Spinnenangriff

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Die nächsten Tage waren wohl die Unbeschwertesten, seit ich diese Welt betreten hatte. Und für eine lange Zeit sollten es auch die letzten sein...

Als ich morgens aus dem Schlafzimmer purzelte, welches ich mir mit Darian teilte, ahnte ich noch nicht wie schlimm dieser Tag für mich enden würde.
"Guten Morgen.", begrüßte Adams Frau mich, als sie mich hörte und lächelte.
"Morgen Lily.", grummelte ich und ließ mich gähnend auf einen der Stühle fallen. "Ihr Vampire solltet dringend mal anfangen Kaffee zu importieren."
Amüsiertes Lachen ertönte.
"Hättest dir ja welchen mitnehmen können.", grinste John, der gerade zur Tür herein kam.
"Uhh Shiiiit... Den hab ich auf meiner Liste für Sachen für den Fall, dass ich jemals von wahnsinnigen Vampiren entführt werden sollte, ganz vergessen.", meinte ich sarkastisch.
"Wahnsinnig?", echote John und zog kritisch die Augenbrauen in die Stirn.
"Sie meint wohl wahnsinnig attraktiv.", mutmaßte Darian und zog die Tür zu unserem Zimmer hinter sich zu. 

Mein Blick hing an seinem unbedeckten Oberkörper und ich musste mich zusammenreißen um ihn nicht sofort zurück ins Bett zu ziehen.
Wenn ich das täte, könnte ich für nichts mehr garantieren.
Er bemerkte, dass ich ihn anstarrte und grinste mich eingebildet an.
"Träum weiter...", grunzte ich und ließ den Kopf auf die Tischplatte fallen.
Lily verkniff sich ein Lachen, während Darian mir sanft auf die Stirn küsste und danach zu den Zwillingen nach draußen ging.
"Wo sind denn meine beiden Heldinnen?", rief er laut und lautes Gelächter antwortete ihm.
Lächelnd hob ich den Kopf wieder und beobachtete wie John sich mir gegenüber niederließ. 

"Darian wird mal ein toller Vater.", behauptete er und fing meinen Blick auf.
Fragend verzog ich den Mund. "Was willst du mir denn damit sagen?"
"Gar nichts." Seine Augen zeigten mir jedoch, dass er durchaus etwas damit sagen wollte. "Okay, vielleicht möchte ich ja Patenonkel oder so was werden...", platzte es dann aus ihm heraus.
Geschockt verschluckte ich mich an dem Tee, den Lily mir vor wenigen Sekunden vor die Nase gestellt hatte.
"Was denn?", wollte er wissen. "Ich finde das nur fair."
"Du und Onkel?", unterbrach Lucas ihn. Er stand hinter John und fischte sich etwas aus der Schale, in welcher Lily gerade herumrührte.
"Ja! Ich und Onkel.", wiederholte der Hüne dann. "Ich wäre ein toller Onkel." Stolz straffte er die Schultern.
"Also wenn ihr John als Paten eures erstgeborenen Kindes wählt, will ich das Gleiche Recht für euer zweites Kind.", warf Lucas ein.
"Keiner redet hier von Kindern!", stellte ich lautstark klar und blickte beide nacheinander mahnend an. "Vielleicht will ich ja gar keine Kinder! Schon mal darüber nachgedacht?"
"Du willst keine Kinder?" Darian stand im Türrahmen und ich sah Enttäuschung in seinen Augen aufblitzen. 

Eine unangenehme Stille hatte sich über die Küche gelegt und meine Brust fühlte sich an, als hätte mir jemand einen Betonklotz darauf gedrückt.
"Das habe ich so nie gesagt!", versuchte ich mich rauszureden.
"Also willst du nun Kinder oder nicht?", fragte Lucas und zog verwirrt die Stirn kraus.
Entsetzt fuhr ich zu ihm herum. "Das ist keine Entscheidung, die man einfach mal so zwischen Tür und Angel trifft, verdammt!"
"Naja eigentlich hat Lucas ja nicht ganz unrecht mit seiner Frage.", mischte John sich nun auch noch ein und mein Kopf begann zu surren. Ich war gerade erst aufgestanden...
"Entweder will man Kinder. Oder eben nicht." Erwartungsvoll sah er mich an, während Darians Blick sich in meinen Rücken bohrte.
Natürlich wollte ich Kindern. Das war für mich ganz klar. Aber ich war hier niemandem eine Antwort schuldig. Außer vielleicht Darian.
Ich fand nur einfach die ganze Situation suspekt. Warum sollte ich mit John und Lucas über meine Familienplanung diskutieren?
"Ja verdammt! Ich will Kinder!", seufzte ich genervt. "Wer nun letztlich Onkel wird, ist jedoch eine Diskussion, die wir führen sollten, wenn ich irgendwann in ferner - und damit meinen ich gaaaanz ferner - Zukunft schwanger sein sollte!" Warnend deutete ich mit dem Zeigefinger auf jeden einzelnen im Raum, ehe ich mich Darian zuwandte.
"So? Zufrieden?" Meine Stimme war ungewöhnlich hoch und klang etwas dünn.
Das Glitzern in Darians Augen verriet mir, dass er mehr als zufrieden war.
Etwas zu schnell schnappte ich mir meine Tasse und marschierte erhobenen Hauptes an den Herren vorbei nach draußen und ließ mich dann ein paar Meter weiter im Schatten der Bäume nieder. 

Es dauerte nicht lange, da setzten sich Hope und Grace zu mir.
Grace blickte aus ihren blauen Augen zu mir und sah mich aufmerksam an.
"Manchmal können die Erwachsenen ziemlich nerven, oder?", seufzte sie und ließ sich nach hinten in das helle Grün des Bodens fallen.
"Wem sagst du das...", murmelte ich und nippte an meinem Tee.
"Aber eigentlich sind sie ganz okay.", meinte Hope und kuschelte sich an meine Seite.
"Klar sind sie okay. Aber manchmal sind wir Älteren einfach ein wenig zu direkt...", versuchte ich es zu erklären.
"Ich weiß, dass hat Papa auch schon mal gesagt." Sie lehnte ihren Kopf gegen meinen Arm und gemeinsam beobachteten wir, wie eine Spinne auf ihre Zwillingsschwester zusteuerte.
"Sollten wir es ihr sagen?", überlegte Hope flüsternd.
"Ich denke schon...", antwortete ich genauso leise.
"Aber das würde dann ja gar keinen Spaß machen.", grinste der freche Lockenschopf.
Und so saßen wir da und sahen zu, wie das kleine achtbeinige Wesen sich über eines von Graces Beine kämpfte und schließlich auf ihrem Bauch Pause machte.
"Duuu Hope?" Das "Du" zog Grace extra lang und es klang ziemlich unschuldig, auch wenn die beiden Mädchen es faustdick hinter den Ohren hatten.
"Was ist denn Grace?" Genervt schlug sie ihre grünen Augen auf.
"Da ist ne fette Spinne auf deinem Bauch!", meinte ihre Schwester dann nur ganz unbeeindruckt.
Es dauerte keine Sekunde bis das blonde Mädchen aufsprang und wild schreiend über die Lichtung lief und nach ihrer Mutter rief.

Lachend jagte Grace ihrer Schwester hinterher und die Schreie der beiden hallten laut durch die Stille der Natur.

Ich lag den halben Tag in der Wiese und beobachtete den Himmel. Sah Wolken vorbeiziehen. Vögel. Lauschte dem Wind und dem Ruf der Freiheit.

Eine Zeit lang gesellte sich Darian zu mir. Er bettete seinen Kopf auf meinen Schoss, verschränkte unsere Hände miteinander und hielt sie gegen die Sonne.

„Sieht schön aus.", stellte er fest und lächelte sanft.

„Man könnte sich fast dran gewöhnen.", stimmte ich zu.

Er hauchte einen leichten Kuss auf meinen Handrücken, ehe er mich schief angrinste und sich langsam aufrappelte.

Ich wusste, dass er versuchte sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen, trotzdem bemerkte ich wie er sich hin und wieder an die Seite fasste und dabei das Gesicht verzog.

Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich wieder aufwachte, dämmerte es bereits.

Gähnend rappelte ich mich auf und tapste aufs Haus zu.

Lily war die Einzige, die ich dort fand. „Oh Elizabell. Die anderen sind unterwegs."

„Macht nichts.", tat ich ihre Erklärung ab. „Kann ich dir irgendwie zur Hand gehen?"

„Wenn du magst, kannst du nach den Mädchen suchen. Sie müssten irgendwo in der Nähe des Hauses spielen. Eigentlich hätten sie schon zurücksein müssen, die Dämmerung ist Sperrstunde. Manchmal vergessen die zwei das einfach."

Lächelnd strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Na klar. Ich werde mal nach ihnen sehen."

Dankbar nickte Lily.

Schnell schnappte ich mir einen von Darians Pullovern aus unserem Zimmer, ehe ich nach draußen verschwand.

Inzwischen war es dunkler als gedacht. Der Wind ließ mich Frösteln, aber wie weit konnten die beiden Zwillinge schon gekommen sein?

Hätte ich gewusst, dass ich bereits zu diesem Zeitpunkt beobachtet wurde, hätte ich mich im Haus verbarrikadiert und nie wieder verlassen. 

TeufelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt