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Am Wochenende verkroch ich mich in meinem Bett. Ich wollte niemanden sehen, nur meine Ruhe haben. Ich verbrachte das Wochenende damit, dass ich Serien auf Netflix schaute. Ich dachte, aber stattdessen immer über Joachim nach. Ich sollte ihm einfach vertrauen. Er weiß was er tut, versuchte ich mir klar zu machen, andererseits hatte er das bei Linda auch gesagt. Ich bekam Zweifel. Man reiß dich zusammen! Wenn er sagt, dass er nur dich liebt, dann ist es auch so! Ich führte mich wie ein kleines Kind auf.

Am Montag hatten wir in der 6. Stunde Mathe. Noch 5 Schulstunden bis ich Joachim wieder sah. Nach der 2. Stunde hatten wir Pause, ich beschloss raus an die frische Luft zugehen. Als ich dann den Flur entlang lief, sah ich diese Referendarin und Joachim wieder. Ich hatte immer noch keine Ahnung wie sie hieß. Mein Gott begleitet sie ihn auch auf's Klo? Sie liefen den vorderen Gang entlang. Für mich kam es so rüber, als ob mich Joachim für sie ersetzt hätte. Durch eine die auch in seinem Alter war. Er legte auf einmal seine Hand auf ihren Rücken und kurz darauf nahm er sie dann wieder weg. Sie drehte ihren Kopf zu ihm und lächelte. Sie waren nur noch paar Zentimeter von einander entfernt und liefen weiter zum Lehrerzimmer.
Ich wollte es ignorieren, aber sie machten es mir echt nicht leicht. Wut staute sich in mir an.

Die Klingel zur 6. Stunde läutete. Wir gingen hoch in unser Klassenzimmer. Joachim stand dort und redete mit, natürlich wer auch sonst auch, mit ihr wieder. Als die beiden bemerkten, dass unsere Klasse herein kam, düste sie schnell ab. Ich war so stinksauer auf ihn.
Er erklärte uns die quadratischen Funktionen, was heißt erklären. Ich verstand nichts. „Dann muss das hier in die Formel eingesetzt werden, um daraus die Wurzel ziehen zu können". „Wie soll man daraus die Wurzel ziehen können?" fragte ich genervt. „Es wäre nett wenn Sie sich melden" lächelte er, ich stattdessen blieb auf meiner Welle. „Es wäre nett, wenn Sie es deutlicher erklären könnten", er sah mich verwundert an, sowas hat er von mir noch nie gehört, dass ich über sein Unterricht klagte und ihn anfuhr. „Das kann ich, wenn Sie es auch normal sagen könnten" ertönte er misstrauisch, dennoch stets freundlich. „Anstatt mir meine Frage zu beantworten, müssen Sie nicht auf meine Tonlage eingehen". Nun sah er mich schon etwas genervt an. „Eben schon, Emily. Was verstehen Sie denn nicht?". „Na alles! Sie gehen darauf nicht ein, wie soll man da etwas lernen?!" ich wurde etwas lauter. Die Wut über diese Frau ließ ich gerade raus. „Wie reden Sie eigentlich mit mir? Ich würde es ja Ihnen und der Klasse nochmal erklären, aber dafür müssen Sie ihren Ton runterschrauben" jetzt wurde er langsam wütend, er hielt sich aber noch zurück. „Und wieso antworten Sie immer noch nicht auf meine Frage, Herr Feihl?!". „Es reicht!" er wurde lauter und ich zuckte leicht zusammen. Ich spürte geschockte Blicke von der ganzen Klasse auf mir, so hatten sie mich mit einem Lehrer noch nie reden gehört. Er fixierte mich. „Nachsitzen" betonte er langsam. Ich biss mir auf meine Zunge, um nicht weiter zu machen. „Heute noch!" fügte er hinzu während er zum Beamertisch lieft. Bevor er sich wieder den Aufgaben widmete sah er mich noch einmal mit zusammengekniffenen Augen an.

Als der Gong ertönte packte jeder seine Sachen zusammen. Alle, außer ich. Ich blieb mit meinen verschränkten Armen vor der Brust sitzen. Als alle weg waren, blieb eine peinliche Stille. Mir war gerade alles egal, ich wollte nur nach Hause und mich ins Bett legen. Er kam zu meinem Platz und stützte sich ab. „Was ist los mit dir?!" fragte er hastig und versuchte mir in die Augen zu schauen, ich stattdessen sah nach links und schwieg. „Was sollte das eben, mhm?". Joachim löcherte mich weiter, aber ich schwieg nach wie vor. „Rede, Emily!" er sah mich konzentriert an. Eine Stille herrschte um uns, die uns zu ersticken drohte. Er seufzte und stellte sich dann gerade hin und ging zu seinem Pult, dabei fügte er noch hinzu, „Ich dachte mit dir könnte man normal reden, aber du bist so stur. Ich weiß nicht mal wieso du so austickst". Er traf mich mit diesen Worten, dann sah ich ihn an wie er an seinem Pult ein Blatt heraus nahm und es mir unter die Nase legte. „Das ist der Stoff von heute, ich möchte von dir diese 3 Nummern richtig bearbeitet haben" er zeigte mir welche Nummern er haben möchte. Dann ging er wieder zu seinem Platz und beobachtete mich genau. 

Ich las mir die erste Aufgabe durch und hatte da schon keine Ahnung was ich machen sollte. Als ich 5 Minuten da saß, mit einem Stift in der Hand und mein Blick immer noch auf die Aufgabe gerichtet, fragte mich Joachim. „Brauchst du Hilfe?". „Nein" gab ich schnippisch von mir. Als ich weitere Minuten nicht zustande bekam, stand er auf und kam zu mir. Er nahm den Stuhl von der vorderen Reihe und setzte sich gegenüber von mir hin. „Was ist los?" fragte er nun sanft. Ich starrte immer noch auf das Blatt. Er zog es mir weg und legte es auf den Tisch neben mir. „Schau mich an, Emily" Nun lehnte ich mich in meinen Stuhl zurück und sah ihn an. Ich musterte ihn und er mich. „Du tust mir weh" flüsterte ich und sah auf den Boden. „In wie fern?". Ich hatte gerade überhaupt keine Lust mit ihm darüber zu reden, ich hasste es in solchen Situationen zu kommunizieren. „Mit deinem Verhalten". „Bitte sprich deutlicher". „Man mit dieser Kack Referendarin man!" ich schaute ihn wutentbrannt an. Er seufzte nur. „Ich dachte das Thema wäre vom Tisch". „Ist es auch". „Aber?" ich sah wieder zu Boden. „Ihr begrabscht euch die ganze Zeit und tut so als ob ihr das perfekte Dreamteam seid!" er sah mich verwirrt an. „Ich hab euch doch im Lehrerzimmer damals gesehen, auf dem Flur, wie du ihr eine Hand auf den Rücken gelegt hast, oder vorher wo sie wieder da war. Ich sehe doch die Blicke". Meine Augen füllten sich langsam mit Tränen. Er wollte gerade ansetzten zum Reden, aber ich unterbrach ihn. „Es fühlt sich so an als ob du mich ersetzt hast" flüsterte ich noch. Er überlegte und sah mich dabei an. „Ich weiß, dass du mir das schon oft gesagt hast, aber ihn betatscht euch ganze Zeit und lacht miteinander, als ob ihr perfekt zueinander passen würdet. Außerdem ist sie in deinem Alter" den letzten Satz flüsterte ich so leise ich konnte. „Du bist so doof" ertönte er. Ich schaute ihn an. „Natürlich lache ich mit anderen Kollegen, aber das heißt nicht, dass ich sie auch liebe. Emily, du interpretierst zu viel in die Sache hinein". Er will mir nicht zuhören. „Man!" ich stand auf einmal auf. „Hörst du mir nicht zu oder willst du mir nicht zuhören?" ich sah ihn fassungslos an. „Ich hör dir genau zu". „Nein, das tust du nicht! Wieso legst du deine Hände um sie oder auf ihr sie, Joachim? Warum? Mir tut das weh, verstehst du nicht? Es wäre was anderes, wenn du sie oder sie sich nicht ständig anfassen würde". Mir rollten die ersten Tränen über die Wange. Nun stand er auch auf. „Es war nicht in dem Sinne gemeint wie du es dachtest. Es kann sein, dass ich sie zu oft angefasst habe, aber dafür gab es auch gestimmte Gründe wie zum Beispiel, wenn wir eine andere Richtung einschlugen beim Gehen. Ich würde dir niemals weh tun, außerdem ist sie nicht mal mein Typ". Ich drehte mich leicht zum Fenster und sah hinaus. Ich fing an ein meinem Nagel leicht zu kauen. Er kam zu mir und wollte einen Arm auf mein Rücken legen, ich wich aber aus. „Lass" mehr bekam ich nicht raus. „Was sollte das eigentlich im Unterricht? War es deine Wut auf mich?" ich kam mir dumm und dämlich vor, und kindisch zu gleich. Ich atmete tief durch. Dann sah ich ihn an. „Darf ich gehen?", er sah mich enttäuscht an und nickte schließlich. Ich nahm meine Tasche und ging aus dem Raum.

His blue eyes | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt