Die Schattenseiten des Jobs

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Ich spiele die ganze Zeit mit meiner Schneekugel, während ich auf meinem Bett liege. Es ist schon süß von Dustin sie mir zu schenken. Auch wenn ich keinen Plan habe, wie er es angestellt hatte, sie unbemerkt zu kaufen und vor mir hier vor die Türe zu legen. Ich werde wirklich noch mal mit ihm reden. Diese Aktion zeigt mir, dass ihm echt was an mir liegt. Langsam fallen meine Augen zu und ich drifte in einen tiefen Schlaf.

Ausgeschlafen und topp fit mache ich mich am nächsten Morgen zur Arbeit. Alle begrüßen mich freundlich und sie alltägliche Routine beginnt: Kaffee kochen, Betten machen, Blutdruck bei den älteren Patienten messen, hier und da ein paar aufmunternde Worte... Alles läuft seinen Gang, bis auf einmal Hektik auf dem Flur entsteht. Ich schaue nach und werde gleich von Dr. Banerjee zur Hilfe gerufen. Die Rettungssanitäter liefern gerade eine junge Frau ein. Sie liegt bewusstlos und leichenblass auf der Krankenliege. Sie wird in eines der leeren Zimmer geschoben und die Ärztin ruft mir kurze klare Anweisungen zu. Mechanisch führe ich die aufgetragenen Arbeiten aus, während Frau Doktor die Frau gründlich untersucht und einige Geräte anschließt. Der Monitor zeigt Unregelmäßigkeiten im Herzschlag und wir bereiten uns schon darauf vor, die Patientin zu reanimieren. Ich stelle den Tropf ein, dass die Flüssigkeit schneller durch den Schlauch rinnt. Dr. Banerjee gibt mir einige Spritzen Blut mit den Worten „Schick die durch den Tester. Mache alle Proben, die du schon kannst. Ich will mir ganz sicher sein." Ich mache, was sie sagt. Ich bin unsicher. So oft habe ich noch nicht mit dem Laborgerät gearbeitet. Ich beginne mit den einfachen Tests. Ich kann nichts Auffälliges entdecken, also checke ich was anderes. Und da sehe ich, dass alle ihre roten Blutkörperchen zersetzt sind. Schnell drucke ich die Ergebnisse aus und laufe in das Patientenzimmer. Als ich dort ankomme, steht Dr. Banerjee mit hängenden Schultern neben dem Krankenbett. Mir entweicht ein Schrei „Nein!" Die Ärztin schaut mich traurig an und nickt unmerklich. Die junge Frau ist tot. Mit zitternden Knien gehe ich zu meiner Chefin und gebe ihr das Datenblatt meiner Auswertung. Zwar macht es jetzt auch keinen Sinn mehr, aber vielleicht kann sie daran sehen, warum diese Frau sterben musste.

Konzentriert studiert die Ärztin die Zahlen und Werte. Ich stehe immer noch geschockt vor der toten Frau. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Toten sehe. Es macht mich fertig. Sie ist höchstens vier oder fünf Jahre älter als ich. Tränen steigen in meine Augen. Ich versuche sie zurückzudrängen, aber schon rollen sie warm über meine Wangen. Ich merke wie Dr Banerjee ihren Arm um mich legt und mich sanft aber bestimmt aus dem Zimmer schiebt. Sie bringt mich in das Schwesternzimmer und drückt mich auf einen der Stühle. Ich bin nicht in der Lage mich dagegen zu wehren, ich will es auch nicht. Nach einer Ewigkeit finde ich ein wenig meiner Fassung wieder und frage heiser „Warum?" Die Ärztin drückt meine Hand und sagt leise „Das passiert leider, Jenny. Wir sind hier im Krankenhaus. Manchmal können wir nicht helfen. Bitte mach es dir nicht so schwer. Das ist leider die Schattenseite unseres Jobs." Verzweifelt sehe ich sie an. Natürlich war ich mir immer bewusst gewesen, dass auch mal jemand sterben kann. Aber ich dachte dabei an alte, kranke Menschen. Ich hatte mir nie einen Kopf darum gemacht, dass es auch anders sein könnte. Einfühlsam redet Dr. Banerjee weiter „Wenn du möchtest, kannst du für heute Schluss machen. Gehe nach Hause, aber bitte verspreche mir, dass du mit jemanden redest. Am schlimmsten wäre es, wenn du versuchst das allein mit dir auszumachen. Mäuschen, wir alle brauchen jemanden, der uns bei diesem Job aufbauen kann." Ich nicke abwesend und packe meine Sachen zusammen.

Wie durch ein Wunder komme ich heile zuhause an. Zweimal wäre ich fast überfahren worden und dann verpasste ich auch noch meine Haltestelle. Ich musste ein ganzes Stück zurücklaufen, weil die nächste Bahn erst in einer halben Stunde gefahren wäre.

Zuhause gehe ich erst mal unter die Dusche. Ich versuche das schlechte Gefühl abzuwaschen, aber das funktioniert nicht. Erschöpft lasse ich mich auf mein Bett fallen und schließe meine Augen. Aber jedes Mal erscheint die tote Frau, wenn sie zu sind und ich reiße sie wieder auf. Ich fange wieder an zu weinen. Warum sind Anna und Sonja nicht da? Ich brauche jetzt wirklich jemanden zum Reden. Ich nehme mein Handy und tippe eine Nachricht „Es ist was Schreckliches passiert." Keine Minute später bekomme ich eine Antwort „Ich bin gleich bei dir."


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1k Reads   :-o  DANKE euch allen :-* Damit hätte ich bei meiner ersten Story niemals gerechnet. Es macht so unfassbar viel Spaß zu schreiben, wenn man sieht, dass es so gut angenommen wird <3

Eine andere Welt          ~ GLP | Freedomsquad | FF ~ YoutubesimsWhere stories live. Discover now