leise, während ich mir müde den Nacken rieb.
Minho murmelte und schlug schlaftrunken mit seiner Hand in die Luft herum. "Hau ab, Hyunjin, lass mich pennen. Nimm das Geld und verschwinde", sagte er müde und leicht genervt, als er sich die Decke über den Kopf zog. "Du bist so nervig", murmelte ich und trat noch einmal gegen die Couch und zog ihm die Decke vom Körper.
"Boah Hyunjin, verpiss dich oder ich hau' dir eine rein", schrie er nun und griff erneut nach der Decke, wodurch der Junge neben ihm von der Couch rollte, ohne dass es ihn oder mich sonderlich interessierte.

Mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen machte ich mich auf den Weg. Ich schnappte mir noch das Geld aus Minhos Tasche und verließ unsere Wohnung. Ich hatte absolut keinen Bock, auf ihn zu warten.
Da es in unserem Viertel keinen vernünftigen Laden gab, musste ich eine halbe Ewigkeit laufen. Doch, bevor ich den Laden erreichte, spürte ich, wie jemand meinen Arm packte und mich gewaltsam gegen die Wand drückte. "Was solln der Scheiß?", fauchte ich den Fremden vor mir an. Doch anstatt zu antworten, spürte ich plötzlich einen scharfen Schmerz in meinem Bauch. Als ich nach unten blickte, sah ich das Messer in meiner Bauchgegend, und dann noch einen Stich und einen weiteren. "Das ist dafür, weil du meine Freundin gefickt hast", schrie der Angreifer.

Ein brennender Schmerz durchzog meinen Körper, und meine Sicht verschwamm langsam. Der metallische Geschmack von Blut drang mir in die Nase, und ich kämpfte verzweifelt gegen den Bewusstseinsverlust an. Bevor ich ganz realisieren konnte, was gerade passierte, wurde mir schwarz vor Augen. 

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Fractured Fates ʰʸᵘⁿˡᶦˣOnde histórias criam vida. Descubra agora