Kapitel 4

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"Marc? Du hast eine sehr gute erste Halbzeit gespielt aber jetzt begib dich bitte in die Duschräume. Eine Eistonne steht schon für dich bereit", donnerte mir Löw in der Halbzeit des Freundschaftsspiel einen Tag nachdem er mir den Startelfplatz zugesagt hatte entgegen. Mein Mund fiel daraufhin nur auf während Leno belustigt auf schnaubte. Er und Karim tuschelten natürlich sofort und sahen mich mit einem schelmischen Grinsen an.
"Bernd? Du machst die zweite Halbzeit. Zeig mir was du drauf hast", führte Löw nach einigen Sekunden fort und augenblicklich war das freche Grinsen aus Bernd's Gesicht verschwunden und ein ernster Blick hatte seinen Platz eingenommen.
"Natürlich Trainer!", bestätigte er überzeugt, "ich werde wie immer mein bestes geben und Sie nicht enttäuschen!"
Bei diesen Worten kamen mir langsam wieder die Nudeln von heute Mittag hoch und ich musste die Augen verdrehen. Was ein Schleimbolzen. Genervt schmiss ich meine Handschuhe auf meinen Platz und griff nach dem Handtuch am Haken, während Bernd noch die letzten Tipps von Andi Köpke übermittelt bekam. Ich schnappte mir nur wütend meine Trainingssachen und verschwand in den Duschräumen.
Ich drehte das Wasser auf eiskalt während ich Löw's Entscheidung hinterfragte. Bestimmt hatte er mich rausgenommen weil er gemerkt hatte, dass ich nicht 100% bei der Sache gewesen war. Diese dummen Worte von Bernd hatten trotz allen Verdrängungsversuchen meinen Kopf nicht verlassen können.
"Du hättest uns allen einen Gefallen getan, wenn du nie geboren wärst", hörte ich Bernd's Stimme niederschallen und verhasste mich selbst für meine Gedanken. Wieso gingen mir die Worte dieses Vollidioten nur so zu Herzen?! Er hatte doch so viel im Hirn wie eine Erdnuss also wieso ging mir sein Gelaber nicht aus dem Kopf?! Aggressiv weil ich meine Gedanken nicht richtig unter Kontrolle halten konnte, schlug ich gegen die nass-kalten Fliesen. Manchmal verhasste ich mich für meine Menschlichkeit und leichte Verunsicherung!
"Oh, ich glaub das Wasser ist noch nicht kalt genug", hörte ich genau in diesem Moment auch noch ausgerechnet Bernd's Stimme durch den bis auf uns leeren Raum schallen und ballte meine Hände zu Fäusten.
"Ich denke es ist ausreichend" erwiderte ich kühl.
"Bist du dir sicher? Wir wollen ja sicher gehen, dass das ganze hier bei dir auch ankommt und du wieder am Platz zurück bist, um gleich noch etwas von mir zu lernen", provozierte Bernd weiter doch ich ging nicht darauf ein. Er war es nicht wert in dieser Situation Ärger zu kassieren.
"Vielleicht. Aber dafür müsstest du aufs Feld und ich in Ruhe fertig duschen", antwortete ich ruhig. Bernd schien die Wahrheit in meinen Worten aufzufallen, denn mit einem letzten verächtlichen Blick auf mich und mit selbstgefälligen Grinsen im Gesicht verließ er die Dusche. Endlich Ruhe. Nur leider kamen damit auch die Gedanken zurück. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Wand geschlagen und sie einfach vergessen, aber das ging nicht. Stattdessen musste ich mich auch noch beeilen, um die zweite Hälfte nicht zu verpassen und Jogi's Missfallen nicht noch mehr auf mich zu lenken. Betrübt beobachtete ich also kurz darauf das Geschehen von der Ersatzbank aus. Ich musste Bernd lassen, dass er seine Sache gut machte. Leider, denn eigentlich wollte ich viel lieber dort stehen. Alles könnte so schön sein, wäre da dieser dämliche Konkurrenzkampf nicht. Wenn ich mich doch nur nicht immer den anderen und vielleicht auch nicht mir selbst beweisen müsste. Niedergeschlagen, da Bernd eine gute Leistung gebracht hatte und ich meine wenigen Einsätze weiter schwinden sah, kehrte ich nach dem Spiel mit der Mannschaft in die Umkleide zurück.
"Na ter Stegen, gut aufgepasst? Haste noch was von mir gelernt?", pöbelte Bernd mich natürlich bei erst bester Gelegenheit an. Krampfhaft versuchte ich ruhig zu bleiben, was gar nicht so einfach war.
"Aber natürlich habe ich das Leno und weißt du ich muss schon sagen, ich habe selten jemand so schlechten im Tor stehen sehen. Da hätte Mario den Job ja noch besser gemacht", entkam es mir dann doch giftig und fast sofort war mir klar, dass ich zu weit gegangen war. Bernd's Gesicht färbte sich rot und er ballte zornig die Faust, ehe er auf mich zugestürmt kam. Hätten die anderen in diesem Moment nicht so schnell geschalten, wäre seine Faust sicher in meinem Gesicht gelandet. Aber die Anderen waren schneller. Manuel hatte Bernd gepackt und hielt ihn fest, während Sami sich schützend vor mich gestellt hatte.
"Es reicht Bernd. Beruhig dich. Es gibt keinen Grund aufeinander loszugehen", sagte Manuel beschwichtigend, doch Bernd schnaubte nur.
"Manuel hat recht. Es wird Zeit, dass ihr euch vertragt", stimmte auch Sami zu. Mir wurde das ehrlich gesagt zu blöd.
"Sorry Leute, aber mir reicht's. Ich geb mir das nicht länger. Wir sehen uns gleich im Bus", sagte ich, schnappte mein Zeug und machte mich auf den Weg zur Kabinentür.
"Das ist noch nicht vorbei ter Stegen! Warte nur!", rief mir Leno drohend hinterher. Ich ignorierte ihn und zeigte ihm als Antwort nur den Mittelfinger über die Schulter, während ich durch die Tür trat. Endlich Ruhe vor diesem aufgeblasene Idioten.

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