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Die folgenden Wochen waren sehr schwierig für mich, und zwar sehr. Ich hatte furchtbaren Liebeskummer, ich meine ich bin noch mit ihm zusammen, aber es fühlte sich nicht mehr danach an. Wir hielten Distanz und zwar weite. Dies tat mir nur noch mehr weh, zwar wusste ich, dass er dafür nichts konnte, aber ich war auch nur ein Mensch mit Gefühlen. In diesen Wochen unternahmen wir auch nicht, erstens, weil ich schon genug Stress mit den Schulaufgaben hatte und zweitens, wollte es Joachim so. Wird es jetzt so die ganzen Jahre ablaufen, während ich noch seine Schülerin bin? Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Es tat besonders weh, wenn er sich normal verhielt, als ob nichts zwischen uns passiert wäre und ich eine normale Schülerin wäre. Oder wenn er durchlief und sich die Rechnungen ansah und bei Fehlern mich auf den richtigen Weg leitete. Er behandelt mich wirklich wie eine gewöhnliche Schülerin.
Traurig und in Gedanken versunken fixierte ich einen Punkt an und dachte nach. Ich schielte kurz auf mein Handy, welches in meiner Tasche lag und aufblinkte. Ich hatte eine Nachricht von meiner Cousine bekommen. Ich nahm es hervor und wollte ihr antworten, als auf einmal jemand mich unterbrach. „Emily, Handys bleiben im Unterricht bitte in der Tasche oder sonst wo. In der Pause können sie sich damit beschäftigen". Er sah mir in die Augen und machte eine Handbewegung, die mir verdeutlichen sollte, dass ich ihm mein Handy geben sollte. Joachim übertreibt. Ich sah ihn verwirrt an. Normalerweise sprechen Lehrer immer eine "Verwarnung" aus. Oder was heißt Verwarnung, es war ihnen eigentlich egal, aber sie wollten es trotzdem nicht, dass alle am Handy hängen während des Unterrichts, deshalb fragten sie, wenn überhaupt, nett nach es wegzulegen. Er machte nochmal seine Bewegung mit der Hand und ich gab ihm langsam mein Handy. Er nahm es und legte es auf sein Pult und widmete sich den Aufgaben an dem Beamer wieder. Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Ist das sein ernst?

„Erledigen Sie jetzt Aufgabe 3 und 4, und zwar zügig" ich blätterte wie meine Schulkameraden in dem dicken Script nach den Aufgaben. Ich beschloss sie einfach zu bearbeiten, bevor mir Joachim noch mein Stift wegnehmen würde. Es war lächerlich. Ich sah ihn kurz an, aber er saß konzentriert auf seinem Stuhl und sein Blick schweifte über die Klasse. Als er in meine Richtung schaute, sah ich sofort auf mein Blatt. 

Als ich dann endlich die 3. Aufgabe beendet hatte, wollte ich mit der 4. anfangen, doch bevor ich das tat sah ich nochmal in seine Richtung.Ich konnte den Blick nicht von ihm nehmen. Er sah irgendwie runter und scheinet irgendwas zu tippen. Vielleicht ist er gerade am Handy und schickt jemanden eine Nachricht oder er googelt wie man heimlich eine Liebesbeziehung am Arbeitsplatz führen konnte. Ich weiß, ich ließ meine Fantasie wieder spielen. Traurig sah ich wieder auf das mit Aufgaben übersehene Blatt. 

Als es zum Unterrichtende klingelte, packte ich zusammen und wollte mein Handy wieder von ihm abholen, aber er kam mir zuerst. Während ich meine Sachen zusammenpackte, lief er zu mir und reichte mir mein Handy. „Das nächste Mal nicht so auffällig benutzen" er hauchte mir ein leichtes Lächeln rüber, aber ich sah ihn monoton an und hauchte ein „Ja" heraus. Dann ging er wieder zu seinen Sachen. Ich meine eine verletzte Fassade bei ihm gesehen zu haben, aber wahrscheinlich bildete ich mir das auch nur ein.

Ich nahm seufzend meine Tasche und schlenderte Richtung Ausgang.

Im Zug stöpselte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und hörte Musik, um mich abzulenken. Ich lehnte meinen Kopf an die Lehne und sah aus dem Fenster. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal an einem Punkt im Leben ankommen würde, wo ich mir die Präsenz einer Person so sehr herbei wünschte, so dass ich wieder atmen konnte. Laut seufzte ich auf. Es wurde kälter draußen und der Wind wehte die Blätter auch von einem Eck, zum Anderen, so als würde er sie wegscheuchen.

Als das nächste Lied automatisch kam, entsperrte ich meinen Lockscreen und wählte ein anderes an. Ich tippte auf meinem Handy etwas herum bis ich auf einmal ausversehen auf Notizen gekommen war. Ich wollte wieder den Home Button drücken, aber dann sah ich eine Nachricht, die ich nicht kannte und nicht erstellt hatte. Ich starrte verwundert auf mein Handy. Ich tippte ich auf die Notiz drauf und mir sprang ein langer Text entgegen. In meinem Kopf waren 1000 Fragezeichen. Dann fing ich an die Nachricht zu lesen und weitete auf einmal meine Augen.

Ich weiß nicht wie ich anfangen soll, aber ich will dass du weißt, dass der Abstand zwischen uns unbeschreiblich an mir zerrt. Mit jedem Tag an dem ich dich sehe, will ich dich anfassen, dich berühren, deine Lippen sanft küssen. Ich will dich wieder lachen sehen, auch wenn es nur ein kleines Lächeln ist. Ich weiß ich habe dir wehgetan, obwohl du gerade denkst, dass es nicht meine Schuld ist, aber doch, es ist meine Schuld, Schatz. Es tut mir so leid, dass es gerade so schwierig für dich ist, genauso wie für mich. Wenn mich deine traurigen Augen im Unterricht ansehen und sie damit sagen wollen, ich brauche dich, du hast mir mein Herz genommen, möchte ich dich in meine Arme schließen wollen und dich nie wieder los lassen wollen. Liebes, ich spüre deinen Schmerz, Tag für Tag. Ich würde so gerne diesen Schmerz von dir nehmen, den anderen Lehrern ist auch schon aufgefallen, dass dich etwas bedrücken muss. Eines Tages wird sich alles ändern, sofern du noch bei mir bleiben willst. Ich habe dir dein Handy abgenommen, damit ich dir das sagen bzw. schreiben konnte. Ich habe schon so lange darauf gewartet bis du endlich mal dein Handy rausholst, aber du hattest es nie draußen oder hast nie darauf geschaut, weswegen es für mich hieß warten. Jetzt sitze ich hier und überlege wie ich es dir einfacher machen könnte..

Ich will dass du weißt, dass ich dich über alles liebe und lieben werde. Jeden Tag denke ich an dich und wie es wohl wäre, wenn du genau in diesem Moment neben mir liegen würdest. Ich würde dich dicht an mich drücken, dir einen Kuss auf drücken und sagen wie sehr ich dich liebe. Ich werde auf dich zukommen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist und sich alles normalisiert hat.

Ich liebe dich, vergiss es bitte nicht.
J

Er schrieb mir diesen Text im Unterricht. Ach Joachim. Ich hatte Tränen in den Augen, wie sehr würde ich zurück fahren ihn umarmen, küssen und ihn nie wieder loslassen. Dieser Text berührte mein Herz so sehr, wie so lange nicht mehr.

His blue eyes | Band 1Onde histórias criam vida. Descubra agora