19. Kapitel - Blutsbrüder

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Newt blickte unschlüssig zu Thomas, dann zu Minho. Seine Finger wollten nach der Spritze greifen, doch unbewusst zögerte er. Im Grunde war er sich sicher, dass Thomas die Wahrheit sagte, aber der bloße Gedanke daran, sich eine unbekannte Substanz zu injizieren, ließen ihm die Nackenhaare zu Berge stehen. Schließlich griff er beherzt danach, was hatte er denn schon zu verlieren. Wenn sich in dieser Phiole tatsächlich das Heilmittel befand, würde er wieder völlig gesund werden und könnte dieses beschissene Gefängnis endlich verlassen. „Und wenn nicht?", neckte ihn sein Verstand. Nun wenn nicht, würde er vermutlich daran sterben, wäre ja nicht das erste Mal. Bei diesem Gedanken musste Newt grinsen. „Was ist so lustig?", fragte ihn Thomas. Newt schüttelte den Kopf. „Nichts, alles in Ordnung. Er hielt den Glaszylinder gegen die Sonne und bestaunte die blaue Flüssigkeit im Inneren, das Sonnenlicht verlieh ihr ein fast magisches Leuchten. „Du bist dir sicher, dass es funktioniert?", versicherte sich der blonde Junge erneut. „Ich würde es dir niemals geben, wenn ich mir nicht zu einhundert Prozent sicher wäre." „Ich verbürge mich für diesen Strunk", sagte Minho. „Er hat zwar manchmal nicht alle Tassen im Schrank, aber du kannst ihm trauen." Thomas warf Minho einen strafenden Blick zu. „Wenn das so ist", sagte Newt und entfernte vorsichtig die Schutzkappe der Phiole, „dann will ich das mal glauben." „Perfektes Timing", fluchte Thomas. Gerade als sich Newt die Phiole an den Oberarm setzte, näherten sich Julia und dieser Chris. Im Schlepptau folgten ihnen Gally, Aris und Sonya. Thomas wollte nicht, dass Julia sah, was hier vor sich geht. Er konnte sie immer noch nicht so recht einschätzen und womöglich versuchte sie Newt das Heilmittel zu entreißen und das wollte, nein das konnte er einfach nicht zulassen. Er musste dafür sorgen, dass sich sein Freund das Mittel spritzte, und zwar jetzt sofort.

Die Gruppe um Julia war nur noch wenige Meter von ihnen entfernt. „Ihr habt euren Freund also gefunden", rief ihnen Julia entgegen. Thomas sah zu Minho, der nickte und lief los, um die herannahende Gruppe so lange aufzuhalten, bis sich Newt das Heilmittel gespritzt hatte. „Newt, du musst es jetzt tun", drängte ihn Thomas. Seine Stimme zitterte leicht, aber er war jetzt einfach zu aufgeregt. Wenn jetzt in letzter Sekunde noch etwas schief ginge, würde er sich das niemals verzeihen können. Newt sah noch einmal zu Thomas, dann zu der heraneilenden Gruppe, schließlich drückte er den Auslöser.

Der Injektor gab ein leises Klicken von sich, die Nadel schoss heraus und fuhr in Newts Oberarm. Ein greller Schmerz durchzuckte seinen Körper, der aber ebenso schnell verschwand, wie er gekommen war. Schließlich leerte sich das Glasröhrchen und das blaue Heilmittel verschwand geräuschlos in seinen Adern.

Minho hatte die anderen nicht lange aufhalten können, als Gally und Aris erkannten, dass sie tatsächlich Newt gefunden hatten, stürmten sie auf ihn los. Aber die kurze Verzögerung hatte gereicht, dass sich Newt die Phiole verabreichen konnte. Thomas atmete langsam und tief aus, er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass er den ganzen Vorgang über, die Luft angehalten hatte. Nun war er einfach nur unendlich glücklich und erleichtert, sein Freund hatte das Heilmittel bekommen, alles andere war nun unwichtig.

Gally erreichte Newt als erster und umarmte seinen alten Freund stürmisch. „Ich kann es nicht glauben!", rief er überschwänglich. „Dieser hässliche Strunk ist tatsächlich am Leben." Nun trafen auch Aris und Sonya auf ihren totgeglaubten Freund. Einen Moment standen sie ungläubig da und starrten ihn an, als ob er das achte Weltwunder wäre. Vermutlich war er es auch, denn dass er noch lebte, grenzte buchstäblich an ein Wunder. Schließlich entkamen die beiden ihrer Schockstarre und umarmten ihren Freund stürmisch. Newt erwiderte die Umarmungen, obwohl er nicht recht wusste, wer all diese Leute waren, die ihn hier so überschwänglich feierten. Minho und Thomas beobachteten amüsiert, mit Julia und Chris das Treiben aus einigen Metern Entfernung. „Dieser Strunk", sagte Gally und deutete dabei auf Thomas, „nervt uns seit Wochen mit seinen Albträumen über dich und nun stehst du tatsächlich lebendig vor uns." „Aber nicht mehr lange", röchelte Newt. „Kommt schon, Leute, ihr erwürgt mich noch", fügte er lachend hinzu. „Wie ist das nur möglich?", rief Sonya und wischte sich die Freudentränen aus den Augen. Newt war sichtlich gerührt, auch wenn er die Wiedersehensfreude nur bedingt teilen konnte, da ihm diese Leute völlig unbekannt waren. Auch wenn ihm sein Herz sagte, dass es seine Freunde waren, sein Verstand konnte ihm keine vernünftige Erklärung dazu liefern.

Maze Runner 4 - Ein neuer AnfangWhere stories live. Discover now