~17~

13.7K 761 86
                                    

POV Finn

"Das stimmt gar nicht! Ben wollte gar nicht. Ja klar anfangs schon, aber als wir dann dabei waren, da hat er sofort aufgehört."

"Ihr habt WAS?" schrie Tim fassungslos. Shit! Ich hatte mich mal wieder verplappert. Ehe ich reagieren konnte, um die Sache klar zu stellen, sprang Tim wutentbrannt auf, packte seine Jacke und stürmte aus der Küche. "Ich bring das Schwein um." brüllte er schon fast und packte seine Autoschlüssel. Schnell reagierte ich und hing mich mit meinem ganzen Gewicht an seinen Arm und versuchte ihn zurück zu ziehen.

Das Gespräch ist ja bis jetzt super verlaufen, Finn... Toll gemacht!

POV Ben

Nachdem ich mich Abends provozierend intim von Finn verabschiedet hatte, um Tim noch ein bisschen zu ärgern, obwohl ich davon durchaus auch einen Vorteil hatte, machte ich mich auf den Weg zu den alten Bahngleisen, wo ich mich mit Nick treffen wollte.

Als ich ankam, konnte ich nur erahnen, wo Nick sich genau befand. Es gab keine Beleuchtung, da dieser Teil eigentlich abgesperrtes Gebiet war, doch wir waren an dem einem Abend durch eine Mutprobe hierher gelangt und hatten seitdem hier unseren Treffpunkt, wenn wir alleine sein wollten. Mein bester Freund saß am Rand des Bahnhofs mit den Füßen über den Gleisen baumelnd, mit einer Flasche Wodka in der Hand und nickte mir zu, als ich mich näherte. Er sagte nichts, als ich mich zu ihm setzte, hielt mir jedoch die Flasche hin, welche ich ihm nach einem Schluck wieder zurück gab. Eine Weile saßen wir nur stumm neben einander, bis er das Wort ergriff.

"Du hast dich verändert." Er sah mich an. "Vielleicht hab ich das." "Warum? Wo ist mein bester Kumpel hin, der jeden Scheiß mitgemacht hat? Wo ist der Ben, der andauernd mit mir feiern war und jeden Tag 'ne andere abgeschleppt hat? Der, mit dem ich Stunden lang vor der Playstation sitzen konnte und der, der auf Regeln geschissen hat? Warum bist du so anders? Liegt es an diesem Finn? Er verändert dich." Er war nicht laut geworden, hörte sich auch nicht wütend an, sondern schien eher enttäuscht. "Ich weiß, dass ich anders bin und ja, du hast recht, es liegt an Finn, aber er macht mich glücklich. Ich denke, ich liebe ihn sogar, aber das muss nichts an unserer Freundschaft ändern. Wir können immer noch unsere Zocker-tage machen, immer noch abends feiern gehen und irgendwelche Scheiße machen, aber Finn ist etwas Besonderes und du musst dich damit abfinden, dass er momentan einfach die wichtigste Person in meinem Leben neben dir ist. Ich fände es toll, wenn ihr miteinander klar kommen würdet, denn ich möchte mich nicht zwischen euch entscheiden."

Nick setzte erneut die Flasche für einen großen Schluck an. "Du weißt, ich liebe dich wie einen Bruder, aber warum denn ausgerechnet die Schwuchtel? Du weißt genau, ich kann ihn nicht leiden. Ich werde dich doch nicht mit so jemandem wie ihm teilen. Das kannst du nicht von mir erwarten." "Oh doch, genau das erwarte ich und nenn ihn gefälligst nicht Schwuchtel! Ich hab dir schon mal gesagt, dass du mich damit genauso angreifst und auch wenn du mein bester Freund bist, dulde ich nicht, dass du meinen Freund beleidigst." "Hörst du dir überhaupt zu? Guck doch, was er aus dir gemacht hat? Das wird er bereuen." Ich stand auf. "Der einzige, der hier irgendwas bereuen wird, bist du, wenn du Finn irgendetwas antust. Halte dich von ihm fern."

Er erwiderte nichts, als ich mich umdrehte und Richtung Straße lief. Wütend stieg ich in den nächsten Bus, als mein Handy vibrierte: Nick sendete ein Video. Es war in einem Gruppenchat, mit bestimmt 50 Leuten. Bevor das Video ganz geladen hatte, bekam ich noch eine weitere Nachricht. Von Nick:

Ich wünschte, ich hätte das nicht machen müssen, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen.

Was zum Teufel meinte er damit? Als ich wieder auf den Gruppenchat ging und auf das Video klickte, klappte mir der Mund auf. Es waren Finn und ich. Auf der Straße. Er sprang mir in die Arme und küsste mich. Ich hielt ihn fest und wirbelte ihn herum, bis wir lachen mussten. In einer anderen Situation hätte ich das vielleicht süß gefunden, doch jetzt war ich einfach nur unglaublich sauer. Damit hatte Nick mich und Finn quasi geoutet. Er hatte Finn als schwul geoutet. Ohne, dass dieser etwas davon wusste, oder sich darauf vorbereiten konnte und spätestens morgen hatte die ganze Schule den Beweis gesehen. Scheiße!

POV Finn

Schließlich hatte ich es doch geschafft den vor Wut schnaubenden Tim wieder in unser Haus zu ziehen und auf den Stuhl zu drücken. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, wie oft ich in den letzten Minuten die Worte "Ich kann dir das erklären" und "das ist nicht Bens schuld" benutzt hatte, um ihn einigermaßen zu beruhigen. Doch endlich hatte er nachgegeben und streckte mir seine fünf Finger entgegen, um mir zu zeigen, wie viel Zeit mir blieb zu erklären, bevor er losgehen und Ben in der Luft zerreißen wurde. Ich wusste, was das für Konsequenzen haben würde, wenn ich die Wahrheit erzählte, aber mir blieb keine andere Möglichkeit.

Also los:"Ich hatte mich ja mit Ben gestritten und dann wollte ich mich entschuldigen, weil ich mich so kindisch benommen habe. Und dann hab ich mir überlegt, dass ich ihm meine Jungfräulichkeit schenken könnte. Und nachdem Ben sich erst bei mir entschuldigt hat, hab ich gesagt, dass ich mit zu ihm möchte. Erst hat er sich total gefreut und es war ja auch total schön, aber er hat bemerkt, dass ich das nicht freiwillig machen wollte und hat dann aufgehört." Tief nahm ich Luft. Ich hatte die Geschichte in einer unglaublichen Geschwindigkeit runtergerattert, dass ich fast nicht zum Atmen gekommen war.

Ich spürte, wie die Röte nun langsam in mein Gesicht stieg und ich knetete meine Finger voller Nervosität. Tim war erstaunlich ruhig geworden, die Wut schien aus seinem Blick gewichen und er beobachtete mich nachdenklich. Schließlich gab er ein zischendes Geräusch von sich und ich machte mich auf eine Standpauke gefasst. Und die kam auch, und wie! Fast eine geschlagenen Viertelstunde musste ich mir anhören, wie dumm ich doch sei und was er denn bitte falsch gemacht hatte, dass ich so dachte und so weiter. Ich hatte nicht groß was gesagt, schließlich hatte er recht. Eigentlich hatte er genau das wiederholt, was Ben auch gesagt hatte.

Aber schließlich schien er eingesehen zu haben, dass ich verstanden hatte und beschloss, mich stattdessen etwas über den Abend auszufragen, bevor ich mit Ben schlafen wollte. Ich kicherte, während ich jede Kleinigkeit erzählte. Von dem Piknik, über die Dekoration, bis zu dem Lampion und der entscheidenden Frage. Tim lächelte durchgängig, wenn auch etwas verbittert. Aber ich wusste, dass er sich insgeheim doch für mich freute.

"Nunja, vielleicht hab ich mich auch ein wenig in Ben getäuscht... Was aber nicht heißt, dass ich es für gut befinde, wenn er dich vor meinen Augen abschleckt." Ich wurde leicht rot, als ich an unsere, zugegebenermaßen provozierende, Verabschiedung dachte. "Aber ich hab nur Angst, dass er dich verletzt. Das ist alles... Das weißt du doch, oder?" ich nickte. Ja, Tim war schon immer ein Typ, der sich sehr für mich einsetzte und mein Wohl fast schon vor sein eigenes zog. Grinsend schlang er seine Arme um meinen Körper und ich presste mich an seine Brust.

"Danke." flüsterte ich leise und mein Bruder grinste, während er mich sanft hochhob und die Treppen rauf in mein Zimmer trug. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie müde ich schon wieder war und schlief ein, bevor ich überhaupt in meinem Bett landete. Das letzte, was ich wahrnahm, waren Tims Lippen auf meiner Stirn und meine festen Gedanken an Ben. Mein Herz begann wieder augenblicklich schneller zu schlagen. Er machte mich einfach verrückt.


Things change (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt