Dreizehn

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Um den nächsten Wolf zu finden, brauchten wir schon länger. Glücklicherweise kannten ihn seine Freunde sehr gut. Denn er hatte sich in der Vorratskammer versteckt. Genauer gesagt im Mehlsack. Ich grinste bei seinem weißen Anblick.

"Ich glaub nicht, dass Fenris so begeistert sein wird, wenn ihr die Lebensmittel ruiniert."

"Genau Brutus", schimpfte Mason, welcher inzwischen wieder mit uns sprach.

Der andere Welpe hieß übrigens Micha und war ziemlich ruhig. Seit wir ihn unterm Tisch gefunden hatten, hatte er kein Wort gesagt. Ich glaube er war schüchtern. Oder er hatte einfach keine Lust was zu sagen. Brutus jedenfalls sah sehr betroffen aus. Ich verrenkte die Augen. Wehe er hatte jetzt ein schlechtes Gewissen. Gerade weil es die Wölfe nicht gut finden würden, fand ich es super.

"Nächstes mal versteckst du dich einfach hinter den Lebensmitteln und nicht drin. Okay?"

Wow ich konnte sogar nett sein. Brutus nickte, sah aber immer noch nicht auf.

"Andererseits", ich griff in das Mehl und holte eine Hand heraus,"habt ihr vermutlich genug Mehl. Und jetzt ist der Sack eh geöffnet."

Ich nahm eine Handvoll und schleuderte sie auf Tayo. Der sah mich erst verdutzt an. Dann warf er sich mit einem Kriegsschrei auf mich. Lachend ließ ich mich auf den Mehlsack plumsen, der sofort eine staubige Wolke über uns verteilte. Ich griff wieder ins Mehl und warf auch etwas auf Mason, der mich beleidigt ansah, sich dann aber auch Mehl griff und anfing Noah und Brutus zu bewerfen. Lachend stand ich auf und setzte Tayo ins Mehl. Der fing sofort an wieder Mehlwolken zu produzieren. Ich entfernte mich vorsichtig um nicht bemerkt zu werden. Hach, schade dass ich die erschrockenden Mienen der erwachsenen Wölfen nicht sehen konnte, wenn sie das Chaos sahen.

"Sollten wir nicht noch Josh suchen?", warf Noah irgendwann ein.

Ich stutzte. Stimmt. Ein Wölfchen fehlte noch. Tayo sprang auf.

"Okay dann lasst ihn uns noch suchen."

Brutus schaute sich skeptisch um.

"Und wer beseitigt hier das Chaos."

Ich schaute ihn ungläubig an.

"Lasst es doch einfach so."

Bei meinem Vorschlag drehten sich alle zu mir um. Ungläubigkeit schlug mir entgegen.

"Fenris reißt uns den Kopf ab", protestierte Tayo.

"Brian sagt immer, wir sollen für unsere Taten Verantwortung übernehmen", warf Mason noch hochmütig hinterher.

Tatsächlich fingen sie an den Besen zu holen.

"Okay ich mach's."

Erst nachdem ich es ausgesprochen hatte, merkte ich, dass ich gerade vorgeschlagen hatte zu helfen. Die erhellten Gesichter der Welpen bestätigte mir, dass ich gerade einen gravierenden Fehler gemacht hatte.

"Ihr geht dafür aber Josh suchen."

Ich konnte nicht mal blinzeln, da waren schon alle aus dem Raum gestürmt. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass selbst wenn sie Josh fanden, nicht wiederkommen würden. Seufzend schnappte ich mir den Besen und fegte das Mehl auf einen Haufen. Wenigstens kannten sie das Wort aufräumen. Mein Clan hätte die Sauerei einfach so gelassen. Ich wusste nicht mal ob sie wussten wie man so etwas machte. Gut ich hätte es auch so gelassen aber aus anderen Gründen. Aber da sonst die kleinen Rabauken aufgeräumt hätten, übernahm ich das gnädigerweise. Okay eigentlich hatte ich auch angefangen. Aber Hey wer konnte denn ahnen, dass die kleinen Racker sonst selbst die Sauerei beseitigt hätten. Ich kehrte das Mehl auf eine Schaufel und ging nach draußen auf den Burghof. Dort lehrte ich die Schaufel und klopfte meine Sachen nebenbei noch ab. Plötzlich stürmte Tayo aus der Burg.

"Elvira du musst uns helfen, bitte sofort."

Seine angsterfüllten Augen ließen mich nicht zögern. Ich sprintete zu ihm. Als er sah das ich ihm folgte, drehte er sich um und rannte los. Ich lief ihm hinterher.

"Was ist passiert?"

"Josh... Er ist aufs Dach geklettert und... und abgerutscht", keuchte er.

Seine Kondition ließ nach. Aber das machte nichts. Ich wusste genau was er meinte. Es gab nur eine Stelle von der aus man aufs Dach kam.

"Tayo du wartest unten am Tor auf jemanden aus deinem Rudel. Verlass die Burg aber nicht!", rief ich noch hinterher nachdem er sich umdrehte und auf den Weg machte.

Ich sprintete die steilen Treppen hinauf und kam nach einer gefühlten Ewigkeit unterm Burgdach an.

"Stopp!" Mein etwas atemloser Befehl erreichte Tayos Freunde gerade noch rechtzeitig.

Mason hatte gerade aus dem offenem Fenster klettern wollen. Ein morscher Balken reichte von dort aus bis zum Dach des Nebengebäudes. Ich rannte zum offenem Burg Fenster und kniete mich hin. Ich drehte mich zu den Welpen um und warf ihnen einen scharfen Blick zu.

"Keiner folgt mir egal was passiert, verstanden."

Die eingeschüchterten Mienen ließen mich hoffen, dass sie den Befehl befolgten. Ich drehte mich wieder um und fing in Schneckentempo an zu klettern. Ich sah Josh, der sich schluchzend mit beiden Händen festkrallte. Normalerweise tanzte ich über den Balken und hatte keine Angst davor zu fallen. Erstens war ich ein Vogel und konnte im Notfall fliegen und zweitens war ich mir sicher dass der Balken mein Gewicht aushielt. Wie es allerdings mit der Summe aus meinem Gewichts und dem des Welpens aussah, wusste ich nicht. Inzwischen hatte sich sein Schluchzen zu einem Schniefen entwickelt. Ich hasste den hoffnungsvollen Blick mit dem er mich ansah. Das übertrug mir die Verantwortung diese Sache hier möglichst effektiv zu beenden. Ich löste eine Hand vorsichtig vom Balken gerade als er ein ohrenbetäubendes Knarren von sich gab. Ich verzog das Gesicht, nur um gleich wieder meine Gesichtsmuskeln zu entspannen, denn ich hatte die Panik im Gesicht des Welpens gesehen.

"Hey Kleiner, ganz schön mutig dafür, dass du noch so jung bist. Gib mir mal deine Hand damit wir dich hier runter holen, sonst kannst du den anderen ja gar nicht erzählen wie mutig du warst."

Ja ja ich weiß. An meinen Aufmunterungssprüchen musste ich noch arbeiten. Aber es klappte. Josh löste verkrampft eine Hand und streckte sie meiner entgegen. Ich lehnte mich etwas weiter vor und genau in dem Moment senkte sich der Balken weiter ab. Josh schrie auf und verlor den Halt. Ich hechtete gerade noch vor und packte ihn an seiner ausgestreckten Hand. Jetzt lag ich quer über dem Balken, Josh an meiner Hand. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass bei der kleinsten Gewichtsverlagerung der Balken zusammenbrechen würde.

Black Bird  Kristall und Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt