8 - Die Konkurrenz

205 51 69
                                    

Nur eine Stunde später saßen Harry und ich in einem kleinen Pub unweit von der Uni entfernt, in dem es ganz passables Essen zu recht anständigen Preisen gab. Ich war unsicher und ein wenig verwirrt, dass er mit mir essen gehen wollte, hatte mich unvorbereitet getroffen. Als wir bestellten, knurrte mein Magen mehr als heftig und Harry warf mir einen amüsierten Blick zu. 
"Hast du heute schon etwas gegessen?" fragte er. 
"Nein", antwortete ich und schüttelte mit dem Kopf, sah ihn aufmerksam an. "Es ging bis jetzt noch nicht...", fügte ich kleinlaut hinzu. Er lachte. 
"Das klingt nach einem anständigen Kater." 
Nickend lachte ich leise. "Das kannst du laut sagen. So betrunken war ich schon lange nicht mehr, muss ich sagen." 
Er musterte mich einen Moment. "Hat dir...hat Zayn dich abgefüllt?" fragte er mich leise. 

Ich sah zu ihm und biss mir auf die Lippe, dann nickte ich leicht. "Niall hat es dir doch erzählt, oder erinnere ich mich falsch?" 
Harry schmunzelte. "Das hat er, ja", gab er zu. "Ich konnte nur im ersten Moment nicht glauben, dass er recht hat. Du scheinst mir nicht wie der Typ, der sich einfach so abfüllen lässt", bemerkte er und ich straffte leicht die Schultern. 
Sollte ich jetzt lügen und ihm sagen, dass ich genau wusste, was ich tat? Dass ich mich nicht habe dazu hinreißen lassen, weil ich cool wirken wollte? 
Ich entschied mich für die Lüge. "So war es ja auch nicht. Ich wusste ja, wieviel ich trinke", sagte ich deshalb und sah Harry an. "Ich kann meine Entscheidungen ja allein treffen, ich bin schließlich alt genug." 

Der Grünäugige mir gegenüber musterte mich einen sehr langen Moment, ehe er leicht nickte und sich im Stuhl zurücklehnte und mir in die Augen sah.
"Ich habe mich gewundert, dass du heute beim Training warst." 
Leise musste ich lachen. "Du kennst doch den Coach mittlerweile. Ihn will man nicht wütend machen." 
Harry schmunzelte. "Du hast fast auf den Platz gekotzt." 
"Nur fast!" konterte ich und wir fielen beide in ein leises Lachen ein, ehe er mich wieder mit diesem intensiven Blick ansah. Vermutlich waren es eben nur seine Augen, doch sie brachten mich regelrecht um den Verstand, jedes Mal wenn sich unsere Blicke trafen. Harry hatte eine Art an sich, die mich faszinierte. Er war ruhig und besonnen, dennoch wirkte er nicht langweilig. Eher besonders. Als würde sich unter seiner Fassade noch viel mehr verstecken, etwas, was ich unbedingt erforschen wollte. 

"Darf ich dich etwas Persönliches fragen?" fragte er mich. 
"Klar", antwortete ich, sichtlich darum bemüht, locker zu wirken. Ich wusste nicht, ob es klappte. Wenn es das nicht tat, so ließ er sich nichts anmerken, wofür ich ihm dankbar war. 
"Wie lange bist du jetzt Single?" 
Einen Moment war ich überrascht, doch ich beschloss, ihm ehrlich zu antworten. "Etwa ein Jahr. Mein Ex, Nick, hat ziemlich viel Mist gebaut." 
"Mist?" hakte er nach. Er wirkte dabei nicht neugierig oder sensationsgeil, einfach nur interessiert. Es war diese ruhige Art, die mich dazu brachte, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Etwas, dass ich sonst nie tat. 
"Er hat mich betrogen, mehrmals. Außerdem hat er mich ziemlich manipuliert, ich dachte eine sehr lange Zeit, dass es meine Schuld war, wenn er mit jemand anderem in die Kiste gesprungen ist." 

Harry's Blick wurde fassungslos und ich nickte leicht. "Er hat es immer so dargestellt, als ob ich ihn dazu gebracht hätte", fügte ich leise hinzu und seufzte, atmete ganz tief durch. "Ist okay aber. Ich bin drüber weg und es ist alles gut!" sagte ich und lächelte leicht. Es war die Wahrheit, ich war darüber hinweg. Es hatte mich viel Kraft und Tränen gekostet, doch ich hatte verstanden, dass ich nicht schuldig war, wenn Nick seine Hose nicht anbehalten konnte. Es war sein eigenes Problem gewesen, nicht meins. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich so darüber denken konnte, doch ich hatte diesen Punkt erreicht und ich war froh darüber. Nick war Geschichte und für mich kein Thema mehr. 
"Und nun bist du frei wie ein Vogel und tobst dich aus?" 
Seine Frage überraschte mich, weshalb ich ihn zunächst für einen Moment mit geweiteten Augen ansah. "Wie meinst du das?" fragte ich schließlich leise nach. 
Er sah mich an. "Ich...habe dich mit Zayn gesehen. Ich habe den Kuss gesehen, gestern vor dem Club." 

Tangled Hearts | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt