Kapitel 20 - So nah und doch so fern

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Noah erwachte mit Schmerzen. Er war alleine, ohne Licht, in vollkommene Dunkelheit gehüllt. Es fühlte sich alles sehr surreal an und doch wusste er, dass alles echt war. Der Boden, auf dem er lag, der knirschende Dreck unter seinen Händen, der kalte Luftzug, der ihm über das Gesicht strich und dabei den Gestank von nicht gereinigten Toiletten mit sich trug und die Dunkelheit, die über ihm war und in die Unendlichkeit zu scheinen führte. Schwerfällig versuchte er sich aufzurichten, doch seine Beine wollten ihm noch nicht richtig gehorchen. Er fiel wieder zu Boden und schlug sich das Kinn auf dem harten Boden auf. Er spürte den brennenden Schmerz und dann wie etwas Warmes sein Kinn hinunter lief. Mit einem Stöhnen wischte er sich über die schmerzende Stelle und verzog das Gesicht, als der raue, dreckige Stoff auf seine Wunde traf. Er schien noch immer seinen Hogwartsumhang zu tragen, doch er war an mehreren Stellen gerissen und war an seinem Rücken merkwürdig feucht. Als er den Boden abtastete, merkte Noah, dass eine Pfütze darauf war. Und just in diesem Moment tropfte es von der Decke und landete genau in jener Pfütze, in die Noah anscheinend gelegt wurde. Oder eher geworfen, von seinem schmerzenden Rücken ausgehend.

Noch ehe ein weiterer Tropfen hinab fallen konnte, wurde die Tür mit einem kreischenden Quietschen geöffnet und ein flackerndes Licht durchflutete den Raum. Noah musste seine Augen schließen und sah den Mann nicht, der eintrat. Dieser packte ihn grob mit der rechten Hand, während er mit der linken eine altmodische Gaslaterne festhielt. Ehe Noah sich wehren, geschweige denn etwas sagen konnte, hatte ihm die Person einen Strick um die Hände gebunden und sie so fest zugeschnürt, dass er nicht mal mehr die Finger bewegen konnte. Im nächsten Moment, als er schreien und brüllen wollte, wurde ein Schweigezauber über ihn gelegt und kein Laut verließ seinen Mund. Er wurde über den Boden gezerrt und erblickte einige Bilder vor seinen Augen. Eine metallene Tür, mit einem Fackelhalter daneben. Eine steingraue Wand, mit schmutziger Dreckkruste. Ein dreckige, weiße Kerze, die beinahe bis zum Docht abgebrannt war und deren Wachs auf den Boden tropfte. Noah wurde in ein Zimmer geschliffen und dann auf den Boden geschmissen.

Der Raum war hell erleuchtet, mit etlichen Fackeln behängt und ein großer Holztisch, der stark poliert war, war darin enthalten. Einige weitere Türen schienen von dem Zimmer abzuführen, doch alle waren verschlossen. Niemand war in dem Raum und die Tür, durch die Noah hereingeworfen wurde, wurde wieder verschlossen. Die Person war nicht mehr zu sehen.

Mit neuen Schmerzen erhob sich Noah und stöhnte, als die Fesseln in seine Handgelenke schnürten und seine Haut aufrieben. Beim Fall hatte er sich das Knie aufgeschrammt und seine Hose war an der Stelle zerrissen und bereits mit Blut beschmiert. Ängstlich und panisch drehte er sich um und suchte nach einem Weg raus. Doch noch bevor er einen wackeligen Schritt tun konnte, wurde eine Tür weit aufgestoßen und zwei Gestalten traten ein. Eine davon war eine Frau, mit aschblonden Haaren und einer kleinen, zierlichen Gestalt sowie einen Mann, dessen Gesicht so kantig wie ein Stück Granit wirkte. Sein fein säuberlich getrimmter Schnauzbart so wie das kurze schwarze Haar auf seinem Kopf war schwarz und glatt und eine ungeheure Präsenz ging von diesem Mann aus. Es war das pure Böse, so viel konnte Noah nach einem Blick bereits sagen.

Immer noch von seinen Fesseln eingeengt, beobachtete er, wie die beiden Personen immer näher kamen. Der Mann ließ sich langsam auf einem gepolsterten Sessel nieder und verschränkte Arme und Beine in einer flüssigen Bewegung. Sein Blick ruhte dabei auf Noah, der verbissen versuchte seine Fesseln zu lösen. Die Frau jedoch kam mit bedächtigen aber trotzdem bestimmten Schritten auf ihn zu und blieb eine handbreit vor ihm stehen. Ihre kalten Augen scannten dabei jeden Winkel seines Körpers ab und bei seinen Versuchen, sich zu befreien, entwich ihren dünnen Lippen ein freudloses Lachen.

„Der zweite Teil der Graeham-Geschwister nicht wahr? Nun, ich hatte mit deiner Schwester bereits mein Vergnügen, muss ich gestehen und ich bin - wie soll man es sagen - beeindruckt. Ihr scheint einen sehr starken Willen zu besitzen. Aber jeder kann gebrochen werden. Das wirst du noch früh genug erfahren, mein Lieber." Die Frau lächelte gehässig während sie in die verzweifelten Augen von Noah blickte, der weiterhin gegen seine Fesseln ankämpfte. „Ach, wie ungeschickt von mir. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, nicht wahr? Amena Black, sehr erfreut." Sie machte eine Art spöttische Verbeugung und entblößte dabei ihre spitzen Zähne. Wenn Noah nicht unter dem Schweigezauber stehen würde, würde er jetzt schreien, nach Jade fragen und versuchen, die Frau zu treten, damit er abhauen könnte. Jedoch waren sowohl Zauber als auch Fesseln zu stark für ihn und er musste ruhig bleiben. Seine Augen huschten für einen Moment zu dem Mann der am Tisch saß und dann wieder zu Amena. Diese hatte Noahs Blick bemerkt und verzog nun ihre Lippen zu einen fast grausamen Lächeln.

Definitiv nicht Harry Potter! (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt