Unheimliche Begegnung im Wald

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Nach dem Gespräch mit Sira hatte sich Kyla nachdenklich für ein paar Tage zurückgezogen. Wie so oft in der letzten Zeit stand sie am Fenster und starrte hinaus auf den endlos und undurchdringlich scheinenden Wald. Ihr Herz war ihr schwer und sie war unschlüssig, was sie jetzt tun sollte. Wenn er wirklich nicht gefunden werden wollte, dann wäre es sinnlos weiter nach ihm zu suchen. Simon war durch den Schwur gebunden und konnte ihr nicht helfen. Aber Erik einfach aufgeben, das konnte sie auch nicht, er würde so oder so immer ein Teil ihres Lebens bleiben, egal wohin ihr Weg sie führen würde. Sie schluchzte: „Mama, sag mir was, ich tun soll. Bitte, hilf mir. Papa steh mir bei, hilf mir, den richtigen Weg zu finden." Sie stand noch eine ganze Weile so am Fenster bevor sie schließlich zu Bett ging und in einen unruhigen Schlaf fiel. Am nächsten Morgen traf Simon in der Halle auf seine Frau. „Wo ist Kyla, hast du sie heute schon gesehen?" „Sie hat morgen schon recht früh das Schloss verlassen und ist Richtung Wald geritten. Wahrscheinlich will sie wieder auf die Jagd.", antwortete Sira auf seine Frage. „Wohl kaum. Sie hat keinerlei Waffen mit genommen.", stellte Simon nachdenklich fest. „Was hat sie dann vor?", fragte Sira. „Ich weiß es nicht.", antworte Simon ratlos. Beide sahen sich besorgt an.
Ohne ein Ziel ritt Kyla immer weiter in den Wald hinein. Sie ließ sich treiben und lauschte den Geräuschen des Waldes. Damals hatte der Zufall sie im Wald zusammengeführt, vielleicht würde es diesmal wieder so geschehen. ‚Das Glück kann man nicht erzwingen.' hatte einst ihr Vater zu ihr gesagt. ‚Wenn du geduldig bist, wird es schon zu Dir kommen.' So in ihre Gedanken vertieft, merkte sie zunächst nicht wie Ihr Pferd immer nervöser wurde und die Ohren stellte. Ein lautes Knacken ließ ihr Pferd einen erschrockenen Satz zur Seite machen. So aus ihren Gedanken gerissen, sah sich Kyla aufmerksam um. Sie konnte aber nichts besonderes entdecken. ‚Zu dumm, dass ich meine Waffen im Schloß zurückließ', dachte Kyla und ritt langsam weiter. Ihr Pferd tänzelte immer noch nervös und Kyla brauchte alle Aufmerksamkeit, ihr Pferd zu beruhigen. Daher bemerkte sie auch nicht die Schatten, die ihr lautlos durch das Unterholz folgten. Plötzlich sprang einer dieser Schatten sie und ihr Pferd an, welches sich aufbäumt und heftig austrat, um den Angreifer abzuschütteln. Kyla spürte einen heftigen Schmerz im Bein und hatte alle Mühe sich auf dem Pferd zu halten. Die schwarzen Gestalten schienen sie eingekreist zu haben. Kyla gab ihrem Pferd die Sporen und dann began ein wilde Flucht durch den Wald. Sie klammerte sich krampfhaft am Hals des Pferdes fest, sie hatte lange keine solche Angst mehr gehabt. Bei einem Sprung über einen Baumstamm stürzte ihr Pferd und sie wurde in das Unterholz geschleudert. Sie hörte noch den angstvollen Schrei des Pferdes, dann wurde ihr schwarz vor Augen.

Als sie wieder erwachte, war es ziemlich dunkel um sie herum. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten. Ihr wurde gewahr, dass sie auf einem weichen Lager lag in einer Holzhütte. Als einzige Lichtquelle warf lediglich ein Feuer seltsame Schatten an die Wand. Sie schien allein zu sein in der Hütte. Als sie sich versuchte aufzusetzen, stöhnte sie kurz auf. Ihr ganzer Körper schmerzte, besonders das linke Bein. Krampfhaft versuchte sich zu erinnern, was passiert war. Sie erinnerte sich nur noch an Bruchstücke. Die Tür der Hütte ging auf, eine große Gestalt kam herein und machte sich am Feuer zu schaffen. Dann trat diese Gestalt an ihr Bett, hob ihren Kopf vorsichtig an und hielt ihr einen Becher mit heißem Inhalt an die Lippen. Vorsichtig trank sie ein paar Schlucke von dem seltsam schmeckenden Gebräu. Die Gesichtszüge konnte sie nicht erkennen, aber nach der Gestalt und den Händen zu urteilen, konnte es nur ein Mann mittleren Alters sein. Zu mehr Gedanken kam sie nicht mehr, denn kurz danach übermannte sie wieder die Müdigkeit und sie schlief erneut ein. Als sie wieder erwachte, saß der geheimnisvolle Mann am Feuer. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dem Mann schon einmal begegnet zu sein. Jedenfalls spürte sie, dass von ihm keine Gefahr ausging. Als der Mann bemerkte, dass sie wieder wach war, kam er wieder mit einem Becher und hielt ihn ihr an die Lippen. Diesmal war es allerdings ein wohlschmeckende Suppe, die sie gierig leer trank. Obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, spürte sie, dass er lächelte. Doch als sie anhub, etwas zu sagen, sprang er auf und verließ eilig die Hütte. Warum wollte er nicht mit ihr sprechen? Bevor sie sich weitere Gedanken machen konnte, war sie wieder eingeschlafen.

Wohin dein Herz dich führtWhere stories live. Discover now