Ein neues Heim

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Remus kauerte sich verzweifelt an die Wand seiner Zelle. Er war zwar erst eine Woche hier drinnen, aber es erschien ihm bereits wie eine Ewigkeit.
Wie sollte er es nur länger hier aushalten? Vielleicht sogar für immer?
Ohne Gesellschaft, ohne irgendeine Form der Ablenkung.
Die kurze Zeit in Gefangenschaft hatte ihn vollkommen eingeschüchtert. Man behandelte ihn hier wie einen entlaufenen Hund.
Sie hatten ihn gemessen, gewogen und seine ungewöhnlichen Merkmale registriert. Sogar sein Gebiss haben sie Zahn für Zahn vermerkt. Er kam sich so erniedrigt vor.
Schlimmer konnte es nicht mehr werden!
Vielleicht war es sogar besser, wenn er hier blieb. Wenn keiner ihn wollte!
Er merkte doch, wie ihn die Beamten des Ministeriums behandelten, draußen würden ihn die Menschen wahrscheinlich noch schlechter behandeln.
Was so eine Verordnung doch bewirken konnte. Sein ganzes Leben war auf einen Schlag verändert worden.

So in seine Gedanken vertieft, merkte er gar nicht, wie sich seine Zellentür öffnete. Erst als eine harsche Stimme ihn ansprach, erwachte er aus seiner Lethargie.
"Hey du! Komm raus. Du bekommst ein neues Herrchen!", dabei lachte der Betreuer laut auf.
Remus rappelte sich vom Boden hoch und lief vor dem Angestellten her. Erneut wurden ihm die magischen Handfesseln angelegt.
Remus seufzte, er fand das alles so erniedrigend. Erst gestern war ihm auf sein Steißbein eine Registriernummer eingezaubert worden.
Das war alles so unwirklich. Wem er nun wohl gehörte? 
Wenigstens wollte ihn jemand haben. Er hatte eigentlich erwartet, dass man ihn besichtigen käme. Ob er wohl ein nettes Herrchen bekam? Quatsch! Man Remus, jetzt fängst du auch schon an, dich abzuwerten.
Aber, störte ihn das nun überhaupt noch? Besser er fügte sich in sein Schicksal. Er konnte es ja doch nicht ändern. Er würde einfach tun, was von ihm erwartete. Was immer es auch sein mochte!
Wenn er gehorchte, erging es ihm vielleicht ganz gut. Er hatte scheinbar sowieso keine Rechte mehr.

*****

Er saß nun, zu seiner Verwunderung im Hogwartsexpress. Ein Beamter brachte ihn in seine alte Schule. Er verband so viele schöne Erinnerungen daran. Erst als Schüler, dann als Lehrer. Ob sich Albus für ihn eingesetzt hatte?
Sie hatten schließlich in Phönix-Orden gemeinsam gegen den Lord gekämpft.
Wie Remus so darüber nachdachte, war die Verordnung eigentlich nicht unerwartet gekommen.
Remus hatte zwar nicht diese Härte erwartet, aber es war klar, dass das Ministerium zusammen mit dem Aufsichtsrat der inneren Sicherheit eine Lösung finden musste.
Für Remus war es ein ebenso großer Schock gewesen, wie für alle andere, als sich die Werwölfe vor zwei Monaten dem dunklen Lord anschlossen. Zwar waren es nicht alle gewesen, aber doch der überwiegende Teil. Es geschahen große Gräueltaten, die auf das Konto der Werwölfe gingen.
Tja, dass Ministerium hatte die absolute Lösung gefunden. Es gab in der Verordnung keine Lücken.
Das es auch die wenigen Werwölfe traf, die auf der guten Seite kämpften, war halt Pech. Opfer für das große Ganze, die Sicherheit der magischen und nichtmagischen Menschen ging vor.

Der Zug hielt tatsächlich in Hogsmeade. Von dort fuhren sie in einer Kutsche weiter zum Schloss.
Es war gerade Unterrichtszeit und somit würde ihnen kein Schüler begegnen. Da er als ein so gefährliches Wesen eingestuft war, war das sicher beabsichtigt und Remus war dafür dankbar. Es war auch so alles schwer genug.
Gemeinsam mit dem Beamten betrat er nun das Schloss.
Es erschien ihm seltsam, dass dort niemand auf sein Eintreffen zu warten schien.
Albus hätte ihn doch sicher am Schlossportal begrüßt. Was ging hier vor sich? 
Der Beamte schien seinen Weg genau zu kennen. Mit einer ausdruckslosen Miene ging dieser Zielsicher neben ihm einher.

Remus traute sich nicht zu fragen, wohin er gebracht wurde, oder wem er nun gehörte.
Er hatte in den letzten Tagen genug hämische Bemerkungen gehört, das reichte ihm. Aber solche Kommentare würde er in Zukunft bestimmt noch öfter hören.
Sie gingen nun die Treppen abwärts. Remus war so in seine Gedanken vertieft, dass er es erst bemerkte, als es um ihn herum dunkler wurde. Er erkannte die Fackeln an den Wänden und es wurde ihm klar, dass er sich auf Slytherin-Gebiet befand.
Er runzelte die Stirn. Was sollte er den in... den... Kerkern?
So langsam dämmerte es ihm und kreidebleich er blieb stehen. Gerade so wie der Beamte, denn sie waren an einer Tür angelangt. 
In Remus Kopf wirbelte es umher. Er war Severus zugeteilt? Dieser war, aus welchem Grund auch immer, sein neuer Besitzer? Aber... warum? Wonach richtete sich die Zuteilung des Ministeriums? War das ein Irrtum? 

Er wollte zwar nicht wieder zurück in die Zelle, aber Severus Snape? Er dachte an die Begegnungen mit diesem, welche bisher nie sonderlich freundlich verlaufen waren.
Remus musste zugeben, dass es in ihrer Schulzeit seine Schuld gewesen war. Später, als er dann als Lehrer hierher gekommen war, hatten sie sich nach langer Zeit wieder gesehen.
Er hatte die Zeit damals als Jugendsünden, dummes Wichtiggetue abgetan. Aber das Severus das nicht so sah, wurde ihm mit jeder kalten Aussage aus dessen Mund bewusst. Er hätte sich gerne mit Severus ausgesprochen, sich entschuldigt und versöhnt. Aber die Zeit war damals gegen sie. Zu viele aufregende Ereignisse geschahen. 
Dann das Wiedersehen mit Sirius ließ eine Versöhnung mit Severus aussichtslos werden. 
Später, zurzeit im wieder auferstandenen Phönixorden, hatte er es ein Mal versucht. Aber Severus hatte gesagt, er hätte keine Zeit für ein Pläuschchen mit ihm, er müsse zu Voldemort und sein Leben für Leute wie ihn riskieren.
Remus hatte daraufhin ein schlechtes Gewissen und ließ Severus in Ruhe. Er hatte ja Recht! Severus begab sich ständig in Gefahr und niemand dankte ihm dafür.
All diese Gedanken wirbelten wie Farben in seinem Kopf umher, während der Beamte an die Tür klopfte.
Hatte Severus denn keinen Unterricht abzuhalten? Hatte er eine Freistunde.
Remus senkte seine Augen zum Boden. Er wusste nicht mehr, wie er sich Verhalten sollte.
Der Beamte würde sicher mit Severus reden. Von ihm wurde wahrscheinlich erwartet, dass er sich ruhig verhielte. Ganz wie ein braver Hund. Das hatten sie doch immer gesagt, wenn sie mit ihm sprachen.

Die Türe wurde geöffnet und Severus stand im Türrahmen. Remus konnte seine Schuhspitzen sehen. Die Gewissheit, dass Severus vor ihm stand und ihn betrachtete, ließ sein Herz rasen.
Der Beamte grüßte und reichte Severus die Papiere zum Unterschreiben.
"Bitte den Empfang zu bestätigen, Prof. Snape!", bat der Beamte freundlich. Severus unterschrieb und der Beamte verließ das Schloss.

vom Werwolf zum schosshund Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt