9 endless.

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ROBERT

„Was ich mir wirklich wünsche? Besucherzeiten im Himmel."

[ Robin ]


Louis trug mich zurück zum Rastplatz. Er schnürte sich seinen Rucksack vor dem Bauch und nahm mich Huckepack, so wie er es schon einmal getan hatte, als ich die Drogen getrunken hatte, die eigentlich für ihn gedacht waren.

Immer wieder hörte ich ihn schnaufen, doch ich konnte nie sagen, wie viel Zeit vergangen war. Die Erschöpfung, der Schmerz und die ab und an eintretende Taubheit knipsten mich aus. Denn es hörte nicht auf. Kurz glaubte ich das, als ich im Auto war. Ich schaffte es bis zum Fahrstuhl von Harrys Penthouse, dann rollte die nächste Welle an Schmerz über meinen Körper.

Wütende Stimmen vernahm ich von Weitem, jemand packte mich an und prompt schrie ich auf, es war als würde meine Haut brennen.

Schreien war alles was ich konnte.

Lange.

Sehr lange.

Ich war nicht einmal wütend, oder schaffte es Robin und Onkel Harry mit Nichtachtung zu strafen, denn ich konnte ja nicht einmal aufrecht zu stehen. Irgendwie kam ich ins Schlafzimmer, wie genau, konnte ich nicht sagen. Die Treppen war ich hochgekrochen und eine Stimme redete unaufhörlich auf mich ein.

Das Karussell in meinem Kopf drehte sich furchtbar schnell. Bilder zucken vorbei, ich konnte sie nicht einmal zuordnen, denn sie waren zu schnell. Irgendwann war alles schwarz und jemand schaltete mich aus. Ich konnte nicht einmal sagen, ob der Schmerz weiter vorhanden war, denn metaphorisch wirkte dieser eine Moment wie ein Kopfschuss.

Ich war weg, für eine lange Zeit.

Als ich wach wurde, da war der Raum dunkel, nur leichtes Licht fiel durch die Vorhänge und ich spürte, dass ich auf dem Bett lag. Meine Augen waren verklebt, meine Kehle trocken und noch immer brannte meine Haut, wie nach einem starken Sonnenbrand. Das Shirt was ich trug war durchgeschwitzt und ich konnte meine Glieder nicht bewegen.

Es roch so vertraut und es dauerte mehrere Herzschläge, bis ich begriff, woran es lag. Vor meinem Bett lag Robin, er atmete ruhig und ich wollte etwas sagen, doch stattdessen hustete nur. Sofort ruckte der Kopf meines Bruders in die Höhe und er bemerkte, dass ich wach war. Der Ausdruck auf seinem Gesicht wirkte so qualvoll, wie ich mich fühlte.

„Es tut mir leid", flüsterte er beklemmend. „Wirklich... ich... wusste nicht... das es so wird, ich wollte nicht..."

Ich wollte nach seiner Hand greifen, aber ich konnte nicht, genauso wenig, wie ich etwas sagen konnte. Stattdessen schloss ich die Augen und atmete hektisch. Robin fasste das falsch auf und sprach: „Nein, ganz ruhig. Nicht aufregen, ich verspreche du musst nie wieder Zeit mit Louis verbringen, wenn du das nicht willst."

Aber das war es nicht. Denn es war okay gewesen. Erträglich und besser, als ich es erwartet hatte. Leicht spürte ich Robins Finger, die durch mein Haar strichen. Die Berührung tat nicht weh, obwohl ich fest damit rechnete. Sie hatte etwas Sanftes und ich genoss es.

Meine Fingerspitzen kribbelten und dann schaffte ich es nach Robins Hand zu greifen. Haut auf Haut schmerzte, doch es war mir egal, denn die Wärme, die von ihm ausging zeigte mir, dass er noch immer da war. Jedes Mal wenn ich daran dachte, dass er es nicht mehr sein könnte, da kroch Panik in mir hoch.

„Denk an etwas Schönes", sprach Robin leise. „An etwas Warmes, einen Ort, wo du immer gerne warst." Ich versuchte seinen Worten nachzukommen und während er etwas von einem blauen Himmel erzählte, von dem Geruch von Salz und Meer, warmen Sonnenstrahlen, da war es mir, als würde er mich genau an solch einen Ort hin katapultieren. Ich ging über Sand, spürte das Wasser auf meinen nackten Füßen und den Wind auf meiner Haut. Für diesen einen Moment lang war alles in Ordnung. Nur diesen kleinen Moment lang.

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