Der Hinterhalt

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Am nächsten Morgen wurde sie von einem Geräusch geweckt. Reflexartig griff sie nach dem Messer und schaute vorsichtig aus dem Fenster. Sie konnte nichts und niemanden draussen entdecken. Sie verhielt sich ganz still und lauschte. Nachdem es eine Weile wieder ruhig war, wich allmählich ihre Anspannung. Ihr war klar, dass sie hier nicht bleiben konnte und alleine nur wenig Chancen hatte, zu überleben. Sie sah sich in der Hütte um. Sie brauchte dringend etwas anderes zum anziehen. Ihr Rock war zerissen und ausserdem ziemlich unpraktisch im dichten Unterholz des Waldes. Sie fand in der Kiste auch tatsächlich eine Hose und eine Hemd, welches ihrem Vater gehört haben musste. Sie entledigte sich ihres Kleides und stieg in die viel zu große Hose. Ein Lederiemen diente ihr als Gürtel und das Hemd knotete sie vorne zusammen. Die Stiefel, die sie fand, waren ihr ebenfalls zu groß. Sie zerschnitt eine der Decken und umwickelte ihre Füsse damit, dann zog sie die Stiefel darüber. Eine weitere Decke diente ihr als Umhang, in den Rest der Anderen wickelte sie noch weitere aus ihrer Sicht brauchbare Dinge und schnürte daraus eine Bündel. So gerüstet verließ sie die Hütte und zog weiter Richtung Berge. Unterwegs stillte sie ihren Durst an einem kleinen Bach. Hier und da ein Knacken ließen sie immer wieder innehalten und lauschen. Inzwischen war es Mittag und die Sonne stand hoch über den Bäumen am Himmel. Ihr Hunger wurde immer stärker, doch an Jagen war zu dieser Tageszeit nicht zu denken. Glücklicherweise fand sie auf einer kleinen Lichtung ein paar schmackhafte Walderdbeeren. Sie aß so viele sie finden konnte, um ihren Hunger fürs Erste etwas zu stillen. Ihr Hunger hatte sie aber auch unachtsam werden lassen. So bemerkte sie zunächst nicht, dass man sie entdeckt hatte. Sie erhob sich sorglos, doch als sie ihre Sachen zusammenpacken wollte, hörte sie hinter sich Geräusche. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, spürte sie eine heftigen, dumpfen Schmerz am Hinterkopf. Ihr wurde scharz vor Augen und sie verlor das Bewusstsein.

Als sie wieder erwachte, lag sie auf dem harten Boden in einer dämmerigen Umgebung. Sie versuchte sich zu orientieren und zu erinnern was geschehen war, doch sie hatte das Gefühl, ihr Kopf würde zerrspringen. Stöhnend versucht sie sich aufzurichten. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Hände ihr auf den Rücken gefesselt waren. Nach und nach nahm sie wahr, dass sie in einem Zelt lag und von draussen drangen dumpf Stimmen zu ihr. Sie ahnte, dass sie sich wohl in der Gewalt der Söldner des Herzogs befand und dies nichts Gutes für sie bedeutete. Die Schmerzen ließen sie jedoch wieder wegdämmern.

Das nächste Mal wurde sie durch einen Schwall Wasser geweckt, der sich über ihren Kopf ergoss. "Genug geschlafen, Prinzessin.", hörte sie eine hämische Männerstimme. Danach riss man sie unsanft auf die Beine. Sie taumelte, doch zwei Männer rissen sie wieder hoch. "Na, na, Prinzessin....", grinst einer der beiden Männer und die anderen lachten. Dann betrat ein weiterer Mann das Zelt und die Männer nahmen Haltung ein. Daraus schloß sie, dass dies der Komandant sein musste. "Du hast es uns ja ganz schön schwer gemacht. Aber hast du im Ernst geglaubt, du hast eine reale Chance uns zu entkommen?" Die Männer lachten wieder. Er stand nun vor ihr, hob ihr Kinn und schien sie mit den Augen regelrecht zu verschlingen. Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. "Der Herzog hat ja einen erlesenen Geschmack. Aber wie eine Lady sieht sie ja nicht gerade aus." Wieder lachten die Männer. Sein Blick glitt an ihr herunter. "Dieser Fetzen ist doch einer Prinzessin nicht würdig.", grinste er sie hämisch an. Dann griff er nach dem Hemd und riss es mit einem Ruck herunter. Ihr dünnes Leibchen darunter verbarg nicht mehr allzu viel von ihren weiblichen Rundungen. Mit gierigem Blick betrachtete was er zusehen bekam. Seine Hände ballten sich zu einer Faust: "Schade, dass der Herzog den ganzen Spass für sich alleine haben will und ausdrücklich unversehrte Ware verlangt hat. Wir hätten bestimmt viel Spass mit dir." An seine Männer gewand sagte er: "Also Männer, unter Todesstrafe ist es verboten, das Weib anzurühern. Wer seine Finger nicht stillhalten kann, wird sofort exekutiert. Und besorgt der Prinzessin was Angemesseneres zum Anziehen." Dann verließ er das Zelt. Die Männer stießen sie wieder zu Boden. "Da hasst du aber Glück gehabt, Schätzchen." "Oder auch nicht..." Lachend verließen die Männer das Zelt. Ihr Kopf dröhnte immer noch.

Ein wenig später kamen einer der Söldner mit einer jungen Frau in ihr Zelt. Sie trug eine Schüssel und einen Krug und über dem Arm ein Kleid. "Die brauchst du nicht mehr. Du würdest eh nicht weit kommen, also wag es garnicht erst. Und ob wir dann noch so freundlich wären mit dir, würde ich nicht garantieren." Er schnitt ihr die Fesseln durch und verließ das Zelt. Die junge Frau stellte die Schüssel und den Krug vor ihr auf dem Boden und hielt ihr das Kleid hin. Sie vermied den direkten Blickkontakt und wirkte sehr verschüchtert. Kyla spürte, dass der jungen Frau Schlimmes angetan worden sein musste. Sie sprach sie freundlich an: "Wie heißt du?" Ein schüchterner Blick begegnete ihr. "Sira.", flüsterte sie leise. "Ich darf aber nicht mit euch sprechen", ergänzte sie ängstlich. Kyla nickte. "Kannst du mir helfen, das Kleid anzuziehen?", bat sie Sira. Sira nickte und half Kyla aufzustehen. Nachdem sie das Kleid angezogen und Sira ihre wirren Haare gebändigt hatte, verließ Sira wieder das Zelt. Kyla sah Sira nachdenklich nach, bis ihr Hunger sie daran erinnerte, dass sie schon lange nichts mehr gegessen hatte.

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