Kapitel 23 - Meine Rettung hat braune Augen

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In meinem Zimmer war es dunkel. Zumindest dunkler als sonst. Gerne hätte ich jetzt geweint, aber ich konnte nicht. Dazu war ich viel zu aufgewühlt, um mich in die sanften Wellen der Tränen fallen zu lassen. Wie konnten sie mir das antun!? Meine geliebte Familie wollte mich zu einem Umzug nach Berlin zwingen!? Aber ich wollte doch gar nicht! Was wäre mit Dado? Mein bester Freund war wegen Micha eh schon am Boden zerstört, aber wenn ich ihn jetzt verlassen sollte!? Was wäre dann!?

Ich sah in den Spiegel und erblickte einen ausgezerrten Jungen, mit lächerlich blassem Gesicht und diesen stechend grünen Augen, das einzige Schöne an mir. Ich dachte an die Party. Meine Familie war mir egal. Ich würde hingehen. Ohne zu fragen. Mir doch egal.

Trotzig griff ich in die Kiste neben meinem Bett, holte eine Bürste heraus und bürstete durch meine Haare, bis sie einigermaßen okay aussahen, um sie dann mit Gel zu festigen. Eine Ladung Creme ins Gesicht und den Abdeckstift meiner Mutter auf diesen einen hartnäckigen Pickel, der sich auf meiner Nase gebildet hatte.

Dann zog ich mir noch eine schwarze Jeans und einen hellgrünen Hoodie an, der einfach einzigartig zu meinen Augen passte, dass es mir echt gefiel. So könnte ich auf die Party gehen! Ein Blick auf die Uhr sagte mir, Palle würde in zehn Minuten kommen. Also schmiss ich noch kurz mein Handy, ein Headset, eine Wasserflasche und vorsichtshalber die Bürste in meinen schwarz - weißen Turnbeutel und lud ihn auf meinen Rücken.

Die Tür quietschte leicht, als ich sich versuchte, so leise wie möglich zu öffnen. Ich lauschte. Unten gab es keine Reaktion. Leise und souverän bewegte ich mich durch unseren Flur und die Treppe hinab, bis ich die Stimmen meiner Familie im Wohnzimmer vernahm.

"Er hat sich noch nie so eigenartig verhalten."

"Es ist wirklich besser, wenn er zu uns zieht"

"Papa würde sich auch freuen, ihn wieder zu sehen."

Ich biss mir sauer auf die Zähne. Ich wollte meinen Vater nicht wieder sehen, weil ich ihn nicht mochte. Noch nie gemocht hatte!

Aber ich schaffte es, Ruhe zu bewahren und schlüpfte draußen aus der Haustür.

Irgendwie war es komisch. Das erste Mal, dass ich abhaute, um eine Party zu besuchen. Zudem hatte ich noch nie eine Party besucht! Und Palle.... Mein Herz pochte bei dem Gedanken an ihn und ich spürte die Hitze in meinem Kopf.. Er hatte mich eingeladen.

Das war so eine unglaublich große Ehre! Auch, wenn ich nicht ganz verstand, was das zu bedeuten hatte.

"Na, Kleiner? Hübsch siehst du aus." Mit diesen Worten begrüßte mich Palle an seinem Auto, welche meinen Puls in einer Millisekunde auf 180 brachten und ich mit meinem Atem rangelte.

"Ähh... D-danke. Du bist meine Rettung, Palle!", stotterte ich und stieg sofort ohne Bedenken in das Auto ein. "Warum das denn? Streit mit deiner Mum?", fragt er mich sanft, während er sich ebenfalls setzte und den Schlüssel ins Auto gleiten ließ.

"Joa, so ähnlich.", erklärte ich betrübt und sah zu ihm. Es war unverkennbar, dass auch er sich hübsch gemacht hatte. Haare tip top gestylt und hochgegelt. Augenringe abgedeckt und einen schönen Hoodie, der aber um einiges wertvoller aussah, als meiner.

"Willst du darüber reden?"

"Nein."

Und somit war das Thema beendet, die restliche Zeit der Fahrt schwiegen wir, bis Palle auf einmal zu reden begann.

"Deine Worte im Park haben mich übrigens sehr fertig gemacht."

Mehr kam nicht. Nur dieser Satz, indem allerdings soviel Gefühl steckte, wie mein Fahrer aufbringen konnte.

"Ich habe darüber nachgedacht.", redete er weiter, als er keine Antwort von mir erhielt. "Du hast Recht, ich lebe nicht in der Steinzeit. Aber... Mein Argument war doch auch logisch, oder nicht?" Palle klang plötzlich so verunsichert, wie ich ihn selten erlebt hatte. So niedergeschlagen, so betrübt.

"Für dieses Thema gibt es keine Argumente, Palle.", hauchte ich. "Entweder man akzeptiert Homosexualität oder man akzeptiert es nicht. Obwohl es vollkommen unmenschlich ist, es nicht zu akzeptieren."

"Warum sollte es unmenschlich sein?", Palles Blick lag noch immer angestrengt auf der Straße, aber er schien mein Gerede ziemlich interessant zu finden. So, als würde es ihn bewegen.

"Weil es ganz normal ist. Selbst im Tierreich wurde schon Homosexualität nachgewiesen, bei Giraffen, Wölfen, Delfinen und Anderen. Aber kein Wolf würde ein Rudelmitglied reißen, nur, weil es mit gleichgeschlechtlichen Wölfen kuschelt. Der Mensch ist die einzige Tierart, bei der es Vertreter gibt, die diese Art der Liebe nicht akzeptieren, obwohl es doch genau das Gleiche ist, wie die Liebe zwischen Mann und Frau. Du siehst, wie weit, die Menschen hinterher sind. Es wird immer gesagt, Tiere sind dumm und handeln nach ihren Instinkten. Aber in Wirklichkeit sind es wir, die dumm sind, da wir die Schönheit der Liebe nicht verstehen. Und die Menschen, in die man sich verliebt, kann man sich nicht aussuchen. Sie kommen einfach und dann hat man nur eine Chance, das schönste auf der Welt mit diesem Menschen zu bekommen, das Geschlecht spielt dabei keine Rolle."

"Wow. Das hast du schön gesagt.", Palle klang total ergriffen und wenn ich mich nicht irrte, meinte ich einen leichten Rotschimmer auf seinen Wangen zu erkennen. "Aus der Perspektive habe ich es nie betrachtet."

"Mhh..Danke?", flüsterte ich etwas unsicher und knetete meine Knie mit den Händen. Wir schwiegen eine ganze Weile, bis Palle seinen Blick von der Straße löste und mich anschaute. Und dann tat er etwas, was mich psychisch vollkommen an die Grenzen meines Verstandes brachte. Er zitierte mich mit: "Und die Menschen, in die man sich verliebt, kann man sich nicht aussuchen. Sie kommen einfach und dann hat man nur eine Chance."

Während er das sagte, sah er mich direkt an, seine braunen Augen, die so wunderschön wie eh und je waren, kreuzten die Meinen. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus, doch dann sah Palle wieder zur Straße, bevor ich irgendetwas sagen konnte. Was wollte er mit diesem Zitat aussagen? Doch nicht etwa das, was ich dachte, was er aussagen wollte. Ne, wahrscheinlich nicht. Bestimmt spielte mein Fanboy - Manu bloß wieder einen Streich.

Den Rest der Fahrt schwiegen wir, aber es war kein kaltes, lästiges Schweigen, sondern warm und freundlich. Und schließlich parkten wir vor der Mühle.

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1000 Wörter, juchu! <3

Habe ein neues Kapitel rausgebracht, wie ihr sicher seht und mag es eigentlich sogar recht gerne. Wie fandet ihr es denn? :D

Wollte es eigentlich schon vor zwei Stunden hochladen, aber Wattpad hat ja gerade irgendwelche Probleme. Schorry! :3

~gebackeneZucchininudeln

Palle, seine Freunde und ich / #kürbistumor #glpalleWhere stories live. Discover now