22 - Ich will mit dir zu Manchester

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"Hast du eigentlich gewusst, dass ich singen kann?" 
Harry sah mich an und schmunzelte, schüttelte bedächtig den Kopf und eins seiner Grübchen entstand sogar. 
"Das wusste ich nicht", sagte er ruhig. 
"Oh, dann beweise ich dir das jetzt!" erwiderte ich begeistert und kletterte mit meinem Bier in der Hand kurzerhand auf den verklebten, nassen Tisch.
Niall neben mir stöhnte genervt und wedelte ablehnend mit den Händen, beugte sich vor und versuchte, mich an meinem Shirt wieder herunter zu ziehen. 
"Lass mich!" maulte ich ihn lachend an.

Wir waren wieder in der Pinta Bar gelandet. Einige, oder wohl eher viele, Biere hatten bereits den Weg meine Kehle herunter gefunden und ich war in bester Laune. Harry beobachtete mich mit leuchtenden Augen und diesem herrlichen Schmunzeln. 
"Lottie!" brüllte ich und sah zur Bar, meine Schwester begegnete meinem Blick und verdrehte die Augen. "Nein!" rief sie zurück und lachte dabei aber ihr herrliches, strahlend weißes Lächeln. Sie kannte mich und sie wusste, wie ich war. Das Gute an einer Schwester, die in einer Bar arbeitete, war eindeutig die Tatsache, dass ich praktisch machen konnte, was ich wollte.
Sie drehte die Musik leiser und ich stellte mich direkt vor Harry und hielt die Bierflasche wie ein Mikrofon vor meinen Mund, dann begann ich zu singen. 

Die ersten Worte von Baha Man's "Who Let The Dogs Out" kam aus meinem Mund, Niall vergrub sein Gesicht in seinen Händen, wobei er sogar leicht an seinen Haaren zog. Harry unterdrückte ein Lachen und strahlte mich einfach nur an. 
Alles an der Situation war zum Fremdschämen, doch es war mir egal. Ich war glücklich und zufrieden und ich wollte alle Anwesenden in meine Stimmung mit hineinziehen. Kaum waren wir beim Refrain angekommen, bellten die anderen Bargäste an den richtigen Stellen mit und die Stimmung wurde aufgeheizter, während sich alle um mich herum augenscheinlich köstlich amüsierten. 
Allen voran Harry. 

Ich performte den Song einfach weiter, während ich mich zu ihm herunterbeugte und ihn angrinste, mir einen Kuss stahl und dann schließlich anfing, auf dem Tisch zu springen, als Lottie schließlich "Jump!" von Kriss Kross abspielte. Alle um uns herum machten mit, was mich unwahrscheinlich glücklich machte und vor allem antrieb. Selbst Niall konnte ich bekehren, wenige Sekunden später sprang er auf den Tisch und sprang mit mir darauf herum. In kürzester Zeit hatten wir die Bar in einen Club verwandelt. 
"Harry!" rief ich über das Gebrüll zu dem Lockenkopf, der mich angrinste. Mein grünäugiger Lockenkopf. 
Ohne nachzudenken sprang ich vom Tisch und direkt auf ihn zu. Er wirkte eine Nanosekunde lang erschrocken, doch er fing mich auf und ich schlang meine Gliedmaßen um ihn und küsste ihn stürmisch, fuhr mit meinen Händen in seine schokoladenfarbenen Haare und drückte mich an ihn. 
Er erwiderte den Kuss lachend und hielt mich so fest er konnte. Als wir uns voneinander lösten grinste ich ihn breit an. "Du bist wirklich wunderschön, wusstest du das?"

Er lachte laut auf. "Und du bist wirklich betrunken, wusstest du das schon?" stellte er die Gegenfrage und ich zwinkerte ihm zu, ehe ich mich wieder mit beiden Füßen auf den Boden stellte und meine Hände in seinen Nacken legte, Grün traf auf Blau und der Moment intensivierte sich mit einem Mal. 
Um uns herum war die Stimmung weiter völlig aufgeheizt, die Leute sangen und tanzten, doch zwischen Harry und mir entstand eine Blase voller Schmetterlinge. Sobald ich ihn ansah, entstand in meinem Kopf Ruhe und ich verlor mich praktisch in seinen Augen. Harry drückte seine Nasenspitze gegen meine für einen Moment und ich kicherte, fuhr durch seine Haare und küsste seine Lippen kurz. 
"Lass uns zu Lottie!" sagte ich plötzlich, löste mich von ihm und zog ihn mit mir. 

"Was...Lou!" rief er lachend, folgte mir und ich drückte mich mit meinen Händen hoch auf die Bar und setzte mich darauf, sah meine Schwester grinsend an, die ununterbrochen Gläser mit Bier füllte und mich schelmisch angrinste.
Harry zog ich zwischen meine Beine und legte den Arm um ihn. 
"Geht's dir gut?" fragte Lottie mich lachend und ich nickte, grinste dabei zufrieden. "Alles bestens! Ich bin betrunken, du bist da, Niall auch! Und zwischen meinen Bein ist ein heißer Kerl!" sagte ich stolz.
Harry lehnte sich gegen meine Brust und schüttelte den Kopf, doch ich spürte wie sein Körper vom Lachen vibrierte. Eindeutig würde er gerade gern im Erdboden versinken. 

"Na, das wirst du morgen bereuen. Hast du nicht Training?" Lottie sah mich an.
"Wir haben Training! Wir alle!" korrigierte Niall, der neben uns auftauchte und sich über die Bar beugte. "Wann wirst du mich endlich küssen, Schönheit?" fragte er meine Schwester. 
Ich schlug ihm automatisch gegen die Schulter. "Eh!" 
Mein bester Freund sah mich grinsend an, ehe er Lottie wieder anschmachtete. Meine Schwester lachte nur, doch für einen Moment erhaschte ich in ihrem Blick Rührung, ihre Wangen färbten sich rosa. Ich bildete mir ein, dass es am Alkohol lag und das das nicht sein konnte. Doch dann schenkte sie Niall einen so warmen Blick, dass mir die Kinnlade herunterfiel. 
"Leute?" fragte ich alarmiert. 

Sie sah mich an und legte den Kopf schief, schüttelte ihn leicht. "Lass gut sein, Lou!" bat sie mich und ich runzelte die Stirn und musterte sie. 
"Läuft da was zwischen euch?" fragte ich. Harry streichelte mir über den Oberschenkel, lehnte sich an mich und ich spürte Nähe überdeutlich. 
"Hör auf, Lou. Falscher Ort, falscher Zeitpunkt", sagte er leise und ich neigte den Kopf, als die Hitze seines Atems meine Haut berührte. Ich schloss die Augen und nickte wie automatisiert. "Okay", hauchte ich leicht, sah wieder zu Lottie. 
Sie musterte mich, biss sich auf die Lippe und wirkte beinahe schuldbewusst. Ein Blick auf Niall reichte mir, um die Situation zu erkennen. Er hatte nur Augen für Lottie und sein Grinsen glich dem eines zugedröhnten Kerls, der seine Lieblingsdroge ansah. 
Er sah Lottie an, wie ich vermutlich Harry. 

"Wollen wir gehen?" 
Harry's Stimme drang in mein Bewusstsein und ich sah zu ihm. Ein sanftes, angetrunkenes Lächeln zierte sein Gesicht. 
"Schläfst du bei mir?" fragte ich ihn leise. Er lächelte breit. "Wo sollte ich sonst schlafen?" antwortete er mit einem Augenzwinkern und ich konnte nicht anders, als breit zu grinsen.
"Gut, dann gehen wir jetzt." 
Er löste sich aus meinem Griff, ich sprang von der Bar und ging zu Niall, umarmte ihn kurz, warf Lottie einen Luftkuss zu und griff nach Harry's Hand. 
Er nahm sie nicht, stattdessen legte er den Arm um mich und führte mich aus der Bar hinaus an die frische Luft. 

Die Luft war angenehm warm und ich atmete tief durch, während wir den kurzen Weg zum Wohnheim liefen. Immer wieder stahl ich mir Küsse, fuhr durch seine Haare und über seine Seiten. Harry tat es mir gleich, bis er irgendwann stoppte, mich zu sich zog und mich in einen intensiven Kuss verwickelte, während seine Hände auf meinen Wangen lagen. Betrunken vom Alkohol und vielleicht auch ein bisschen vom Glück, lehnte ich mich gegen ihn und seufzte zufrieden gegen seine Lippen.
"Ich will mit dir zu Manchester", hauchte ich leise. Es kam einfach so aus meinem Mund, ich überlegte gar nicht und als ich es ausgesprochen hatte, schämte ich mich dafür. 
Harry sah mich überrascht an. "Wie bitte?" 
Peinlich berührt biss ich mir auf die Lippe und schloss die Augen. "Wenn sie mich nehmen, dann bin ich ganz schnell weg. Aber dann bin ich weg von dir. Das will ich nicht", gab ich leise zu und spielte mit seinen Haaren. "Sie sollen dich auch nehmen. Dann können wir zusammen spielen. Jeden einzelnen Tag, Hazza", fügte ich flüsternd hinzu. 

"Hazza", wiederholte er schmunzelnd und umarmte mich fest. "Das wäre schön, Lou. Aber sie sind da, um dich anzusehen. Dein Talent, dein großartiges, besonderes Spiel", antwortete er mir sanft und ich nickte leicht. 
"Dann spielst du eben genauso besonders wie ich. Dann nehmen sie uns beide!" konterte ich leise. 
Er küsste meinen Kopf. "Lass uns schlafen gehen, mein Schöner." 

Und so liefen wir gemeinsam zum Wohnheim und ich verkniff mir ein Gähnen, während wir die Treppenstufen erklommen. Sie kamen mir unüberwindbar vor und meine Welt drehte sich ein wenig, doch Harry hielt mich fest und steuerte mich durch die Halle und die Gänge. Dann ertönte plötzlich ein Geräusch, es klang wie ein gackerndes Lachen. 
Wir blickten nach rechts und da, auf dem Gang vor uns, rannte Zayn's Huhn wie angestochen durch den Gang, an uns vorbei und verschwand um die nächste Ecke. So schnell, wie Hedwig erschienen war, so war sie auch wieder weg. 
"Hedwig!" rief ich begeistert aus und wir sahen uns an, ehe wir in laustarkes Gelächter verfielen und uns an meiner Tür abstützten. 

Nur mit Mühe kramte ich den Schlüssel aus meiner Hosentasche, schloss auf und immer noch lachend fielen wir in mein Zimmer. 
Ächzend zog ich mich aus, half Harry mit seinen Hemdknöpfen und zog ihn zum Bett, auf welches wir uns beide wie nasse Säcke fallen ließen. Ich beugte mich über ihn und küsste seine Nasenspitze, grinste ihn unschuldig an. 
"Schläfst du jetzt mit mir?" 
Harry strich mir grinsend die Haare aus der Stirn und schüttelte den Kopf. "Du bist unmöglich", antwortete er. "Und verdammt heiß." 
Und mit diesen Worten verband er unsere Lippen miteinander. 

Tangled Hearts | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt