Wo ist Erik?

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Seit dem Sieg über den Herzog hatte sich Erik komplett zurückgezogen. Er zog durch die Wälder ohne feste Bleibe immer noch darauf bedacht Kyla zu beschützen. Lediglich zu seinem besten Freund Simon von Pohlheim hielt Erik noch Kontakt. Doch er hatte Simon das Versprechen abgenommen, Kyla nichts von seinem Verbleib zu erzählen. Simon jedoch wollte Kyla nicht anlügen müssen, wenn sie ihn nach Erik fragte. Daher war er froh, das seine Mutter Kyla zunächst so vereinnahmte, dass diese einfach nicht dazu kam, nach Erik zu fragen.

„Darf ich dir meine Frau vorstellen?" Vor dem gemeinsamen Abendessen stellte Simon Kyla eine junge Frau vor. Diese ging lächelnd auf Kyla zu und reichte ihr die Hand: „Auch von mir ein Herzliches Willkommen. Ich heiße Sira und freue mich, dich endlich kennen zu lernen. Ich habe schon so viel von dir gehört." Kyla lächelte Simon etwas überrascht an und reichte  Sira freudig die Hand. „Das ist ja eine freudige Überraschung, ich hatte ja keine Ahnung. Es freut mich, dich zu kennenzulernen." „Es war in der Vergangenheit auch nicht so viel Gelegenheit dazu, es dir mitzuteilen.", zwinkerte Simon ihr lächelnd zu. „Stimmt auch wieder." Alle lachten. „Darf ich die Damen zu Tisch bitten, Mutter wird sonst ungehalten und das Essen kalt." Er bot den beiden Damen je ein Arm und so eingerahmt schritt er mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu Tisch. Mona wartete tatsächlich schon etwas ungeduldig, aber bei dem Anblick huschte auch ihr ein Lächeln über ihr Gesicht. Doch sofort dachte sie auch daran, dass Kyla nun endlich auch einen Mann an ihrer Seite bräuchte, bei den Aufgaben, die sie vor sich hatte. Sie sah sich schon längst als Kyla's Ersatzmutter und sorgte sich um ihre Zukunft. Sie hatte auch schon mit Simon darüber gesprochen, doch dem waren durch sein Versprechen, dass er Erik geben musste, die Hände gebunden. Während des Essens waren die junge Leute gut gelaunt und es wurde viel gelacht. Mona dagegen war sehr nachdenklich.
Sira und Kyla verstanden sich von Beginn an bestens und bald verkehrten sie wie Schwestern miteinander. Kyla selber hatte ja nie Geschwister gehabt und war meist unter Männern gewesen oder hatte mit älteren Frauen zu tun gehabt. Sie war froh, in Sira eine große Schwester gefunden zu haben, die ihr half wieder weniger Kämpferin und etwas mehr eine Frau zu sein. Auch Simon beobachtete, wie Kyla regelrecht aufblühte und immer mehr zu einer begehrenswerten Frau wurde. Dann dachte er wieder an Erik. Er konnte immer weniger Erik's selbst gewählte Isolation verstehen. Er schüttelte innerlich den Kopf. Doch er wusste genau, dass sein Freund seinen Stolz hatte und nur schwer von seinem Weg abzubringen war. Doch so schnell würde er nicht aufgeben. Jetzt wo er so glücklich mit seiner Frau an seiner Seite war, wünschte er diese Glück auch für Erik und Kyla. Simon seufzte. Hätte er doch lieber seinem besten Freund nicht dieses Versprechen geben müssen, denn er war sich sicher, dass Kyla besser auf Erik einzuwirken vermochte als es ihm bisher gelungen war. Daher war er sehr froh, dass Kyla nun hier war.
Kyla weilte inzwischen schon ein paar Tage auf Schloß Pohlheim und fühlte sich sichtlich wohl. Und obwohl Erik sich in dieser Zeit nicht hatte blicken ließ, schien Kyla ihn auch nicht zu vermissen, denn zu Simon's Verwunderung hatte sie ihn noch nicht nach Erik gefragt. Er konnte ja nicht wissen, dass Kyla durch eine ihrer Visionen wusste, dass Erik durch die Wälder streifte und immer in ihrer Nähe war auch wenn sie ihn bisher nicht zu Gesicht bekommen hatte. Außerdem konnte sie seine Nähe spüren. Allerdings verstand sie nicht, warum er stets diese Distanz zu ihr hielt und lieber im Verborgenen blieb. Seine Motive blieben auch in ihren Visionen für sie unklar. Sie beschloss daher in den nächsten Tagen auf Jagd zu gehen. Vielleicht würde sie ihm ja begegnen so wie damals bei ihrer ersten Begegnung im Wald. Dieses Bild hatte sie immer wieder vor Augen, wenn sie an Erik dachte. Doch dann waren da aber auch die Bilder von diesem geheimnisvollen Mann im schwarzen Umhang und mit Ledermaske, dem sie letztlich ihr Leben zu verdanken hatte. Jo hatte ihr von dem Mann erzählt, wie dieser sie nach ihrem Fenstersprung schwerverletzt in das Lager gebracht hatte und danach verschwunden war. Sie wusste, dass dieser Mann mit Erik etwas zu tun hatte, aber nicht in welcher Beziehung er zu Erik stand. Um diese und noch einige andere Fragen beantwortet zu bekommen, musste sie Erik finden. Vorher würde sie keine Ruhe finden.

Wohin dein Herz dich führtWhere stories live. Discover now