Die erste nacht

2.4K 114 14
                                    

Erst um 21 Uhr betrat Severus wieder seine Räume. Er war die ganze Zeit auf dem Astronomieturm gewesen und hatte nachgedacht. Sollte er das wirklich tun?
Was ist nur plötzlich in ihn gefahren? Das war doch gar nicht seine Art! Egal was Remus ihm auch immer angetan hatte.
Ihm ging einfach Remus Gesicht, seine ganze Körperhaltung bei dessen Ankunft nicht aus dem Kopf. Aber nun gab es kein Zurück. Er würde es durchziehen, wenn auch nicht so hart, wie geplant.

Nun stand er also in seinem Wohnzimmer und war über den Anblick, der sich ihm dort bot, sehr überrascht.
Das Wohnzimmer war tadellos aufgeräumt und auf dem Couchtisch war das Abendessen aufgetragen. Aber was Severus am meisten überraschte, war Remus Anblick. Dieser kniete neben dem Tisch und hatte demütig den Kopf gesenkt.

Severus trat an den Tisch heran. Den Blick noch immer gesenkt, fing Remus an zu sprechen: "Verzeih´ mein eigenmächtiges Handeln, Severus. Ich dachte, du hättest vielleicht noch Hunger, daher habe ich die Hauselfen in deinem Namen gebeten, dein Abendesser zu servieren."
Severus blickte verblüfft über den reichlich gedeckten Tisch. Langsam ließ er sich in einen seiner Sessel gleiten. Das konnte Severus unmöglich alles alleine essen.
'Wieso macht er das alles, nachdem ich doch eben gesagt habe, dass ich mich nur an ihm rächen will?´

Nachdenklich musterte Severus den neben ihm knienden Mann, schluckte und knabberte dann an seiner Unterlippe. "Ähm ...", leise räusperte er sich.
"Bitte nimm´ doch Platz Remus und speise mit mir. Es ist genug für uns Beide da." 
Remus wusste nicht, ob er richtig gehört hatte. Ruckartig schoss sein Kopf nach oben und irritiert blickte er Severus an.
"Bitte?", fragte er ungläubig.
Severus deutete auf den leeren Sessel ihm gegenüber. "Nimm doch bitte Platz und iss."
Remus merkte, dass sich Severus unwohl fühlte.

'Kann es sein, dass er es doch nicht so ernst meint, mit seiner Rache? Warum sonst bietet er mir einen Platz an seiner Seite an und bittet mich mit ihm zu essen? So von gleich zu gleich? Kann es sein, dass eine winzige Hoffnung besteht, dass er mich vielleicht doch mag? Ich glaube in seinem tiefsten Inneren ist Severus ein wundervoller Mann. Vielleicht ist alles, was er jemals von mir wollte eine Entschuldigung? Ich habe ihm nie die Möglichkeit gegeben nur sein wahres Selbst zu zeigen. Vielleicht ist diese ganze Situation eine Chance dies nun nachzuholen!´
Er lächelte schwach, dann erhob er sich langsam und setzte sich in den anderen Sessel Severus Gegenüber. Zögerlich wartete er, bis Severus seinen Teller gefüllt hatte und begann sich dann ebenfalls etwas aufzunehmen.

Sie aßen schweigend, bis Severus nachdem sie gegessen hatten, die Hauselfen rief und ihnen auftrug den Tisch abzuräumen. Währenddessen ging Severus an seine Hausbar und füllte zwei Cognacschwenker mit der gold-braunen Flüssigkeit.
Dann trat er zurück an den Kamin und reichte Remus eines der Gläser, welches dieser überrascht entgegen nahm.
Eine Weile blickte Severus schweigend in die Flammen des Kamins. Schließlich begann er leise zu sprechen: "Hast du Angst, Remus?"
Remus hatte nicht mit einer Unterhaltung gerechnet. Er hatte nachgedacht und war durch Severus Stimme aus seinen Gedanken gerissen worden und dabei zusammengezuckt. Severus deutete diese Reaktion auf seine Frage jedoch anders.

"Ja, natürlich hast du Angst! Dumme Frage. Schließlich hast du über Nacht alles verloren. Du kannst dich nicht mehr frei bewegen, hast so gut wie keine Rechte mehr und kannst dich nicht wehren, wenn man dich mir als 'Haustier´ zuweist. Wirklich eine blöde Frage!"
Die ganze Zeit hatte Severus wie in Trance ins Feuer gesehen.
"Eigentlich sind wir uns gar nicht so unähnlich! Zurzeit unterscheiden wir uns nur darin, dass ich zaubern darf. Vor dem Lord sind wir nichts anderes als seine Haustiere. Ihm untergeben und ohne Rechte, ohne eigene Meinung. Wer nicht gehorcht, wird bestraft! Keiner kann sich wehren, da nutzt dir auch die Zauberkraft nichts!" 
Severus riss seinen Blick vom Feuer fort und blickte Remus in seine Augen.
"Was du auch immer in mir sehen magst Remus, du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dir nicht wehtun oder dir sonst ein Leid zufügen“, damit erhob er sich aus dem Sessel und ging in sein Schlafzimmer. 

Kurz darauf kam er noch mal zurück. Er trug nur noch eine schwarze Boxershorts aus Satin. Auf seinen Armen trug er ein großes Kopfkissen und eine Bettdecke.
Er legte das Bettzeug auf den Sessel, zückte seinen Zauberstab und verwandelte das Sofa in eine breite, bequeme Schlafcouch. 
Dann griff er Decke und Kissen, legte die Sachen auf die Couch und entfernte sich wieder.

Remus war vollkommen geplättet. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Er erhob sich aus dem Sessel und setzte sich auf seine Liegestatt. Leicht strich er über die Bettdecke. Es war dunkelgrüne Seide. Remus genoss das Gefühl des edlen Stoffes unter seinen Fingern.
Langsam glitt er unter die Bettdecke. Die Seide umschmeichelte seine Haut. Er fühlte sich so wohl! Und Angst brauchte er auch keine zu haben.
Severus hatte ihm schließlich eben versichert, dass er ihm nichts antun würde.

Remus fühlte sich sicher. Das war wahrscheinlich mehr, als er bei einem anderen Besitzer bekommen hätte.
Sicherheit und Geborgenheit. Remus lächelte und entschlummerte sanft ins Reich der Träume.

vom Werwolf zum schosshund Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt