Take me away

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Es dauerte eine Weile bis mir die ganzen Folgen dieses Satzes bewusst wurde. Ich würde all die Jahre des Protestes gegen meine Eltern umsonst durchlebt haben. Ich würde mich den Leuten anschließen, die die kleine Grace getötet hatten. Mit blankem Hass starrte ich meinen Vater an. Ich konnte es nicht. Wenn ich das tat, dann hatte er für immer gewonnen. Der Mund meiner Mutter öffnete und schloss sich, aber ich konnte nicht verstehen was sie sagte. In meinen Ohren rauschte das Blut. Ich konnte das nicht tun.
Eine zweite Ohrfeige riss mich aus meinen Gedanken und der Schmerz beförderte mich zurück in die Gegenwart.
„Ich hab gesagt du sollst dich für die Möglichkeit bedanken dein Fehlverhalten der letzten Jahre wieder gutmachen zu können" die Stimme meines Vaters klang drohend. Ich presste die Lippen aufeinander und versuchte mich irgendwie darauf vorzubereiten, was gleich kommen würde. Kein Wort. Nicht dafür. Das würde er nicht kriegen.
„BEDANKE DICH!"
Seine Stimme dröhnte so laut durch die Küche, dass ich glaubte mein Trommelfell würde jeden Moment platzen. Ich presste die Lippen noch fester aufeinander. Er sprang auf und ich tat es ihm gleich. Diesmal traf mich seine Faust. Im gleichen Moment packte er mich an den Haaren und mein Kopf knallte auf den Tisch. Ein schrilles piepsen er füllte meine Ohren und ich dachte nur bitte, lass mich ohnmächtig werden. Aber das passierte nicht. Ich sah wie er seinen Zauberstab auf mich richtete und ich wusste, dass es ihm Vergnügen bereitete. Ich hörte ihn den Fluch aussprechen und dann versank ich in einem Meer aus Schmerz.

Das erste was ich spürte war eine weiche Matratze unter mir. Für einen ganz kurzen Moment glaubte ich in meinem Himmelbett im Schlafsaal zu liegen. Gleich würde Cora kommen und mich wecken und wir würden zum Frühstück in die große Halle gehen... dann setzte der Schmerz ein. Wie ein gleitender Blitz zog er durch meinen Körper und ich wusste sofort wieder wo ich war. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis ich es schaffte meinen Kopf zu heben, geschweige denn mich aufzusetzen. Meine Lippen waren blutig gebissen und geschwollen. Mit meiner Zunge ertastete ich mein Stück Zahn, das ich verloren hatte, vermutlich, als ich auf dem Küchentisch aufgeschlagen war. Ich verdrängte die Erinnerung. Es war nicht wichtig. Ich musste mich konzentrieren. Benommen vor Schmerz setzte ich mich an die Bettkante und versuchte mich zu sammeln. Es war dunkel, also vermutlich noch mitten in der Nacht. Ich war offensichtlich ohnmächtig geworden und jemand hatte mich hier hochgebracht in mein Zimmer.
Mir war schwindlig und in meinen Ohren piepste es nach wie vor. Es kostete mich alle Kraft die ich aufbringen konnte, mich nicht einfach den Schmerz hinzugeben und mich zu einem Ball zusammenzurollen. Ich musste klar denken. Sich den Todessern anzuschließen kam nicht in Frage. Ich musste hier weg, aber wohin? Die Potters würden riesigen Ärger bekommen, wenn mein Dad das Ministerium verständigte. Nach Hogwarts könnte ich erst nach den Weihnachtsferien zurückkehren und selbst dort würde ich ein leichtes Ziel für meine Eltern sein. Ein Klopfen an meinem Fenster ließ mich zusammenschrecken. Sirius. Natürlich, er hatte gesagt er würde kommen. Wie früher war er über das Garagendach zu meinem Fenster gelaufen. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so froh gewesen ihn zu sehen. Erleichtert stand ich auf und schwankte zum Fenster. Ich wollte es öffnen, aber ich konnte nicht. Panisch begann ich an dem Griff zu rütteln, was einen stechenden Schmerz in meiner Hand auslöste. Ich sah nach unten und hätte mich beinahe übergeben. Mein Ringfinger stand in seltsamen Winkel von meiner Hand ab. Der Finger selbst war geschwollen und hatte einen ungewöhnlich blaue Farbe. Ich war mir sicher, dass er gebrochen war. Mit aller Kraft fokussierte ich mich darauf mit meiner anderen Hand das Fenster zu öffnen, aber der Griff rührte sich nicht. Meine Eltern hatten mein Fenster verzaubert. Ich war hier eingesperrt, vollkommen auf mich alleine gestellt, ohne irgendeine Möglichkeit wegzukommen.
Ich sah zu Sirius. Er sah entsetzt aus. Dabei hatte er doch noch keine Ahnung in was für einer Situation ich wirklich war. Langsam ließ auch mein Adrenalin nach. Ich spürte wie meine Beine nachgaben und sank auf den Boden. Sirius Gesichtsausdruck wechselte in nur wenigen Sekunden von Besorgnis zu Entsetzen und dann zu blanker Panik. Vermutlich sah ich nicht besonders gut aus. Ich spürte wie sich meine Kehle zuschnürrte und ich schnappte nach Luft. Ich würde hier nicht rauskommen. Es war alles vorbei. Meine Eltern würden mich zwingen mich den Todessern anzuschließen und dann würde ich wirklich am Ende sein. Dann hätte er endlich gewonnen. Ich gab auf. Ich konnte nicht zaubern, wusste noch nicht mal, ob ich meinen Zauberstab noch hatte, aber ich schaffte es nicht nachzusehen. Ich würde hier nicht mehr rauskommen.

I might be Crazy but at least I'm freeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt