Kapitel 26 - Morgendämmerung der Zeit

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Es war ruhig im Raum, niemand sprach und nur das Klirren des Geschirrs war zu vernehmen. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie Amena einen Schluck aus der mit Gold verzierten Porzellantasse nahm, wie Immanuel mit einem silbernen Messer das Stück Fleisch vor sich zerschnitt. Die Familie saß beim Abendessen. Stumm griff sie nach etwas Brot, tunkte es in die Soße und steckte es sich dann in den Mund. Vorsichtig wischte sie die Finger an einer Serviette sauber und wollte gerade einen Schluck Tee nehmen, als Amena sich zu ihr drehte. Augenblicklich faltete sie die Hände auf dem Schoß zusammen und starrte auf ihren Teller.

„Nun, Talia, wie steht es mit dem Noah-Jungen." Unwillkürlich zuckte sie kurz zusammen, bei dem Gedanken an ihren... Bruder. Langsam hob sie den Kopf und schaute Amena genau in die Augen.

„Es scheint nahezu perfekt zu laufen, Mutter. Er vertraut mir, und glaub ich sei immer noch das Mädchen, die Schwester, die er einst kannte." Ein fieses Grinsen stahl sich nun auf ihre Lippen. „Ich kann es selbst nicht wirklich fassen, er glaubt mir alles, was ich ihm sage. Nun ist er auch davon überzeugt, ich hätte mich gegen euch gestellt und würde geheime Informationen an die Außenwelt geben. Leider musste ich ihm mehr über meinen neuen Zauberstab verraten, als mir lieb war, aber im Gegenzug hat dieser den Jungen dann an der Hand verbrannt. Es läuft also alles, wie ihr wünscht, Mutter." Amena lachte erfreut auf und legte ihre kalte Hand, mit den langen lackierten Fingern auf den Arm ihrer Tochter.

„Ich bin so stolz auf dich. Inzwischen kann man meinen, du seist eine wahrhaftige Black." Ein ehrliches Lächeln legte sich auf die Züge der Black und Talia erwiderte dieses nur zu gerne. Sie hatte erkannt, dass Amena keine schreckliche Person war, streng und sehr eigensinnig vielleicht, aber mit einem strikten Ziel, und dieses Ziel war es erfolgreich und stark zu sein. Amena nahm sich ein paar Weintrauben von einem Teller und sie selbst nahm sich nun, mit deutlich mehr Hunger, ein paar Knödel mit Soße. Doch kaum hatte sie das Besteck angesetzt, erklang die dunkle und durchschneidende Stimme von Mr. Delvier.

Sie hatte nie nachgefragt, warum Amena nicht den Namen ihres Mannes, beziehungsweise ihr Mann nicht den Namen seiner Frau angenommen hatte. Vorstellbar wäre es, dass es aus bestimmten Gründen der Organisation oder um das Ansehen der Familie.

„Wie ich hörte, führst du einen regen Briefkontakt zu einem jungen Mädchen, wie war noch ihr Name... Achja, Elaine Grünewald aus Deutschland. Wie kam es eigentlich dazu?" Sie schluckte schwer und musste einen Schluck trinken, bevor sie Mr. Delvier antworten konnte.

„Ich habe sie auf dem Ball der Malfoys kennengelernt, sie ist in meinem Alter und mit Erlaubnis von Mutter, schrieb ich ihr dann einen Brief", erklärte sie mit leicht zitternder Stimme. Sie hatte Angst. Sie hatte höllische Angst vor diesem Mann, der eine durch und durch finstere Aura ausstrahlte, die jeder spüren konnte, der in seiner Nähe war. Es schien, als würde dieser dunkle Schatten von seinen Augen aus fließen und alles in seiner Umgebung verschlucken, nicht umsonst war er ein sehr gefürchteter Mann unter seinen Anhängern, denn im Gegensatz zu Immanuel Delvier war selbst Amena ein liebevolles Kätzchen.

„Interessant. Über was schreibt ihr beide denn so?", hakte er nun nach und schnitt dabei unbeirrt an seiner Mahlzeit weiter, jedoch lag sein Blick währenddessen auf ihr und er schien nicht einmal zu blinzeln. Talia konnte diesem Blick nicht standhalten und senkte ängstlich das Gesicht zu ihrem Schoß, in dem ihre Hände zusammengefaltet lagen.

„Sie erzählt mir viel von ihrer Schule, Grüntal, ihren Freundinnen und solche Dinge. Ich schreibe von einem Leben im Amerika, wenn sie fragt, aber sie fragt wenig. Meistens schreiben wir über belanglose Dinge, über die sich... Mädchen im meinem Alter unterhalten. Was man mag, wen man mag oder was man sich in der Zukunft erwünscht." Ungewollt war ihre Stimme zu einem Flüstern geworden, noch immer starrte sie auf ihren Schoß, doch sie konnte spüren wie Immanuels durchdringender Blick auf ihr lag. Es war, als würde einen der Teufel persönlich unter die Lupe nehmen und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.

Definitiv nicht Harry Potter! (2)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant