Achtundzwanzig

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Wir erreichten die Stadt, welche zum Rudelterritorium gehörte zur späten Mittagszeit. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung zum großem steinernen Gebäude in dem das Rudel lebte. Warum hatten die Wolfswohnhäuser eigentlich immer Ähnlichkeit mit dunklen gruseligen Höhlen? So viel zum Thema Evolution. Okay ich gebe zu unsere Burg war auch veraltet gewesen. Aber für meinen Clan war es schon eine Herausforderung gewesen sich überhaupt einen Unterschlupf zu suchen. Wir wurden nicht aufgehalten als wir durch die Straßen ritten. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass die Wölfe schon längst von unserer Anwesenheit wussten. Abgesehen davon hatte Fenris sie vielleicht auch schon über einen Boten informiert. Die Leute in der Stadt wussten anscheinend noch nichts von unseren Besuch. Denn sobald wir von Bewohnern gesichtet worden waren, bildete sich eine Menge, die uns begleitete. Ich hatte manchmal echt Angst, dass die Kinder vor die Hufe geraten konnten. Aber unsere Pferde ließen sich nicht aus der Ruhebringen von der quirligen Bande. Und Brian, Rey und Juno wussten Gefahren aus dem Weg zu gehen. Plötzlich versteifte sich Brian hinter mir und stoppte sein Pferd. Ich drehte mich fragend zu ihm um und sah wie er in die Menge starrte.

"Halt mal kurz", murmelte er und drückte mir die Zügel in die Hand.

Und dann stieg er ab und ließ mich auf dem Pferd sitzen. Allein! Ich erstarrte und verkrampfte mich. Brians Pferd begann daraufhin unruhig zu tänzeln. Nein, Nein, Nein. Wie konnte Brian mich hier oben alleine sitzen lassen. Erschrocken zog ich die Zügel ran als das Pferd probehalber einen Schritt nach vorne machte. Es warf unwillig den Kopf hoch. Ich quitschte erschrocken. Dann war Rey neben mir und griff sich die Zügel.

"Lass locker Elvira. Ich pass schon auf."

Beruhigend lächelte er mich an. Ich überließ ihm nur allzu bereitwillig die Zügel. Und siehe da. Sobald ich sie nicht mehr in der Hand hielt, wurde das Pferd lammfromm. Ob es eine Abneigung gegen mich hegte? Darüber nachdenken konnte ich nicht wirklich, denn wir setzten uns wieder in Bewegung. Ich und Rey fast nebeneinander und hinter uns Juno mit Perle, auf der ich eigentlich die Reise hätte antreten sollen. Jetzt musste sie Packesel spielen. Wahrscheinlich mochte sie mich deswegen auch nicht. Ich sollte wirklich aufhören die Pferde zu verärgern. Kurz vor dem Stadtrand sah ich Brian aus einer Nebengasse kommen. Hinter ihm schlich eine ziemlich erbärmlich aussehende Gestalt. Eingezogener Kopf, hängende Schultern und schlurfende Schritte? Der junge Mann sah aus wie ein getretener Hund. Oder als hätte er eine deutliche Ansage von einem sehr wütenden Brian bekommen. Jedenfalls schloss ich von Brians finsteren Gesichtsausdruck darauf. Rey hatte die beiden auch bemerkt und hielt an.

"Was los Wölfchen, hast du endlich Freunde gefunden?", spottete ich.

"Witzig", bemerkte Brian sarkastisch, "darf ich vorstellen, dass ist Arnold mein Cousin, seit Wochen verschwunden und gerade ebend wieder aufgetaucht, will nicht zurück zum Rudelhaus, sagt mir aber auch nicht in welchen Schwierigkeiten er steckt."

Wow, wenn Brian so gesprächig wurde, musste er wirklich sehr wütend sein. Arnold war bei der Ansprache immer mehr in sich zusammen gesackt. Wenn er sich weiter so duckte, würde er bald im Boden verschwinden.

"Und jetzt?", fragte Rey.

Brian kam zu mir und schwang sich wieder hinter mir in den Sattel.

"Jetzt gehen wir trotzdem zum Rudelhaus und Arnold kann seiner Mutter selbst erklären warum er sich nicht gemeldet hat."

Oh ha. Der Alpha hatte aus Brian gesprochen. Eigentlich setzte er seine natürliche Dominanz selten ein. Arnold schlurfte zu Rey, der ihm netterweise aufs Pferd half. Ich für meinen Teil war vor allem froh nicht mehr das Pferd allein lenken zu müssen. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten wir das Domizil der Wölfe. Aus der Tür kam sofort eine Frau gelaufen. Streng zurück gebundenes Haar, leicht ergrauter Ansatz und ein sehr fordernder Blick, der sich sofort auf Arnold richtete.

"Ich hoffe du hast eine gute Erklärung, Sohn", waren ihre ersten Worte als sie bei uns war. Dann wandte sie sich zu Brian.

"Deine Eltern müssen irgendwas richtig gemacht haben. Du und Fenris wart immer so gute Söhne."

Ein Husten entfuhr mir. Das ich schnell in ein Räuspern umwandelte. Bei Fenris und Brian konnten ja jetzt noch die Fetzen fliegen, wenn sie anderer Meinung waren. Wie sollte das denn ausgesehen haben als sie jünger waren? Ein durchdringender Blick traf mich.

"Und wer ist das?"

Eine Augenbraue hochgezogen musterte mich die Frau. Ihr Blick war abschätzen und ich hatte schon eine passende Antwort doch Brian kam mir zuvor.

"Das ist Elvira aus dem Vogelclan der Black Birds."

Jetzt zog ich eine Augenbraue hoch. Seit wann hatte unser Clan einen Namen? Und wieso bestimmte ihn Brian? Der Frau schien die Antwort zu genügen, denn sie nickte kurz.

"Mein Name ist Faola und ich bin die Alpha des Rudels, dass zum Dark Moon Rudel gehört."

Damit war ihre Ansprache beendet. Sie drehte sich um und ging zum Rudelhaus.

"Mitkommen Arnold!"

Ich sah aus dem Augenwinkel wie er zusammen zuckte und schnell vom Pferd rutschte, um seiner Mutter zu folgen. Brians Pferd setzte sich auch wieder in Bewegung. Er lenkte es einmal ums Haus herum und siehe da ein Stall erschien. Brian sprang wie immer leichtfüßig vom Pferd. Ich hingegen... Ja machte es nicht ganz so gewagt. Vorsichtig schwang ich ein Bein über den Pferderücken und rutschte mit Schwung am Sattel nach unten. Ein bisschen zu schwunghaft. Ich knickte mit dem Fuß weg und stolperte gegen Brian. Netterweise fing er mich auf und stellte mich wieder auf die Füße.

"Danke", murmelte ich und bekam doch tatsächlich rote Wangen.

"Kein Problem, Federvieh."

Schwups schon floss mein Blut wieder aus meinem Kopf. Was ein selbstgerechter Spruch und selbstzufriedenes Grinsen nicht alles bewirken konnte. Zwei unbekannte Männer kamen aus dem Stall und begrüßten Brian wie einen Bekannten. Rey verwuschelten sie nur die Haare und vor mir und Juno deuteten sie eine leichte Verbeugung an. Wow, gab es Gentleman etwa nur in diesem Clan. Brian hatte sich mir gegenüber nie so verhalten. Er schien meinen Blick gespürt zu haben und deutete mit einem Grinsen eine spöttische Verbeugung in meine Richtung an. Ich hasste es, wenn er gute Laune hatte. Komischerweise verdarb das dann immer meine.

Black Bird  Kristall und Feder Where stories live. Discover now