77 | Verrat

6.8K 602 235
                                    

Fassungslos starrte ich Ayaz an, der meinem Blick sofort auswich. Ich fühlte mich verraten, denn er hatte kein Recht dazu, meinem Vater diesen Namen zu geben. Bevor ich ihm allerdings Vorwürfe machen konnte, holte mein Vater seine Autoschlüssel aus der Hosentasche und legte einen irren Ausdruck auf sein Gesicht. Ich lief panisch auf ihn zu.

"Padre! Orlando-"

Er hörte mir überhaupt nicht zu und drängte sich an mir vorbei, um zur Fahrertür seines Wagens zu laufen.

"Padre! Bitte warte doch! Hör mir zu!", wurde ich lauter, als er einstieg. Ich umfasste die Klinke der Beifahrertür, um ebenfalls einzusteigen, da zog Ayaz mich aber am Arm zurück. "Lass mich sofort los!", brüllte ich außer mir und schlug dabei um mich. Als mein Vater jedoch im nächsten Moment mit Vollgas die Einfahrt herunterraste, erstarrte ich für einen Moment vollkommen. Ich sah ihm nach und realisierte, dass er ihn umbringen würde. Umbringen, wegen der Vermutung eines Mannes, dessen Eifersucht ihn blind machte.

"Nives-", hörte ich Ayaz hinter mir, da entriss ich mich ihm voller Hass. Ich drehte mich zu ihm herum und genau in dem Moment, als er Luft holte und erneut zum sprechen ansetzen wollte, holte ich aus. Ich gab ihm eine schallende Ohrfeige, während Tränen der Wut meine Wangen herabliefen.

"Du hattest kein Recht dazu!", schrie ich ihn an und wollte erneut ausholen, da umgriff er aber meinen Arm.

"Was ist hier los?" Meine Mutter kam zu uns geeilt und sah besorgt zwischen uns hin und her. Ich hielt währendessen Ayaz Blick gefangen.

"Du bist du weit gegangen!"

"Er war es, Nives!"

"Du hast ja keine Ahnung!", presste ich zornig hervor. Dabei hielt er immer noch meinen Arm fest. Mein Blick fiel zu seinem Jackett, unter dem ich den Lauf seiner Waffe erblickte. Ohne zu zögern, nutzte ich meine freie Hand, um sie ihm kinderleicht zu entwenden. Meine Mutter neben mir stoppte in ihrer Bewegung. Ayaz ließ mich los und ich, ich lud die Waffe durch und fühlte mich dem Wahnsinn immer näher. "Gib mir deine Autoschlüssel!", forderte ich von Ayaz, der aber den Kopf schüttelte.

"Das werde ich nicht."

"Oh doch, du wirst!" Meine Stimme und Hände zitterten, als ich begann auf sein Bein zu zielen. "Oder ich schieße!"

"Du schießt nicht", meinte er eiskalt, da holte ich tief Luft und wollte meinen Finger zurückziehen. Es ging jedoch nicht! Egal wie viel Wut sich in mir befand - ich konnte es nicht und sah hilfesuchend zu meiner Mutter. Die Pistole richtete ich dabei immer noch auf Ayaz.

"Mama, ich brauche dein Auto!"

Meine Mutter schien vollkommen überfordert und blickte flüchtig zu Ayaz, der ihr mit einem Kopfschütteln andeutete, es nicht zu tun. Auch ich sah wieder zu ihm und bemerkte dabei, wie er langsam auf mich zukam.

"Bleib weg!", warnte ich ihn, doch er setzte weiterhin einen Fuß langsam vor den anderen, bis ich die Pistole anhob und genau auf seine Brust zielte. Immer heftiger begann meine Hand zu zittern, bis der Lauf in sein dunkles Hemd drückte und ich den Widerstand seiner Brust spürte. Meinen Kopf etwas in den Nacken legend, sah ich auf in seine dunklen Augen. Was hatten diese Augen mir nur angetan ... Er würde meinen Vater zu einem Mörder eines Schülers machen, von dem nicht einmal bewiesen war, ob er mir etwas angetan hatte. "Wie konntest du das nur tun?", hauchte ich voller Enttäuschung und ließ die Waffe in dem Moment los, als Ayaz sie vorsichtig umfasste. "Wie konntest du mich in diese Lage bringen..."

"Weil du blind für das Offensichtliche bist...", hörte ich ihn, doch ich wandte mich von ihm ab und lief an meiner Mutter vorbei ins Innere der Villa. Sie folgte mir, doch ich blieb erst stehen, als ich oben in meinem Zimmer ankam. Diese Wut auf Ayaz setzte sich tief in meinem Inneren fest. Sie brachte mich dazu, unkontrolliert zu weinen, was meinen Zorn nur noch mehr antrieb. Wahllos begann ich schreiend alles auf meinem Schreibtisch zu Boden zu werfen. Ich wusste nicht mehr wohin mit diesen Emotionen.

Obsession with my bodyguard Where stories live. Discover now