Sechzehn

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"Du wirst eine bestimmte Aufgabe haben, welche müssen wir noch herausfinden. Du akzeptierst die Rudelhierachie, denn nur so ist die innere Sicherheit gewährleistet und es gibt Leute die dich unterstützen um dir die Anpassung zu erleichtern. Allerdings wirst du ihren Anweisungen unmittelbar folge leisten."

Ein spöttisches Schnauben von Brians Seite, ließ mich meinen konzentrierten Blick von Fenris nehmen.

"Sie weiß nicht was Arbeit bedeutet, sie wird unser Rudelleben nicht verstehen, weil ihr verrückter Clan ganz anders funktioniert und sie wieder spricht ständig, kann also im Ernstfall auch keine Befehle befolgen", zählte er auf.

Verärgerung kroch in mir hoch.

"Hey, nur weil du glaubst ich wäre zu blöd zum Anpassen, heißt das nicht, dass das auch so ist."

Den Ich hab's dir doch gesagt Blick, den er daraufhin Fenris zu warf ließ mich mit den Zähnen knirschen. Ich sah Fenris direkt an und bemühte mich einigermaßen gefasst auszusehen.

"Okay, vielleicht stimmt es was Brian gesagt hat. Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen."

Den letzten Teil knurrte ich in Brians Richtung. Tja das war's dann mit dem gefasst wirken. Leider beachtete mich Brian überhaupt nicht, sondern starrte nur seinen Bruder an als wolle er sagen Du kennst meine Meinung. Ich sah ebenfalls zu Fenris. Immerhin hatte er das letzte Wort in der Angelegenheit. Aus seiner Miene konnte man nichts entnehmen.

"Elvira, ich vertraue darauf, dass du dich wirklich bemühst und Brian du darfst das in den nächsten Stunden überprüfen. Am Ende des Tages kannst du mir dann Bericht erstatten."

Brian sah aus als hätte er in eine Zitrone gebissen.

"Ich werd bestimmt nicht den Aufpasser für sie spielen, wenn ich wichtigeres zu tun hab."

"Elvira würdest du bitte einen Moment draußen warten?"

Fenris Stimme klang beunruhigend sanft. Kurz erwog ich nicht raus zugehen. Einfach weil ich Angst hatte sie würden sich die Köpfe einschlagen. In Sachen wie klein beigeben, schienen nämlich Brian und Fenris nicht so gut zu sein. Glückerlicherwise klopfte es an der Tür und nahm mir die Entscheidung ab. Sarah streckte den Kopf in den Raum.

"Rey wo bleibst du denn? Das Training hat doch schon angefangen."

Ein sichtlich erleichtertes Wölfchen sprang auf und verschwand eilig im Gang. Schlau. An seiner Stelle wäre ich auch gegangen, wenn zwischen Brian und Fenris die Fetzen fliegen. Sarah betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich.

"Würde mich bitte einer aufklären?"

Huh, hatte sie einen sechsten Sinn oder wieso hatte sie die verzwickte Situation sofort erkannt. Da weder Fenris noch Brian Anstalten machten das Problem zu erklären, fühlte ich mich dazu genötigt.

"Fenris will mich nicht ohne Aufsicht ins Rudelleben lassen, Brian sollte das für diesen Tag übernehmen, der will aber nicht den Babysitter für mich spielen, was ich echt verstehe, denn ich brauche keinen."

So einfach war das zusammengefasst. Und ich hatte sogar noch meine Meinung hinten ran gehängt.

"Ach darum geht's."

Sarahs Stimme klang leicht spöttisch als würde sie über Brian und Fenris lachen. Ich sag ja, verrückte Frau.

"Tja in dem Falle werd ich Elvira begleiten. Und zeig ihr wie das alles funktioniert."

Jetzt regte sich Brian.

"Hervorragende Idee. Dann kann ich mich ja jetzt um Wichtigeres kümmern."

Mit diesen immer noch verärgerten Worten stapfte er an uns vorbei und knallte beim Rausgehen die Tür hinter sich zu. Sobald er weg war, schlug Fenris die Faust auf den Tisch. Ich zuckte zusammen. Sarah hingegen ging unbefangen zu ihm hin und strich ihm lebensmüde über den Arm.

"Du hast den Streit nur aufgeschoben, nicht verhindert."

Fenris Stimme klang noch rau vor Wut. Aber seine Geste war liebevoll als er ihre Hand in seine nahm und einen Kuss drauf hauchte. Peinlich berührt starrte ich weg und überlegte die beiden allein zu lassen.

"Fenris, dass ist mir klar. Aber wenn zwei Alpha vom Rudel sich streiten, sollte es nicht nach außen dringen. Es würde unser Rudel verunsichern und uns angreifbar machen. Niemand weiß so wie ich, dass ihr euch nur mal richtig austoben müsst, um euch wieder zu vertragen." Okay ja definitiv Zeit zu verschwinden. So leise wie möglich huschte ich zu Tür und trat aus dem Raum. Bevor ich die Tür leise schloss, sah ich noch wie Fenris sich zu Sarah runter beugte. Igitt, das wollte ich nun wirklich nicht sehen. Vor der Tür warten, fühlte sich blöd an. Also ging ich nach unten in den Burghof, wo die jungen Wölfe trainierten. Ein schlanker sehniger Mann lief die Reihe der Auszubildenen ab und korrigierte hier und da ihre Haltung. Sie alle hatten Bogen in der Hand und schossen auf Zielscheiben. Das Wölfchen stellte sich erstaunlich geschickt an. Ich trat etwas näher ran. Die ersten Jugendlichen bemerkten mich, hielten inne und starrten mich an. Super. Das war das Letzte was ich wollte. Schnell huschte ich an ihnen vorbei zu Rey.

"Hey."

Ich tippte ihn an. Er zuckte scharf zusammen und fluchte. Unkontrolliert flog der Pfeil durch die Luft und landete meilenweit entfernt vom Ziel. Rey drehte sich um.

"Elvira, erschreck mich doch nicht so."

Man hörte ihn seinen nachlassenden Schreck an. Ich grinste und zeigte dabei meine Zähne.

"Bist du etwa ängstlich, Wölfchen?"

Finster starrte er auf mich hinunter und sah seinem Onkel dabei ungemein ähnlich. Ein leises Lachen neben uns ließ uns beide gleichzeitig den Kopf drehen. Ein Mädchen ungefähr in Reys Alter zielte auf eine der Übungsscheiben. Ihre Augen funkelten belustigt und obwohl sie nicht uns sondern ihr Ziel visierte, hatte ich das Gefühl sie würde über uns lachen.

"Rey hast du etwa vergessen mir was zu sagen?" Ihre Stimme klang unglaublich weich und geschmeidig. Ihr ganzer Körper drückte Eleganz aus. Ihre Körperspannung war perfekt. Also glaub ich. Es sah jedenfalls sehr gut aus, wie sie den Bogen spannte.

"Hast du etwa Angst vor einer Vogelwandlerin?"

In gleichem Moment wie sie Rey die Frage stellte, ließ sie den Pfeil los. Er traf in die Mitte. Und spaltete einen anderen Pfeil, den sie offenbar davor geschossen hatte. Ich schluckte. Ich glaub ich mochte sie nicht. Nicht nur weil ihre Stimme so herablassend von Vogelwandlerinnen gesprochen hatte, sondern auch weil sie Rey ärgerte. Das war eigentlich mein Job. Jetzt drehte sie sich zu uns um und musterte mich genau. Ihr scharfer Blick glitt über mich und am liebsten hätte ich mich geduckt.

"Du darfst seine Ängstlichkeit nicht so persönlich nehmen. Eigentlich hat er vor allem Angst, was kleiner ist als er."

Kurz starrte ich sie verständnislos an. Dann erst ging mir auf, dass sie von Rey sprach. Und das Funkeln in ihren Augen sagte, dass sie ihn mehr neckte als ärgerte. Vielleicht überlegte ich mir das mit dem nicht mögen nochmal. 

Black Bird  Kristall und Feder Where stories live. Discover now