Die Rettung

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Auch ihre Proteste halfen kein Stück gegen dieses sehr zweifelhafte Todesurteil. Newt und Tina wurden nun von den zwei Frauen, von denen sie bereits hierher geführt wurden, erneut abgeführt und ich folgte ihnen. Es juckte mich regelrecht in den Fingern, diesem Graves noch einen kraftvollen Schockzauber hinterherzuschleudern, doch damit meine Tarnung nicht aufflog, ließ ich es gezwungenermaßen sein. Und ebenso zwang ich mich, die beiden Frauen mit ihren weißen Kitteln zu verschonen, da es nicht gerade von Vorteil wäre, wenn uns dann jemand sähe.
Wir betraten wieder einen weißen Raum, dessen Wände aus angerosteten Metallplatten bestanden. Die ersten zwei Meter des Raumes waren mit einem Boden aus Fliesen bedeckt, die sehr an einen Schlachthof erinnerten. Der Rest des Raumes bestand aus einem Becken, das eine silberne Flüssigkeit enthielt, und über dessen  Mitte ein Stuhl schwebte. 
Gerade hielt die eine der zwei Frauen ihren Zauberstab an den Kopf der schluchzenden Tina und brachte sie zum verstummen, als sie einen silbrig leuchtenden Faden, vermutlich Erinnerungen, aus ihrem Kopf holte und diese in die Flüssigkeit schleuderte, woraufhin diese anfing, die Erinnerungen, wie ein Denkarium, zu reproduzieren. Wie verführt, setzte Tina sich nun bereitwillig auf den Stuhl, der zu ihr herangeschwebt war.
Die Erinnerungen schienen Gute zu sein, zumindest waren es welche von ihrer Mutter. Und dann war da auch noch dieser Junge von den Zweiten Salemännern...
Doch ich zwang mich mit meinen Gedanken wieder in die Realität zurück, da ich die beiden ja eigentlich vor dem Tod bewahren und nicht ihnen beim Sterben zusehen wollte. Ich schnappte mir also meinen Zauberstab und versuchte, Tina mit einem Levicorpus von dem Stuhl herunterzubekommen, doch nichts geschah.
Stattdessen zückte nun die andere Frau ihren Zauberstab, um nun auch Newt seine Erinnerungen zu nehmen, doch dieser war schon dabei, Pickett seine Handschellen öffnen zu lassen, welcher jedoch große Probleme damit zu haben schien, weshalb ich mit einem Alohomora nachhalf.
"Dann wollen wir mal sehen, was so Gutes in dir steckt", sagte die Frau da.
Doch in dem Moment löste Newt sich von seinen Handschellen und so schnell es ging befreite er den Bösen Sturzfalter, der daraufhin für allgemeines Durcheinander sorgte, in das ich mich schnell einband:
Newt überwältigte die eine Frau mit einem harten Schlag auf den Kopf, dann hetzte er den Sturzfalter auf die andere, die dadurch ihren Zauberstab fallen ließ.
Eilig nahm ich den Zauberstab an mich, bevor sie ihn sich holen konnte und das gleiche tat ich bei der anderen.
Die Aufmerksamkeit fiel wieder auf Tina, die nun ängstlich auf ihrem Stuhl stand und gar nicht mehr in ihre Erinnerungen eintauchen wollte, die jetzt, wie mir auffiel, auch gar nicht mehr so gut zu sein schienen. Stattdessen waren sie vielmehr traurig oder beängstigend. Da war zum Beispiel eine Frau, die ich als die Anführerin der Zweiten Salemänner in Erinnerung hatte, die sie als "Hexe" bezeichnete und dann, wie Tina von Madam Picquery degradiert wurde. Doch ein Pfiff von Newt riss meinen Blick von dem überdimensionalen "Denkarium" los und lenkte ihn stattdessen auf den Sturzfalter, der jetzt um Tina herumflog, die gerade von der silbrigen Flüssigkeit, die ihren Stuhl schon wegzuätzen begann, langsam aber sicher eingehüllt wurde.
"Spring!", rief Newt ihr zu, woraufhin sie ihn bloß ungläubig anguckte.
Ganz klar: Newt meinte, sie solle über den Rücken des Sturzfalters auf die Plattform springen, doch der Abstand war ganz eindeutig zu groß. Jedoch hatte ich in dem Moment wieder einmal eine Idee.
"Newt, du bist dran", sagte ich ihm noch, bevor ich mich in eine Eule verwandelte und er mich mit einem Engorgio so vergrößerte, dass ich Tina mit meinen Krallen an den Schultern packen und auf dem sicheren Boden wieder absetzen konnte, woraufhin ich mich wieder in meine Menschengestalt - in Normalgröße, versteht sich - verwandelte und nur die Augen über ihr Entsetzen darüber verdrehen konnte, dass ich mich in Amerika doch gar nicht als Animagus hatte registrieren lassen und so weiter. Wie konnte diese Frau denn jetzt noch an solche zweitrangigen Gesetze denken, wo es doch wesentlich schlimmere und dringendere Probleme gab, wie zum Beispiel, dass sie selbst gerade fast gestorben wäre?
Aber manche Menschen lebten wohl für ihre Arbeit, das war mir spätestens jetzt bewusst.
"Ich ziehe es vor, unerkannt zu bleiben. Außerdem lohnt es sich für mich nicht wirklich, da wir schließlich viel unterwegs sind und das nur unnötiger Papierkram wäre", erklärte ich ihr höflicherweise, trotz ihres gerade sehr unpassenden Nachfragens.
Doch während wir aus dem Raum und in Richtung Ausgang des Kellergewölbes liefen, wurden plötzlich zwei Schockzauber auf uns abgefeuert.
"War ja klar, dass die uns finden würden", stöhnte ich genervt auf, während ich uns mit einem Protego schützte. Auf Dauer würde ich das nicht schaffen, das war mir klar, ebenso wie Newt, der daher den Bösen Sturzfalter wieder freiließ, sodass dieser die Auroren kurzerhand zu Boden riss, woraufhin er das Tierwesen auch schon wieder zurückrufen musste, damit es nicht die Gehirne der Auroren auffraß.

Wir hatten gerade den Ausgang des Kellers erreicht, als uns Queenie, mit Jakob und Newts Koffer im Schlepptau, eilig entgegenkam.
"Rein da", sagte sie ein wenig atemlos und hielt den Koffer in unsere Richtung. Kurzerhand betraten wir diesen und Queenie brachte uns sicher aus dem Gebäude des Macusa.
Unterdessen nutzen Newt, Jakob und ich auf ein Neues die Gelegenheit, uns um die Tiere zu kümmern und die Desillusionierungszauber zu lösen, während Porpentina nur sprachlos daneben stand. Ganz offensichtlich wusste sie nicht, was sie davon halten sollte, dass wir illegalerweise Tierwesen mit nach New York brachten - und davon nicht gerade wenige.
Sie war einfach in das Gesetz vernarrt und das würde sich so schnell wohl auch nicht ändern.
Doch, ganz entgegen meiner Erwartungen, konnte sie sich irgendwann doch noch dazu überwinden, uns mit den Tierwesen zu helfen, statt nur so nutzlos in der Gegend rumzustehen.

Die Unbekannte im Fall Newt Scamander, Artikel 3AWhere stories live. Discover now