Kapitel 4

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August

Mittlerweile sind zwei Monate vergangen und ich befinde mich immer noch in Spanien. Meine unzähligen Fluchtversuche scheiterten immer und immer wieder. Also habe ich vorerst beschlossen aufzugeben. Es gibt nämlich zurzeit keinen Ausweg und somit überlasse ich mich meinem verfluchten Schicksal. Das Pech verfolgt mich und ich frage mich wirklich wann das aufhören würde. In diesen zwei Monaten ist mir bis jetzt nichts schlechtes widerfahren wie ich eigentlich vermutet hatte und sie behandeln mich auch nicht in irgendeiner Weise schlecht jedoch ändert dies nichts an der Tatsache das sie mich entführt haben. Was soll ich sagen? Ich habe mich mittlerweile gezwungenermaßen hier eingelebt. Ich schlafe in dem für mich eingerichteten Zimmer, esse wider vernünftig, schreie im Haus nicht wie eine Verrückte herum und spaziere sogar das ein oder andere mal im Garten. Ich schiebe außerdem keinen Stress mehr bei dem Sicherheitspersonal und diese sind darüber äußerst froh denn ich war eine wirkliche Plage für sie...und auch besuche ich meine Termine mit Rita zusammen beim Frauenarzt. Zwischen uns Beiden herrscht mittlerweile ein friedliches Verhältnis. Sie ist oder scheint wirklich kein schlechter Mensch zu sein. Gerade trinke ich einen Tee den mir Rita zubereitet hat und hocke gemütlich auf dem Sofa, wobei der Fernseher im Hintergrund läuft. Die Sendung ist übrigens auf spanisch und ahnungslos blicke ich bloß auf den Bildschirm und denke über meine Zukunft nach. ,,Ich hab uns Kekse gebacken Liebes.", höre ich Ritas fröhliche Stimme welche mit einem Teller in der Hand sich neben mich setzt. Sie tut ihr bestes damit es mir und dem Baby gut geht. Das sie mir hier ein komfortables Leben bieten erweist sich als zutreffend aber ich habe immerhin nicht danach verlangt... Ungelogen es fehlt mir hier an nichts aber das wollte ich doch alles gar nicht. Wie auch immer...Hauptsache mir und dem Baby geht es gut und das ist es, was wichtig ist. Ich erblicke ein Katalog in Ritas Händen. Nicht schon wieder. Ich befinde mich bald im siebten Monat und Rita will hier unbedingt ein Babyzimmer einrichten. „Rita bitte wie oft soll ich dir-"
„Du gehörst von nun an zur Familie und fängst hier ein neues Leben an oder nicht? Schon vergessen das du ein Job in der Firma von Señor Sanchez bekommst?" Ich seufze genervt. Sie erwähnt diese Worte jedes Mal. „Rita, ich gehöre nicht hier her und das weißt du auch, ich will immer noch zurück nach Deutschland." Sie schaut mich verständnislos an und legt das Katalog bei Seite. „Wieso? Dort hast du nur schlechte Erinnerungen und hier startest du einen Neuanfang und wir unterstützen dich doch bei Allem.", versucht sie mich erneut zu überreden. Sie will es einfach nicht einsehen... „Rita, wie soll ich meine Schuld bei euch je begleichen und außerdem wollte ich das alles hier nicht...", erkläre ich ihr. Sie schaut mich kopfschüttelnd an. ,,Yade, du gehörst zur Familie sag das bitte nie wieder. In Deutschland hast du...niemanden, und hier hast du....uns. Dich hier zu haben erfreut mich, beziehungsweise uns, sehr und weißt du, das ist ganz neu für uns denn zuvor kam keine einzige Frau in dieses Haus rein." Ehm wie bitte? Was soll diese Aussage jetzt bedeuten? „Was willst du mir damit sagen?" Es erfolgt ein nachdenkliches Seufzen ihrerseits. „Naja ich arbeite schon seit 9 Jahren für Señor Sanchez, er ist mittlerweile 29 Jahre alt und er hat bis jetzt keine einzige Beziehung gehabt, er hält sich fern von den Frauen in seinem Umfeld, aus welchem Grund auch immer...." Irritiert ziehe ich die Augenbrauen zusammen. „Rita du verheimlichst mir doch etwas..." Ich schaue sie misstrauisch an und sie schüttelt daraufhin den Kopf. „Du verstehst mich falsch Yade, ich verheimliche dir nichts und da steckt auch nichts anderes dahinter.", behauptet sie und ich bin ehrlich gesagt immer noch skeptisch. Ich hoffe für sie das da wirklich nichts anderes dahinter steckt, denn ein psychopathischer Liebhaber ist das letzte was ich gebrauchen könnte...
Als ich keine weiteren Worte mehr von mir gebe nimmt sie sich erneut das Katalog zur Hand und blättert diesen durch. Übrigens ist dieser Demir zwei Monate weg gewesen, laut Rita wird er morgen früh zurück sein oder heute Abend. Ich habe Rita was ihn betrifft etwas ausgefragt aber ich bekam nicht auf all meine Fragen eine Antwort. Bis jetzt kenne ich nur seinen Namen, sein Alter, das er Halbtürke ist, ein erfolgreicher Unternehmer und eine Schwäche für die Farbe schwarz hat. Unheimlich. Außerdem ist er ein ziemlich kalter Mensch, so als besäße er überhaupt keine Gefühle. Jeder Mensch auf der Welt besitzt doch, wenn auch wenig, Emotionen oder nicht? Aber er ist anders, er ist in meinen Augen nicht normal, denn seine Verhaltensweise und Redensart ist ziemlich kaltblütig, nahezu unmenschlich! Wie verbittert kann ein Mensch bitte nur sein, frage ich mich? Dieses Haus mit seiner dunklen Einrichtung schüchtert einen total ein und außerdem vermittelt die Farbe Schwarz den Eindruck von Autorität und Macht. Das scheint auf ihn zuzutreffen. Ich lasse meine Blicke durchs Wohnzimmer schweifen und schüttle dabei verständnislos den Kopf. Dieser Mann ist eindeutig krank. „Alles in Ordnung Liebes?" Ich drehe mich zu Rita welche mich besorgt ansieht. „Ja ich denke nur etwas nach...", antworte ich ihr und atme tief durch. „Du bist bleich geworden." Bin ich das? Seufzend zucke ich mit den Schultern und verschränke die Arme vor der Brust. „Ich habe etwas über ihn nachgedacht...", murmele ich. Rita schaut mich schmunzelnd an. „Hach Señor Sanchez ist ein etwas...komplizierter Mensch." Ich verenge nachdenklich die Augenlieder. „Ich habe über seine Person nachgedacht und dann über dieses Haus und allgemein über meine ganze Situation.", sage ich und schaue mit leeren Blicken auf den Fernseher. „Ich weiß was du über ihn denkst und das hast du mir wirklich jeden Tag gesagt, in den Zeiten wo du dich über ihn aufgeregt hast und deine unzähligen Beleidigungen über ihn, sowie du das Haus immer vor Wut verwüstet hast." Sie lacht bei ihren letzten Worten. Es stimmte. Nachdem Demir weg war habe ich nicht aufgehört durchzudrehen, stattdessen habe ich weiterhin Dinge hier beschädigt und wie Rita erwähnt hat ihn wiederholt beschimpft. „Den Jungs draußen vor der Tür hast du es auch nicht wirklich leicht gemacht.", kichert sie und ich schmunzele leicht. Als mir jedoch die Tatsache einfällt werde ich augenblicklich zornig und sehe Rita wütend an.
„Ich habe mich hier gezwungenermaßen eingelebt Rita und vergesst das bloß nicht, ich verabscheue euren verdammten Chef!", zische ich hasserfüllt und stehe langsam vom Sofa auf. Wow meine Stimmungsschwankungen sind wirklich sonderbar. In langsamen Schritten bewege ich mich fort mit der Absicht auf mein Zimmer zu gehen. Ich sollte mich so langsam schlafen legen, es ist gleich 21 Uhr und dazu bin ich müde. „Yade! Warte, ich helfe dir hoch!", höre ich Rita mir hinterherrufen. „Nein! Ich brauche ihre Hilfe nicht das schaffe ich alleine!", schreie ich sie plötzlich an und als sie neben mir her läuft verdrehe ich meine Augen und lasse widerwillig zu das sie mich am Arm stützt. „Du darfst dich nicht aufregen Yade, vergiss Señor Sanchéz, sowie in den letzten Wochen und blende ihn einfach aus Liebes." Allein sein Name reicht aus um mich zur Weißglut zu bringen. Mittlerweile sind wir im Korridor angekommen und laufen zu den Treppen, wobei ich mich schon wieder aufrege, da ich diese ganzen Treppen jedes Mal hoch und runter steigen muss. „Rita! Ich hab es langsam satt diese ganzen Treppen hochzusteigen! Ich bin bald im siebten Monat und es fällt mir verdammt schwer diese Treppen zu besteigen!", schreie ich aufgebracht und Rita sieht mich entschuldigend an. „Das werde ich mit Señor Sanchéz besprechen so geht das nämlich wirklich nicht weiter, du hast Recht." Argh! Schon wieder dieser Name. Hat sie nicht vorhin gesagt ich soll ihn ausblenden?! Rita hält sich schuldbewusst mit großen Augen abrupt die Hand vor den Mund. „Erwähnen sie seinen verdammten Namen nicht!", rufe ich erzürnt und gleich darauf klingelt es an der Haustür. Wer ist das? „Rita wer ist das?" Ist er schon früher zurück?! „Warte auf mich wir gehen die Treppen zusammen hoch und ich vermute mal...er ist früher zurück." Somit läuft sie zur Haustür und lässt mich allein im Korridor stehen. Ich schaue unsicher zur Haustür und halte mich am Geländer der Treppe fest um mich zu stützen. Rita öffnet nun die Haustür. Er ist es. Er ist wirklich früher zurück. Viel sehe ich nicht von ihm aber er scheint ein weißes T-Shirt zu tragen und eine schwarze Hose sowie weiße Sneaker. Im Alltagsoutfit habe ich den Typen ja noch nie gesehen. Das ist völlig irrelevant Yade! Rita stellt sich jedenfalls diesmal zur Seite sodass er eintreten kann und sie macht die Tür auch schon wieder zu. „Guten Abend, es ist schön sie wiederzusehen und ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug.", höre ich Rita zu ihm sagen und er nickt bloß daraufhin. Unhöflicher Höhlenmensch. Anschließend läuft er weiter durch den Korridor und noch hat er mich nicht gesehen...bis auf jetzt. Er wollte scheinbar ins Wohnzimmer laufen, bleibt jedoch stehen als er mich im Blickfeld hat. Wir schauen uns einfach nur wortlos an und ich sehe wie er seine Blicke auf meinen Bauch richtet. Nun in diesen zwei Monaten ist er um einiges größer geworden und nein das Geschlecht ist mir immer noch nicht bekannt. Aber was starrt er denn so? „Was?", blaffe ich und er schaut mir somit wider in die Augen. Er schweigt. Ich verstehe diesen Mann nicht. Wieso spricht er nie? Im nächsten Moment geht er auch einfach an mir vorbei und begibt sich ins Wohnzimmer. Rita welche noch an der Haustür steht kommt schmunzelnd auf mich zu und greift mir wieder unter den Arm. „Komm wir bringen dich hoch Liebes und dann muss ich auch wieder runter, er hat vielleicht Hunger." Pff. Soll er sich selbst etwas zubereiten!

YADEWhere stories live. Discover now