Getrennt

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Mit jedem Schritt, weg von der Lichtung, auf der ich David versprochen hatte ihm zu gehorchen damit Darian nichts passierte, wurde mein Herz schwerer.
Sein Blick brannte in meinen Rücken und ich wusste genau, dass er gerade durchdrehte, weil er zugelassen hatte, dass ich David dieses Angebot gemacht hatte.
Ich hatte keine Ahnung, was letzterer von mir erwarten würde. So wie ich ihn jedoch einschätzte, würde es mir nicht gefallen. Oh nein!
Aber egal was er mir auch antun würde: Ich würde den Preis bezahlen. Hauptsache ich musste Darian nie wieder so sehen, wie jetzt gerade.
Sein Anblick hatte mich mehr geschmerzt als alles andere.
Mein Herz sagte mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Mein Kopf allerdings, schrie laut auf. Wie dumm konnte ich eigentlich sein und David so viel Freiraum geben? Er würde mir wehtun. Seelisch und Körperlich.
Ein erneuter Ruck an meinem Handgelenk riss mich aus meinen Überlegungen.
Stolpernd kam ich also zurück in die Realität und entwand mich als erstes aus Davids Griff.
„Ich kann alleine gehen!", fauchte ich und funkelte ihn böse an.
„Pass auf wie du mit mir redest.", knurrte er drohend, deutete mir aber voran zu gehen.
Auf dem Rückweg zum Zelt gewährte er mir meinen Sicherheitsabstand und versuchte nicht ein einziges Mal sich mir zu nähern.
Was mich ehrlich gesagt sogar ein wenig überraschte.
Aber ich wollte mein Glück nicht herausfordern.
„Hast du Hunger?", fragte David, nachdem er mir durch den Zelteingang gefolgt war.
Zögernd nickte ich.
Seine plötzliche Freundlichkeit, konnte ich noch nicht ganz begreifen. War das seine neue Taktik? Mich mit Freundlichkeit ersticken?
Aufmerksam beobachtete ich jede seiner Bewegung aus sicherer Entfernung.
„Ich werde dir etwas holen.", erklärte er sachlich und tastete seinen Hinterkopf ab. Dann verzog er das Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass ein Schwertheft so schwer sein kann..."
Auf meinen fragenden Blick hin, deutete er auf das Schwert, das hinter ihm lag und welches ich als das identifizieren konnte, dass ihm auf den Kopf gefallen war.
Entschuldigen würde ich mich dafür jedoch sicher nicht.
Einen Augenblick lang sah David mich einfach nur an. Seine Augen hingen an mir als wäre ich wertvoller als die Mona Lisa.
Ich mochte es nicht, dass er mich so anblickte. Es gab mir das Gefühl als wäre er noch immer der Junge, in den ich mich einst verliebt hatte.
Aber diesen Menschen gab es nicht. Hatte es nie gegeben. Das nicht zu vergessen, war nicht gerade leicht.
Dann schüttelte er den Kopf und wandte sich der großen Kiste zu seiner Rechten zu. Einen kleinen Moment wühlte er darin.
Es klirrte verdächtig und kurz darauf zog er eine Eisenkette hervor und warf den Holzdeckel wieder zu.
Was wollte er mit dieser Kette? Doch hoffentlich nicht das wonach es aussah...
„Versteh mich nicht falsch...", begann er und kam auf mich zu. „Ich kann nur nicht riskieren, dass du mir davonläufst."
Ich verzog das Gesicht. „Klar. Und als nächstes muss ich mich ausziehen, damit du auch sicher gehen kannst, dass ich keine Waffen unter meiner Kleidung verstecke..." Abfällig schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Jetzt übertreibst du aber!", behauptete David kopfschüttelnd.
Seine Reaktion machte mich wütend. „Ich übertreibe? Ich?"
„Liz..." Warnend glitt mein Name über seine Lippen.
„Ich fasse es nicht! Ich übertreibe? Wenn ich mich nicht ganz täusche, hast du den einzigen Mann dem ich in dieser Welt vertraue, da draußen an einen Baum gebunden und ihn gequält. Und du sagst mir ich übertreibe!" Wütend funkelte ich ihn an.
Knurrend kam er einen Schritt auf mich zu. „Ich habe ihn nicht gequält."
„Ach dann hab ich mich wohl getäuscht, als ich gesehen hab, wie einer deiner Männer auf deinen Befehl hin auf ihn eingeschlagen hat.", fauchte ich und wich zur Seite aus, als er näherkam.
„Ich werde mich nicht dafür entschuldigen. Er bekommt was er verdient!", grollte er und seine Augen verdunkelten sich.
„DAS..." Ich deute nach draußen, während mein Kopf unwillkürlich Darians momentane Situation vor meinem inneren Auge wiederspiegelte. „... hat er nicht verdient!"
„Er hat noch ganz andere Sachen verdient.", schrie David und ich zuckte zusammen.
„Warum?" Ich verstand ihn nicht. Ich wollte ihn auch nicht verstehen. Schmerzlich bewusst wurde mir vor Augen geführt, dass ich die Person mir gegenüber gar nicht kannte. Dass ich sie nie gekannt hatte.
„Das fragst du noch? Ist das nicht offensichtlich? Es ist die Art, wie er dich ansieht. Die Art, wie er dich berührt. Ihn so nah neben dir zu sehen. Ich will ihm einfach nur noch den Kopf abreißen. Ihm seine Augen ausstechen, damit er dich nicht mehr sehen kann. Das Lächeln aus dem Gesicht prügeln, weil er deins erwidert hat." Seine Hände waren weiß, so sehr verkrampften sie sich um die Eisenkette.
„Das glaube ich nicht." Entsetzt blickte ich zu ihm. „Das ist nicht dein Ernst!"
„Ich hasse ihn!" Angewidert spuckte er vor mir auf den Boden. „Wenn ich nicht den Befehl hätte ihn lebend bei meinem König abzugeben, wäre schon mindestens dreimal durch meine Hand gestorben."
„Das würde ich nicht zulassen!" Mutig straffte ich die Schultern und erwiderte seinen kalten Blick.
„Ach ja?" Ein kleines Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Ich habe euch beide in der Hand. Du kannst also gar nichts tun. Es ist ganz einfach, gehorchst du nicht, bestrafe ich ihn. Gehorcht er nicht, musst du dafür leiden."
Wütend blickte ich ihn an. „Wer, zum Teufel, bist du?"
Er seufzte. „Liz, das Thema hatten wir jetzt ein paar Mal. Ja, ich bin ein Monster. Ja, ich bin ein Arschloch. Ja, du hasst mich. Ja, ich werde deinen Darian umbringen und es ist mir egal, dass dein Onkel ihn lebend will. Sind jetzt alle Fragen beantwortet?"
Trocken schluckte ich. Meine Hände zitterten.
„Du wirst deine Quittung für all das hier noch bekommen und dann werde ich daneben stehen und es genießen zu sehen, wie du leidest." Der Klang meiner eigenen Stimme überraschte mich. Sie war scharf und klar.
Erst als mein Blick auf dem Zelteingang lag, wurde mir bewusst, dass er mir gerade erneut mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen hatte.
Ein stechender Schmerz zog von meiner Wange bis hinter meine Stirn und ich keuchte auf.
„Sei still! Ein falsches Wort und du wirst spüren, was es heißt etwas zu bereuen!", zischte er und ich konnte seinen Atem auf meiner Haut fühlen.
„Willst du wissen, was ich bereue?" Tapfer versuchte ich die Tränen zurückzuhalten. „Ich bereue es, dich geliebt zu haben!"
Ich zählte nicht mit, wie oft seine Hand danach auf meine Haut schlug.
Die ersten Schläge taten weh.
Aber irgendwann war der Schmerz nur noch ein dumpfer Knoten in mir. Ich fiel zur Seite und er machte weiter. Er trat nach mir. Er schrie und schlug.
Wie lange er seiner Wut freien Lauf ließ, konnte ich nicht sagen, ich wusste nur, dass ich noch nie so dankbar war, einfach das Bewusstsein zu verlieren.

Etwas Kaltes auf meiner Stirn weckte mich ein paar Tage später. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, aber es schien unmöglich zu sein.
Dann kamen die Schmerzen.
Mein Rücken. Mein Bauch. Meine Brust. Mein Kopf.
Keuchend riss ich die Augen auf. Der dunkle Nachthimmel war das erste, das ich sah.
Wo war ich? Was war passiert? Wo war Darian?
„Sie ist wach!" Ein erleichtertes Seufzen über mir.
Und dann erinnerte ich mich wieder an alles.
David und ich. Die Schläge. Alles.
„Weg von ihr!" Seine Stimme. Sofort war ich hellwach.
Es dauerte einen kleinen Augenblick, bis ich scharf sehen konnte, aber dann klärte sich meine Sicht und ich erkannt wie David auf mich zu marschierte.
Unwillkürlich trat ich die Flucht an. Keuchend kroch ich nach hinten, auch wenn mein gesamter Körper sich anfühlte, als würde er bei der kleinsten Bewegung zerbersten.
„Na sieh mal einer an, wer wieder unter den Lebenden ist.", amüsiert blickte David zu mir hinunter.
Mein Atem wurde unruhig, als er in die Knie ging und seine Hand sich fest um mein Kinn legte.
„Da hab ich wohl ein paar Mal zu fest zugeschlagen." In seinem Blick lag Zufriedenheit und dafür hasste ich ihn umso mehr.
„Fass mich nicht an!" Meine Stimme war ein heiseres Flüstern, das ich selber kaum hörte.
„Was willst du dagegen tun?" Er legte den Kopf schief, dann beugte er sich zu mir, strich mir das Haar zur Seite und legte seine kalten Lippen an mein Ohr. „Ich könnte dich jetzt hier vor all meinen Männern vergewaltigen und keiner würde mich daran hindern. Du gehörst mir!"
Seine Hand legte sich um meinen Nacken. „Dein Körper!"
Brutal riss er meinen Kopf zurück. „Deine Gedanken!"
Langsam wanderten seine Lippen von meinem Ohr zu meinem Hals. „Dein Blut!"
Er atmete tief ein. „Alles meins! Und ich nehme mir, was ich will!"
Abrupt ließ er mich los und stand auf.
„Sperrt sie weg!", befahl er und keine Sekunde später wurde ich auf die Beine gezogen und taumelte hinter einem schmalen Mann her.


TeufelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt