Begegnung

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Ich lasse mich neben Ruby aufs Sofa fallen, welcher sichtbar erleichtert aussieht. Er lächelt: "Du bist zurü-" - "Sie ist tot, sie ist tot, sie ist tot...!", falle ich ihm ins Wort. "Wer ist tot...?", fragt er mich ein wenig Geschockt. "Meine Heterosexualität!" Sein Blick verrät mir, dass er nicht weiß, was ich meine. Ich muss seufzen und lege meine Hände auf mein Gesicht: "Naja...! Caro hat mich gerade... geküsst und.. ich dachte es wäre meine Chance, aber...!" - "Oh..." Er sieht ein wenig bedrückt aus. Mit meinem Blick auf ihn gerichtet, nehme ich meine Hände wieder von meinem Gesicht. "...Aber ich fand es nicht gut, ja?" Langsam drehen sich seine Augen in meine Richtung. "...Ruby? Ich möchte etwas testen, ja?" Er antwortet mir nicht und ich lege meine Hand auf seine Wange, wonach ich sein Gesicht vorsichtig in meine Richtung drehe. Die andere Hand lege ich an seinen Rücken und ziehe ihn langsam an mich ran. Er wird rot und auch ich merke, wie mein Gesicht etwas warm wird. Ruby legt seine Hände an mein Oberteil und hält sich etwas daran fest. Meine Hand rutscht an sein Kinn und hält sein Gesicht daran etwas hoch. Sein Mund ist ein Stück offen und man sieht seine spitzen Zähnchen ein wenig. Er sieht niedlich aus. Ich beginne ihn langsam zu küssen. Wir beide schließen unsere Augen. Ehrlich gesagt fühlt es sich hundert mal besser an, als mit Caro. Ich hätte es nie gedacht. Ein Junge lässt mich so fühlen. Ruby macht ein kleines Geräusch, weshalb ich etwas lächeln muss. Ich küsse ihn weiter, bis er sich plötzlich ein wenig weglehnt. Er sieht mich überrascht an: "Z-zunge...? Huh...?" Ich schenke ihm ein Lächeln: "Es ist gut, lass dich einfach mal darauf ein..." Er errötet mehr und lehnt sich langsam wieder mehr in meine Richtung. Erneut, küsse ich ihn. Ich lege meine Hand an seinen Hinterkopf und streiche sanft durch sein Haar.

Nach einer Weile stoppe ich. Er sieht mich an; etwas schneller atmend und mit roten Wangen. "Wie niedlich..." Ruby nimmt meine Hand in seine Hände: "Ich... möchte gehen..." Ruhig, nicke ich und stehe langsam auf, woraufhin auch Ruby aufsteht. Ich halte seine Hand und führe ihn.

Als wir gerade durch die Tür nach draußen gegangen sind, höre ich plötzlich die Stimme von Flo. "Kai!" Ich drehe mich um und sehe, wie er in meine Richtung läuft. "Ich habe das gerade gesehen! Was war das? Seit wann stehst du auf Typen??" Verdammt, das hatte ich total vergessen. Ich hatte komplett ausgeblendet, dass andere uns dabei zusehen würden. "Uuhm..!" Ich ziehe Ruby mit mir und gehe weiter. Dieses Gespräch möchte ich jetzt nicht führen. Er bleibt draußen vor der Tür stehen und sieht uns nach: "Kai! Das ist jetzt nicht dein Ernst! Komm zurück und rede mit mir!" - "Ein anderes Mal!", rufe ich ihm zu: "Ich muss jetzt weg!" Schnell mache ich mich aus dem Staub.

"Verdammt, Kai!", ruft Florian. Nachdem er uns eine Weile hinterherstarrt, holt er sein Handy aus seiner Tasche. Er sieht nicht amüsiert aus und sucht einen seiner Kontakte raus. Daraufhin ruft er diesen an. "..Tim? Du machst es auch mit Typen, richtig?"

Währenddessen ziehe ich Ruby immernoch mit mir. Er ist durch meinen schnellen Schritt schon etwas aus der Puste: "I-ich kann nicht mehr...!" - "Ah-...!" Ich bleibe stehen und sehe ihn an: "Tut mir Leid... Ich wollte nur schnell..." Er nickt: "Er ist doch... jetzt weg, oder? Wir können langsamer gehen..." Ich muss seufzen: "Du hast Recht... Sorry." Nach einem kurzen Augenblick der Stille, umarmt er mich und versteckt sein Gesicht dabei. "Ich möchte da nicht nochmal hin...", sagt er leise. "In Ordnung... musst du nicht nochmal...", antworte ich ihm: "Komm... gehen wir." Ich nehme seine Hand und gehe langsam mit ihm weiter.

Nachdem wir eine Zeit lang ruhig nebeneinander eine Straße entlang gegangen sind, sieht Ruby ruckartig zur anderen Straßenseite. Er sieht sehr überrascht und ein wenig geschockt aus: "Das ist...!" - "Huh? Was ist?" Was hat er? Er hält meine Hand fester und aus irgendeinem Grund, läuft mir ein Schauer über den Rücken. "Ruby, was ist los?" Auf einmal ertönt ein bekannter Alarm. "Vampir..", sagt Ruby leise. Im Schatten neben einem Haus erkennt man, wie sich eine Figur bildet. Sie bewegt sich, es ist eine Person und diese Person bewegt sich langsam, aber sicher, in unsere Richtung. Das kann nicht wahr sein..! "Komm, Ruby...! Lass uns gehen...! Schnell...!" Ruby bewegt sich keinen Zentimeter. Er steht dort, wie angewurzelt. Immer deutlicher, erkennt man langes hellblondes gewelltes Haar, eine blasse Haut und rot schimmernde Augen. Es ist eine Frau, vielleicht Anfang 20. Meine Augen weiten sich, als ich ihre Kleidung sehe. Es ist wahrscheinlich derselbe Kittel, den auch Ruby getragen hat, nur ist ihrer voll mit Blut. Deutlich mehr, als es bei Ruby war. "Na, wen haben wir denn da...! Das muss doch ein schlechter Scherz sein.", sagt sie. Meint sie mich? Oder Ruby? Sie kommt näher: "Das bist du doch, oder? 35." Also meint sie Ruby. Ich schaue rüber zu ihm. Er bewegt sich kein Stück und starrt sie bloß an. Sie spricht weiter: "Wie siehst du eigentlich aus? Das ist ein wenig peinlich, nicht?" Ihr Blick fällt auf mich und wird etwas ernster: "...und warum gibst du dich mit einem Menschen ab?" Es scheint ihr nicht zu gefallen. "Hey, 35. Antworte mir. Was hat das zu bedeuten?? Hintergehst du uns!?" Sie wirkt sehr bedrohlich. Ich merke, wie Rubys Hand angefängt, zu zittern. Ihr Gang beschleunigt sich: "Na warte, du...!" Schnell ziehe ich Ruby hinter mich, während sie ihre Zähne flätscht. Sie ist kurz vor uns, als ich meine Augen zusammenkneife und mich auf das Schlimmste einstelle. Doch dort kommt nichts, außer ein Lautes Geräusch. Ich öffne meine Augen schnell wieder: "Ein Schuss...?"

Ruby versteckt sein Gesicht in meiner Brust, während die Frau zu Boden fällt. Sie regt sich nicht mehr. "Hey! Seid ihr in Ordnung??", ruft eine Stimme. Ich drehe meinen Kopf ruckartig in die Richtung, aus der die Stimme kommt und erblicke zwei Männer. "Polizisten...", murmel ich. Sie gehen auf uns zu. "Moment mal, bist du nicht der Junge, den wir letztens schonmal getroffen haben, als es um einen Vampir ging?", fragt einer von ihnen. Erst jetzt erkenne ich, dass es die Männer sind, die mich nachhause gefahren haben, als ich Ruby zum ersten Mal gesehen habe. Ich nehme Ruby in den Arm. Sie dürfen nicht sehen, dass er auch ein Vampir ist. "Heheh... der bin ich." Ich lächel und der Polizist seufzt: "Du bist ja ein richtiger Glückspilz." Sein Blick fällt auf Ruby: "..hat er Angst?" - "E-er ist wohl etwas geschockt...! Machen sie sich keine Sorgen - Ich kümmer mich um ihn." Er nickt: "In Ordnung... passt noch weiterhin gut auf, ja?" - "Alles klar..!" Sie wenden sich von uns ab und beobachten den Vampir. Ich sehe zu Ruby: "...komm." Ich nehme ihn an der Hand und ziehe ihn mit mir. Am besten gehen wir so schnell wie möglich von den Polizisten weg, bevor sie noch Verdacht schöpfen. Ruby schnieft: "Tot... sie haben sie... sie haben sie erschossen...!" - "Ich weiß...", antworte ich mit einer ruhigen Stimme. Er sieht so geschockt aus. "Hey, Ruby... zuhause gebe ich dir etwas Blut, in Ordnung?" Er nickt. "..kannst du auch etwas anderes trinken, außer Blut?" Ruby zuckt mit den Schultern: "Vielleicht... aber ich brauche Blut, um zu überleben..." - "Das weiß ich doch..."

An meinem Haus angekommen, öffne ich die Tür mit einem Schlüssel. Ich ziehe Ruby mit in das Haus und höre daraufhin, wie meine Mutter zu uns geht. "Mund zu lassen...!", flüster ich zu Ruby und er nickt. Meine Mutter sieht uns etwas überrascht an: "Schon wieder da? Das habe ich gar nicht erwartet." Ich nicke: "War irgendwie langweilig." Sie sieht Ruby etwas fragend an. "E-ein Kumpel...!", sage ich und ziehe ihn mit mir die Treppe hoch. "Warte, ihr müsst noch eure Schuhe ausziehen!", ruft meine Mutter uns hinterher, aber ich antworte ihr nicht. Ich bringe Ruby in das Badezimmer, in welchem ich ihn von seiner Kleidung befreie und ihm das Make up abwasche. "Ernsthaft... wie hartnäckig ist das Zeug?" Er beobachtet mich: "Kai...?" - "Ja?" - "Ich sagte dir doch, einige von uns sind aggressiv.." Ich nicke. Ruby spricht weiter: "Wären die Männer nicht da gewesen... und wäre ich auch nicht da gewesen...!" Er umarmt mich, woraufhin ich etwas rot werde. "Dann wärst du jetzt tot...!" Er krallt sich an meinem Rücken, an meinem Oberteil fest. Langsam lege ich das Tuch, mit welchem ich ihm abgeschminkt habe, weg und lege meine Arme um ihn: "Hey... Ruby... Aber ihr wart doch alle da, nicht...? Kein Grund zur Sorge... Außerdem.. kann sie mir nun eh nichts mehr tun." - "Sie ist 26..." - "Eh? 26?" - "Ihre Nummer!", fügt er hinzu: "Ihre Nummer ist 26... Ich habe sie... dort öfter gesehen. Sie war oft ziemlich... sie hat es nie akzeptiert, dass sie dort sein musste..." - "Ich verstehe..."  Er drückt sich mehr an mich: "Sie war nun endlich draußen... und jetzt ist sie..." Ich streichel aufmunternd über seinen Kopf: "Aber wenigstens hat sie es geschafft, nochmal nach draußen zu kommen, nicht?" Ruby schaut langsam zu mir hoch: "...Menschen... sind eigentlich viel böser, als wir." Ich gebe ein überraschtes "Uh..." von mir, nachdem er das sagt. Er lässt los und zieht seine Hände zu sich: "Als ich hierher kam, war ich verletzt, weil ein Mensch mich angegriffen hat. Ich wollte einem Tier das Blut aussagen... damit ich es nicht bei einem Menschen machen muss und trotzdem überlebe. Und trotzdem wurde ich dafür angegriffen... dabei esst ihr doch selbst Tiere!" Er überrascht mich damit, dass er seine Stimme erhebt. "Ruby..." - "Ihr esst selbst Tiere! Ihr sperrt sie ein und lasst sie unter erbärmlichen Verhältnissen leben..! Und genau dasselbe habt ihr mit uns gemacht!" In seinen Augen bilden sich Tränen:
"Kannst du es mir sagen, Kai? Kannst du mir sagen, wieso wir dafür bestraft werden, wie wir geboren wurden? Die Vampire, die euch angreifen, tun es entweder, weil sie überleben wollen, oder aus Hass! Aus Hass auf die Menschen, die denken, sie könnten sich alles erlauben!" Ich finde keine Worte, um ihm zu antworten und starre ihn einfach weiterhin an. Er hat Recht, aber trotzdem fällt es mir schwer, ihm zuzustimmen. Vorsichtig lächle ich ihn an: "Aber, hey... ich bin doch nett zu dir und lass dich Blut trinken, oder...?" Daraufhin beginnen die Tränen, seine Wangen runterzulaufen und er nickt. Er nimmt mich wieder in den Arm und ich ihn auch. "Nicht weinen..."

Im Licht der Straßenlaterne (BoyxBoy)Where stories live. Discover now