Eins

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Sie hatten schon wieder einen gefangen. Das Opfer tat mir jetzt schon leid. Schon oft habe ich mich gefragt wie dieser Clan so verrückt und irre werden konnte. Vielleicht weil wir alle gierige Gestaltenwandler Vögel sind. Und mit gierig mein ich gierig und irre und völlig wahnsinnig. Ich könnte noch weiter machen, aber wozu? Vielleicht lag die Verrücktheit auch an der Tatsache das jedes Clanmitglied weiblich war. In diesem Clan gab es allerlei Vögel, allerdings keiner kleiner als 30 cm und alle hatten ohne Ausnahme schwarzes Gefieder. Na ja gut eine Ausnahme gab es und zwar mich. Ich bin eine Elster. Warum es nur schwarze Vögel in unserem Clan gibt weiß ich ebenfalls nicht. Soll wahrscheinlich ihre Boshaftigkeit darstellen. Jetzt wo ich so darüber nachdenke weiß ich eigentlich wenig über meinen eigenen Clan. Aber es hat mich ja auch nie interessiert. Es gab nur weibliche Nachkommen von Gestaltenwandler Vögel. Meist paarten sich die Vogelweibchen mit irgendeinem Menschen und erzeugten so ihre Nachkommen. Die anderen Gestaltenwandler hielten dies für primitiv und verachteten uns für diese Lebensweise. Klar sie waren auch nicht die Zivilisten, aber wir Vögel wurden als absolut beklopteste Rasse angesehen. Dem ich nur zustimmen konnte. Vor allem die Raben unter uns waren verkommender wie niemand anderes. Leider bestand unser Clan zum Hauptteil aus Raben. Ich ging vom Burghof in die große Halle, wo unter anderem die große Speisetafel stand. Etliche Kratzer zierten das Holz, was kein Wunder war. Hallo wir waren Vögel. Vögel ist gleich Krallen. Korrigiere scharfe Krallen. Schon von weitem hörte ich das laute kreischen und grölen.

"Elviraaaaaa", kräht meine Mutter und kam zu mir angetaukelt.

Sie hing an meinem Arm und sah mich mit ihren glasigen Augen an. In unserem Clan wurde ständig gefeiert. Ein Vorwand um sich zu betrinken und jede Menge abstoßender Spiele zu spielen. Aber die Details behalte ich lieber für mich. Wenn es keinen Grund zum Feiern gab, wurde sich einer gemacht. So wie heute.

"Wer ist es denn diesmal?", fragte ich meine Mutter seufzend und suchte schon mal gedanklich alle Sachen zum Verarzten zusammen.

Nicht selten musste ich einen Menschenmann aus den Fängen der verrückten Weiber befreien. Meistens hatte er jede Menge Schnittwunden und Prellungen, die ich erst mal zusammen flicken musste. Ich hatte meinem Clan schon oft einen Vortrag gehalten, dass dies Konsequenzen nach sich ziehen würde. Vor allem wenn andere Gestaltenwandler darauf aufmerksam wurden. Aber wie gesagt es waren alles Irre. Wahrscheinlich würden sie sich freuen wenn hier andere Gestaltenwandler auftauchen würden, nur um sich mit ihnen zu kloppen. Meine Mutter hatte angefangen zu kichern und konnte sich nicht mehr einkriegen. Ich führte sie zur Tafel und ließ sie auf eine Bank plumsen.

"Also wer ist es?", hakte ich nochmal nach, nur für den Fall das sie meine Frage schon wieder vergessen hatte.

"Wer es ist?", wiederholte meine Mutter und beugte sich verschwörerisch zu mir rüber.

"Der Junge heißt Rey und ist noch richtig niedlich anzusehen", ihre Stimme wurde immer höher und in ihre Augen trat ein Glanz der bewies das sie sehr an dem Jungen hing als Opfer. Moment hatte sie gerade Junge gesagt.

"Um Himmels Willen Ma wie alt ist er?", rief ich schockiert.

Trotzig reckte sie das Kinn vor. "Nach Gestaltenwandlerrecht ist er erwachsen", murmelte sie ohne eine Spur Reue.

Ihre Augen suchten die Flasche auf dem Tisch in dem sicher etwas hochprozentiges war.

"Hey Ravina schmeiß mal die Flasche rüber", brüllte meine Mutter über den ganzen Tisch.

Ravina ihre beste Freundin wandte sich mit einem mörderischen Grinsen zu meiner Mutter. Die Flasche kam in Sekundenschnelle zu uns rüber geflogen. Schnell trat ich einen Schritt zur Seite um dem Geschoss zu entgehen. Meine Mutter hatte nicht so viel Glück. Außerdem war sie schon angetrunken und konnte deshalb nicht ausweichen. Mit einem Knall traf die Flasche die Stirn meiner Mutter und zersprang in Scherben. Eine hässliche Platzwunde erschien auf ihrer Stirn, doch anstatt sich Sorgen deswegen zu machen, grinste meine Mutter ihre beste Freundin Ravina bösartig an, nur um in der nächsten Sekunde über den Tisch zu hechten und sich auf sie zu stürzen. Ich rieb mir die Schläfe um das Pochen zu vertreiben das sich langsam bemerkbar machte. Ich sag ja wahnsinnig, denn meine Mutter und Ravina waren nicht die einzigen die sich auf dem Boden kloppten.

"Ey missratende Tochter, kannst dir ja mal das Wölfchen ansehen das wir gefunden haben", schrie meine Mutter ohne ihren Kampf zu unterbrechen.

Wölfchen? Meinte sie damit Wolf und somit Gestaltenwandler. Laut fluchend bahnte ich mir meinen Weg durch die Menge um zu meiner Mutter zu gelangen. Ein Kreis aus Anfeuernden hatte sich um sie gebildet. Immer wieder sah man Krallen aufblitzen, ein Ergebnis der Teilverwandlung die nur an den Händen passierte. Ich drängte mich ganz nach vorne, riss meine Mutter am Kragen nach oben und stellte gleichzeitig einen Fuß auf Ravina's Rücken um sie unten zu halten. Aus der Zuschauermenge wurden Buhrufe laut

"Von welchem Rudel?", zischte ich meiner Mutter zu und schüttelte sie. Ravina versuchte sich zu befreien und ich verlagerte mein Gewicht.

Meine Mutter spuckte Blut aus und wischte sich über das Gesicht, was nicht viel nützte, denn aus zahlreichen Kratzern floss neues Blut. Das verdammt stolze Grinsen das sie im Gesicht trug, ließ mich Böses ahnen.

"Auch wenn du es nicht glauben willst, aber wir haben den Sohn des mächtigen Anführers vom Dark Moon Rudels." Zum Ende hin schrie sie vor Begeisterung und riss die Arme in die Höhe.

Laute Jubelrufe kamen von der Menge und nacheinander fielen auch die mit ein, welche eigentlich nicht wussten worum es ging. Ich hingegen war entsetzt. Auf der ganzen Welt wussten alle Gestaltenwandler das es ungeschriebenes Gesetz war, das Rudel des Dark Moon Clans in Ruhe zu lassen. Denn ihr Land war so gewaltig und ihre Zahl so groß, dass es schon mehrere Rudel gab. Es war also ein Clan aber mehrere Rudel. Legst du dich mit einem an, legst du dich mit allen an. Nicht zum ersten mal in meinem Leben überlegte ich die ganzen Irren einfach ihren Schicksal zu überlassen und abzuhauen. Aber mal ganz ehrlich, auf verkorkste Art und Weise war das hier mein Zuhause. Fragt sich nur wie lange es noch erhalten blieb.

Black Bird  Kristall und Feder Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora