Wer braucht Rettung?

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Aus der Seitengasse schländert ein Schatten in Richtung Straßenlaterne. Meine Brust zieht sich zusammen und ich erstarre, als ich den Vampir, dem ich vor einer Woche begegnet bin, wiedererkenne. Er schleift sein Bein hinter sich her und drückt seine Hände auf seine rechte Seite. Schmutzig und immernoch mit Blut beschmiert kommt er immer näher. Mein Herz beginnt zu rasen. Bitte, lass nochmal ein Auto kommen...! Ich schaffe es, mit zitternden Beinen ein Paar Schritte rückwärts zu gehen. Im Licht der Straßenlaterne erkenne ich seinen Gesichtsausdruck. Er sieht erschöpft aus. Langsam streckt er seinen rechten Arm in meine Richtung, während die linke Hand auf seiner Seite bleibt. Er gibt noch ein leises "Hilf mir...!" von sich, bevor er auf dem Boden zusammenbricht. Ich starre ihn überrascht an. Was ist jetzt passiert? Langsam zwinge ich mich, in seine Richtung zu gehen. Natürlich bleibe ich vorsichtig. Man weiß nie - Vielleicht spielt er es nur. Je näher ich komme, desto mehr erkenne ich den verzerrten Gesichtsausdruck. "Hilf.. mir..." Langsam gehe ich vor ihm in die Hocke. Ich strecke meine Hand zurückhaltend in seine Richtung. Als ich ihn kurz sanft berühre, zuckt er mit dem ganzen Körper zusammen. Aus Schreck ziehe ich meine Hand schnell wieder an mich. Oh Gott - er ist in einer furchtbaren Verfassung. Ich schlucke. "Soll... soll ich dir hochhelfen...?" Er bewegt nur seine Augen und schaut hinauf zu mir. Ich verstehe, was er mir sagen will. Langsam greife ich ihn unter den Armen und ziehe ihn nach oben. Verdammt, ist der kalt! Wenn man bedenkt, dass er bloß einen Kittel trägt, ist das aber auch keine Überraschung. Er greift in meine Jacke, um sich auf seinen wackligen Beinen zu halten. Er ist sehr dünn und bei genauem Hinsehen, merkt man, dass das Blut auf seiner Kleidung und in seinem Gesicht getrocknet und verwischt ist. Als ich ihn das letzte mal gesehen habe, sah er noch nicht so schrecklich aus.  Ich fasse all meinen Mut zusammen und nehme ihn auf meinen Rücken. "Wir... ich... ich helfe dir jetzt...!" Er antwortet nicht, aber so wichtig ist mir das in diesem Augenblick auch nicht. Gerade sehe ich in ihm ein verletztes Lebewesen und keinen kaltblütigen Mörder.

An meinem Haus angekommen verschwinde ich unauffällig wie möglich in den Garten hinter meinem Haus. Dort ist ein alter Schuppen und besonders im Winter nutzt diesen niemand. Leise bringe ich den Vampir hinein und setzt ihn auf den Boden, auf den freien Platz zwischen ein Paar verrosteten Gartengeräten und Gegenständen. Er friert. Ich ziehe meine Jacke aus, während ich in die Hocke gehe - dann leg ich die dicke schwarze Winterjacke um seine Schultern. Sofort zieht er die Jacke weiter über sich und kuschelt sich an. Erleichtert seufze ich. "Das wäre schonmal geschafft..." Dann meldet er sich auch zu Wort "Ich habe... so großen Hunger..." Hilflos schaut er hoch zu mir. Ich stehe auf. Richtig... darüber hatte ich nicht nachgedacht. Was, wenn er Hunger bekommt... "Ich... uhm... weißt du... mein Leben ist mir lieb, uhm... also - ich möchte nicht, dass du all mein Blut aussaugst..." Er schaut mich ein wenig fragend an "Aber... einen ganzen Menschen... wie soll ich denn... einen... einen ganzen Menschen aussaugen...?" Huh? Ich schaue ihn überrascht an "Besonders... in dieser Verfassung..." Sein leidender bettelnder Blick macht es mir nicht einfach. Langsam setze ich mich vor ihm auf den Boden. "Du... du schwörst, dass du mir nichts antust...?" Ich befreie langsam und zurückhaltend meinen Arm von meinem Ärmel, während er so hastig wie gerade möglich nickt. "Na...n-nagut... ich vertraue dir, ja...?" Vorsichtig und mit Herzklopfen bewege ich langsam meinen Unterarm in seine Richtung. Als mein Arm direkt vor seinem Mund plaziert ist, stoppe ich. Er schaut meinen Arm eine Weile lang an, bis er seine scharfen Zähne ansetzt, seine Augen schließt und letztendlich seine Zähne in meine Haut bohrt. Ich zucke zusammen und beiße mir auf die Lippe, während ich ein stumpfes schmerzerfülltes Geräusch von mir gebe. Verdammt, tut das weh...!

(Hallöchen! Da ich nun bei Kapitel Nr. 6 angekommen bin würde ich euch mal gerne nach einem Feedback fragen ^_^ Was hat euch bis jetzt gefällen? Habt ihr Verbesserungsvorschläge? ♡)

Im Licht der Straßenlaterne (BoyxBoy)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant