Elf

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"Siebenundneunzig, Achtundneunzig, Neunundneunzig, Hundert", brüllte ich und zog an meinen Fesseln.

Natürlich hatte ich nicht bis Hundert gezählt so wie Brian es mir geraten hatte. Na gut er hatte es mir befohlen. Nachdem ich wohl etwas zu heftig rumgezappelt hatte, hatte er einfach das Laken genommen und mir meine Arme über dem Kopf festgebunden. Mit dem Befehl wieder runterzukommen und bis Hundert zu zählen, hatte er mich allein gelassen. Ich hatte keine Ahnung was Fenris, Sarah, Brian und Rey dort draußen besprachen und es machte mich irre. Ich bereute ein bisschen, dass ich gleich so hoch gegangen war. Zumal es gar nicht so schlecht war, wenn die Zimmer wieder benutzbar waren. Sobald wir die Wolfswandler vertrieben hätten, könnte unser Clan die Zimmer benutzen. Ich zerrte an den Fesseln und wand mich. Hörte aber gleich wieder mit dem Gezapprl auf als mich die Schmerzen aufstöhnte ließen. Die Tür öffnete sich und Brian trat in den Raum. Hinter ihm folgte der Rest und verteilte sich im Raum. Anscheinend übernahm Brian das Reden, denn er blieb vor meinem Bett stehen und schaute auf mich herunter.

"Sag mal Federvieh, wie viel weißt du von den Wandlergesetzen?"

"Äh..."

Anstatt mich überlegen zu lassen, sprach er einfach weiter. Wozu fragte der Kerl eigentlich? Verdrossen klappte ich den Mund wieder zu und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Ich fühlte mich etwas unwohl mit den vermutlich mächtigsten Gestaltenwandler in einem Raum ohne mich bewegen zu können.

"...so etwas nennt man Ausgleich und sag mal hörst du überhaupt zu?"

Brians verärgerte Knurren lenkte meinen Blick wieder auf ihn.

"Tut mir leid aber ich fühle mich etwas hilflos in dieser Positionen. Vielleicht wärst du so nett und hilfst mir."

Ich klimpert mit den Wimpern und versuchte möglichst unschuldig auszusehen.

"Ich find auch wir sollten Elvira los binden", ließ das Wölfchen vernehmen.

Ha, wer sagt's denn. Ich bin ein Naturtalent im Verführen. Leider schien das nur bei Wölfchen zu fruchten, denn Brian verschränkte lediglich die Arme und hob eine Augenbraue.

"Gehst du dann wieder auf mich los, wenn dir was nicht passt?"

Ich schüttelte eifrig den Kopf.

"Auch nicht wenn ich dir sage, dass wir nach Gestaltenwandlerrecht eine Wiedergutmachung fordern konnten und dies eure Burg war."

Mir entgleisten die Gesichtszüge.

"Och ne, was für eine Katastrophe."

Ich schloss dramatisch die Augen.

"Sei froh dass wir keine andere Rache gefordert haben", ertönte Brians nervige Stimme.

Ich brummte nur irgendwas unverständliches.

"Gebt mir noch eine Sekunde um das zu verarbeiten", meinte ich melodramisch.

"Was wird eigentlich aus meinem Clan", unterbrach ich mit einem Mal die kurze Stille.

"Ihr werdet euch woanders niederlassen müssen", antwortete diesmal Fenris.

Ich riss meinen Kopf zu ihn rum.

"Sagt Ihnen das auf keinen Fall. Ihr wisst nicht was ihr damit lostretet. Sie würden verärgert versuchen euch zu vertreiben und dann könntet ihr doch noch andere Rache fordern und..."

"Ist ja gut", lachte Sara und unterbrach meine Panikattacke damit. "Was schlägst du vor, sollen wir machen?"

"Lasst sie einfach da wo sie sind?"

Brians ungläubiges Lachen verärgerte mich.

"Glaub mir, dass ist das Beste was ihnen passieren kann", erwiderte ich schnippisch und blinzelte ihn sauer an.

"Könntet ihr mich jetzt eigentlich losmachen?"

Zur Verdeutlichung rukte ich am Laken. Seufzend trat Brian näher und beugte sich über mich. Sein Geruch traf mich unerwartet und ich atmete unauffällig tiefer ein. Wer hätte gedacht, dass das Fellknäuel so gut roch. Was natürlich nicht hieß, dass ich jetzt irgendwie auf ihn stand. Es war einfach nur ein Fakt, dass er gut roch. Nach Wald und Kiefern und... Bevor ich noch mehr ausmachen konnte, ging er wieder auf Abstand. Ich rieb mir meine Handgelenke und richtete mich vorsichtig auf. Wobei ich unauffällig das Gesicht verzog um nicht vor Schmerzen zu stöhnen.

"Wie kommt es eigentlich, dass du so zugerichtet bist?", fragte Sara neugierig.

Rey antwortete für mich.

"Ihr Clan war es."

Verärgerung und unterdrückter Zorn schwangen in seinen Worten mit. Richtig süß, wie sich das Wölfchen um mich sorgte. Fenris und Sara sahen ihn verständnislos an. Brian hatte mich und Rey ja erwischt. Dementsprechend wusste er auch schon ein bisschen mehr.

"Warum denn das?", knurrte Fenris leise und sah mich mit scharfem Blick an.

Jetzt hatte ich die Aufmerksamkeit aller, denn den Grund wusste noch keiner.

"Äh na weil sie sauer waren, weil ich das Wölf...äh Rey befreit habe. Weil ich es getan hatte ohne sie zu fragen, waren sie sauer. Insbesondere meine Ma."

Automatisch hob ich die Hand zu meinem blauen Auge. Das war nicht mal gespielt gewesen. Denn in Wirklichkeit war meine Ma immer noch sauer, weil ich ihr das Wölfchen weggenommen hatte. Nur aus diesem Grund machte ich bei ihrem verrückten Plan mit und versuchte Brian zu verführen. Die Betonung liegt auf versuchen. Eigentlich war Fenris ja hier der Boss. Aber der hatte schon eine Frau. Brian nicht. Obwohl jetzt wo ich so nachdachte, wusste ich gar nicht ob er vergeben war. Ich ging einfach mal nicht davon aus. 

"Also haben sie dich aus deinem Clan verstoßen", das Wölfchen klang entsetzt, "obwohl du mir nur geholfen hast?"

Ich winkte ab.

"Das ist nur eine vorübergehende Trotzphase meiner Mutter. Die kriegt sich schon wieder ein."

Rey sah mich immer noch fassungslos an, verkniff sich aber eine Bemerkung.

"Tja, also so wie es aussieht, kannst du aufgrund deiner Verletzungen und der Abneigung deines Clanes gegen dich, nicht zurück", sagte Fenris bedächtig.

Misstrauisch sah ich ihn an. Worauf wollte er hinaus.

"Elvira, wärst du bereit die Regeln und Hierarchien im Rudel zu akzeptieren und zu befolgen, wenn ich dir anbiete übergangsweise hier zu leben. Du wärst eine große Hilfe, denn ich vermute du kennst dich in der Burg besser aus als jeder andere."

Sprachlos sah ich Fenris an. Er machte mir nicht gerade ernsthaft das Angebot hier zu bleiben und im Rudel zu leben. Oh ha, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Black Bird  Kristall und Feder Where stories live. Discover now