Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist ein Stein

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Lea POV:
Immer schön lächeln und winken, dachte ich und hob die Hand, um mich von den Bürgern der Seestadt zu verabschieden. Eigentlich war mir gerade so gar nicht nach lächeln. Mit jedem Meter, dem wir uns dem Erebor näherten, kamen wir auch der Schlacht näher, bei der alles enden würde. Ehrlich gesagt, hatte ich eine Scheißangst davor. Und das wir Mädchen uns jetzt auch noch aufteilten, trug auch eher zu einer miesen Stimmung bei.
Hinter uns wurden die Häuser immer kleiner und vor uns der Berg immer größer.
„Ich kann das immer noch nicht fassen, die haben uns einfach allein gelassen!", jammerte Anne neben mir und ich zuckte nur mit den Schultern.
„Das war doch schon von Anfang an klar gewesen, dass Emmi bei Willi bleiben will und bei Franzi hätte ich das jetzt eher weniger erwartet, aber das ist ihre Entscheidung.", entgegnete ich und die Asiatin sah immer noch enttäuscht aus.
„Dann hätte ich auch gleich bei Elladan bleiben können...", murmelte sie und da ich darauf keine Antwort wusste, tat ich einfach so, als hätte ich das überhört.
Ich wandte mich ab und lief zum Bug des Bootes. Da mussten irgendwo Decken liegen, ja, mir war jetzt schon kalt.
„Lea?"
„Ja?", fragte ich und drehte mich zu Bilbo.
„Suchst du das hier?"
Lächelnd hielt er mir eine Wolldecke hin, die ich dankend an nahm. Aus irgendeinem Grund hatten wir Mädchen keine Kriegskleidung bekommen, sodass wir immer noch die leichte Reisekleidung aus Bruchtal trugen. Ich pustete in meine Hände, damit die Taubheit aus meinen Fingern verschwand und betrachtete den Erebor, der von dichten Wolken umhüllt war.
„Irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl...", sagte der kleine Hobbit plötzlich neben mir. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er immer noch neben mir stand.
„Da bist du nicht alleine, Bilbo....", meinte ich mit einem Seufzen und der Hobbit warf mir einen Blick von der Seite zu. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
„Ich bin aber fest davon überzeugt, dass du das schaffen wirst. Ich verspreche dir, dass du da...", ich zeigte auf den Einsamen Berg, „...lebend wieder raus kommen wirst."
„Altes Beutlin-Ehrenwort?", fragte Bilbo zweifelnd und ich grinste.
„Altes Beutlin-Ehrenwort", bestätigte ich und er erwiderte mein Lächeln. Plötzlich hatte ich das dringende Bedürfnis, ihn einmal durch zu knuddeln. Mit dem Hobbit hatte ich mich von den Männern hier am meisten angefreundet, wahrscheinlich lag das daran, dass er eher ein stiller Typ war.
„Wenn wir zusammen halten, werden wir alle lebend raus kommen!", sagte Bilbo jetzt voller Überzeugung und ich schenkte ihm ein trauriges Lächeln.
„Du bist echt ein Schatz, Bilbo!"
Ich wuschelte ihm einmal durch die dichten, braunen Locken und er verzog das Gesicht. So brachte er mich zum Lachen.
„Ich wüsste echt nicht, was ich ohne dich machen würde!", gab ich zu und er lächelte nur selig. Dann suchte Bilbo sich neben Anne ein Plätzchen, wo er sich noch einmal ausruhen konnte, bevor wir zum Erebor wandern mussten. Mir war jetzt nicht nach schlafen, deshalb lehnte ich mich über die Reling und starrte ins dunkle Wasser. An den Gedanken daran, dass ich darin schon mal mehr oder weniger freiwillig schwimmen musste, fröstelte ich. Schnell trat ich ein paar Schritte zurück und stolperte, wie sollte es auch anders sein, gegen jemanden.
„Pass auf, dass du nicht wieder ins Wasser fällst", warnte mich Balin und ich drehte mich zu ihm um.
„Und wenn, dann weiß ich ja, wer mich rettet", sagte ich und der alte Zwerg zog fragend eine Augenbraue hoch. Mein Blick wanderte wie von selbst zu Thorin, der vorne am Schiff stand. Der rote Umhang seiner Rüstung wehte sachte im eisigen Wind und er blickte starr zum Einsamen Berg.
Als ich wieder zu Balin guckte, sah er eher besorgt aus, als alles andere und jetzt war ich die, die ihn fragend ansah.
„Weißt du, Lea...", fing er an und ich ahnte schlimmes.
Wehe, der kommt mir jetzt mit einer Aufklärungsstunde...
„Du kennst Thorin mittlerweile gut und weißt, wie...aufbrausend er manchmal sein kann. Was ich damit sagen will, ist, dass du einfach auf dich aufpassen sollst. Du weißt, wie gut und schnell er jemanden verletzen kann, auch wenn er es in diesem Moment vielleicht gar nicht merkt."
Ich schwieg, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte.
„Gibt es einen Grund?", fragte ich nach einer Weile.
Balin wollte schon antworten, doch ich kam ihm zuvor.
„Also, ich meinte nicht, wieso er immer so ist, wie er ist. Das ist einfach seine Art. Ich meinte, ob es einen Grund gibt, wieso er keine Frau hat?", erklärte ich etwas zögernd.
Diese Frage spukte schon länger in meinem Kopf herum. Vielleicht sabberte der Zwergenkönig ja im Schlaf oder stand auf pinke Einhörner, was weiß ich...
Balin sah mich im ersten Moment überrascht an, versuchte dann aber eine Antwort zu finden.
„So genau, weiß ich das gar nicht, wenn ich ehrlich sein soll. Er hat sich nie wirklich zu diesem Thema geäußert und, soweit ich weiß, hat er auch nicht nach einer geeigneten Zwergin gesucht. Aber eigentlich solltest du ihn selbst fragen, wenn du es genau wissen willst."
Ich nickte nachdenklich und sah zu, wie sich die Wellen am Bootrand brachen und sich weißer Schaum bildete. Irgendwann ließ mich der weißhaarige Zwerg alleine und ich versank in meinen Gedanken.

*
Nach drei Tagen durchwandern, sollten wir endlich beim Erebor ankommen. Das ewige Laufen machte mir und Anne nicht mehr viel aus, da wir ja schon seit Monaten durch ganz Mittelerde latschten. Ich erinnerte mich noch sehr gut an den Anfang der Reise, wo ich schon nach ein paar Minuten wie eine alte, dicke Oma geschnauft hatte.
Anne und ich vertrieben uns die Zeit mit Lieder singen und erzählten uns gegenseitig irgendwelche dummen Witze à la „Warum legt eine Blondine eine Bananenschale auf das Dach?...Damit der Blitz ausrutscht!", wobei die Zwerge schon bald total genervt von uns waren. Mit Fili und Kili wäre das viel lustiger gewesen, die hätten sich bestimmt darüber tot gelacht und dann waren da ja noch Franzi und Emmi, ohne die wir auch nicht so richtig wussten, was wir machen sollten.
Naja, auf jeden Fall wanderten wir gerade durch ein Tal und ich summte etwas gelangweilt vor mich hin, weil ich die Melodie von einem Lied einfach nicht mehr aus dem Kopf bekam. Anne gingen direkt vor mir und natürlich waren wir die Langsamsten von Thorin & Company und liefen ganz hinten. Doch Ori hatte sich irgendwann zurückfallen lassen und lauschte, wie ich leise auf der, für ihn, fremden Sprache sang. Nur mal so nebenbei bemerkt, im Gegensatz zu Franzi, konnte ich überhaupt nicht singen.
Ori rückte ein Stück näher zu mir heran, um zu verstehen, was ich da sang. Ich endete und sah ihn an.
„Ich hab voll den Ohrwurm", erklärte ich und sofort sah mich der schüchterne Zwerg entsetzt an und machte wieder ein paar Schritte von mir weg.
„Du hast ein Wurm in deinem Ohr?! Ist das ansteckend?", sagte er angeekelt und jetzt bekamen es auch die anderen Zwerge mit. Anne vor mir kicherte leise und ich wurde rot.
So dumm muss man aber auch erst mal sein, um so ein Wort in Mittelerde zu verwenden...
„Nein, nein, das sagt man nur so! Natürlich hab ich kein Wurm in meinem Ohr. Wenn man ein Lied nicht mehr aus dem Kopf bekommt und es die ganze Zeit singen muss, sagt man, dass man ein Ohrwurm hat", erklärte ich schnell und die Zwerge drehten sich wieder uninteressiert weg, nur Ori sah mich noch kurz zweifelnd an und lief dann wieder nach vorne zu seinen Brüdern.
Na, toll. Das hast du jetzt davon...
Anne grinste immer noch und ich sah sie böse an.
„Ein Mann geht um die Ecke, was fehlt?", fragte sie.
„Der Witz...", grummelte ich gelangweilt und die Asiatin bekam einen Lachanfall und hüpfte dann nach vorne zu Gloin, um ihn zu nerven. Ich wollte ihr noch etwas hinterher rufen, aber ich stolperte und war dann damit beschäftigt, mein Gleichgewicht wieder zu finden.
Als dann plötzlich Thorin neben mir auftauchte, erschrak ich und stolperte gleich noch einmal.
„Du hast also ein Wurm im Ohr?", fragte er belustigt.
Ich hatte gleich Ähnlichkeiten mit einer roten Tomate und schaute verlegen auf meine Füße. Jetzt hatte der das auch noch mitbekommen.
„Weißt du, wie lange wir ungefähr noch brauchen?", wich ich aus und er schaute kurz zum Himmel, um anhand der Sonne zu überprüfen, wie spät es war.
„Ich denke, nicht mehr lange. Die Gegend kommt mir schon bekannt vor und wir müssen bald nach der Tür Ausschau halten. Das wird wohl der schwierigste Teil", antwortete er und ich dachte kurz darüber nach, ihm einfach zu verraten, wo die Tür war und wie man sie aufmachte. Aber dann entschied ich mich dagegen, da wir so wenig wie möglich von der Geschichte verändern wollten. Die sollten mal schön suchen, bis Bilbo kapierte, was es mit der Drossel auf sich hatte.
„Ich hab mich getäuscht", sagte er plötzlich und ich sah ihn verwirrt an.
„Wieso solltest du dich getäuscht haben? Sind wir doch nicht auf dem richtigen Weg oder hast du...", plapperte ich sofort drauf los und er unterbrach mich mitten im Satz.
„Ich dachte immer, dass Menschen dumm und besonders Frauen nutzlos sind, deshalb wollte ich am Anfang auch nicht, dass ihr uns begleitet, da ich dachte, dass ihr mir nur ein Klotz am Bein seid. Doch ich habe mich getäuscht. Sowohl ihr, als auch den Hobbit, würde ich heute sofort mit auf eine Reise nehmen."
Wow, sollte das jetzt ein Kompliment sein? Oder eine Entschuldigung, weil er sich nicht bei mir bedankt hatte?
„Ähm...", fiel mir dazu nur ein, doch er bekam das gar nicht mit, weil er gleich weiter redete.
„Am Anfang dachte ich auch, dass ich dich am wenigsten brauchen werde..."
Okay, das war jetzt hart.
„...aber als du ins Wasser gefallen bist, kurz bevor wir in Seestadt waren, habe ich gemerkt, dass ich dich sehr wohl brauche. Dass...", er stoppte kurz und suchte nach Worten, „...Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, schon als du bei den Steinriesen fast runter gefallen wärst. Ich habe das Gefühl, dass ich immer auf dich aufpassen muss und ich fühlte mich hilflos, als ich sah, dass du sauer auf mich warst. Was ich dir damit sagen will, givashel, ist, dass ich dich..."
Jaaa, und ihr wisst sicher, was jetzt kommt.
Wie nicht anders zu erwarten und ganz typisch Lea, verhakte ich mich mit dem Fuß zwischen zwei Steinen und packte mich der Länge nach hin. Ich ließ diverse unschöne Flüche ab und ließ mir von dem Zwergenkönig wieder aufhelfen, der mir sofort eine Hand hin hielt.
„Hast du dich verletzt?", fragte er und ich schüttelte den Kopf.
„Ich hab mir nur ein bisschen die Hände aufgeschürft, ist nicht weiter...", ich brach ab, als er meine Hände in seine nahm und die Innenflächen betrachtete. Abgesehen davon, dass seine Hände im Gegensatz zu meinen, die eh schon sehr klein waren, wie die von einem Riesen aussahen, verursachte diese Geste ein wahres Chaos in meinem Inneren.
Seine sanfte Berührung schickte winzige, elektrische Stöße durch meine Haut und ein leichtes Kribbeln breitete sich in meiner Magengegend aus. Mein Herz fing wild in meiner Brust an zu flattern und bevor noch mehr passieren konnte, zog ich schnell meine Hände zurück. Thorin ließ seine langsam wieder sinken und hob dann den Kopf, um mich anzusehen. Ich musste mich beherrschen, um jetzt nicht in seinen stahlblauen Augen zu versinken.
„Geht schon...", murmelte ich und versuchte zu verstehen, was plötzlich mit mir los war.
Kurz blitzte etwas in Thorins Augen auf, was ich nicht deuten konnte und dann hörte ich Balins Stimme, der nach dem Zwergenkönig verlangte. Dieser warf mir noch einen letzten Blick zu und lief dann wieder nach vorne.
„Was ist das für ein Ort?", fragte Bilbo und ich zuckte nur mit den Schultern, weil ich gerade gar nichts mehr mit bekam.
„Einst war das die Stadt Thal, jetzt ist es eine Ruine. Es ist nur noch Smaugs Einöde.", erklärte Balin.
Anne, die schon weiter vorne gewesen war, kam wieder zu mir zurück und schob mich auf einen Felsen hinauf, sodass ich auch endlich die verlassene Stadt sehen konnte.
„Denken, Lea, und schön weiter atmen!", befahl sie mit einem Kichern. Ich wurde rot und hörte lieber der kleinen Auseinandersetzung zwischen Bilbo und Thorin zu, ob wir hier auf Gandalf warten sollten. Aber Thorin hatte anscheinend keinen Bock auf diesen alten Sack...okay, das habt ihr gerade nicht gehört!
Naja, auf jeden Fall liefen wir dann mindestens drei Stunden wie geistig Verkrüppelte durch die Gegend, weil Thorin der Meinung war, dass die geheime Tür hier irgendwo sein musste. Anne und ich setzten uns irgendwann auf einen kleinen Felsen und streikten, da wir keine Lust mehr hatten. Stattdessen schauten wir Ori, Nori und Dori zu, wie sie sich stritten, wer als erster über die Türschwelle treten durfte, wenn sie den Eingang zum Erebor gefunden hatten. Eben ein typischer Streit unter Geschwistern, aber wenigstens sorgte das für ein bisschen Unterhaltung.
Und dann schrie plötzlich Bilbo laut rum und ich hievte mich vom Felsen hoch.
„Na, endlich. Hättet ihr nicht ein bisschen schneller machen können?", murrte Anne und erntete daraufhin einen von Thorins Killerblicken. Jetzt, wo Franzi nicht mehr da war, hatte er bestimmt schon voll den Entzug, weil er niemanden mehr zum Anmotzen hatte.
Ich lief ein paar Schritte, bis ich die riesige Zwergenstatue sah, die in den Berg gehauen war. Davor war die lange Treppe und ich hatte jetzt schon kein Bock, da hoch zu latschten.
„Boha, das Teil ist ja voll unauffällig und so klein!", sagte Anne hinter mir und ich verkniff mir ein Lachen.
„Los, wir müssen uns beeilen!", rief Dwalin und begann mit dem Aufstieg. Die anderen Zwerge folgten ihm.
„Will mich jemand tragen?", fragte ich und Thorin lief schon auf mich zu.
„Das war ein Scherz!", sagte ich schnell unter dem Lachen meiner Freundin und er drehte sich wieder um.
„Meinst du, er hätte das wirklich gemacht?", fragte die Asiatin und ich zuckte nur, schon wieder rot, die Schultern.


*

Nach fünf Stufen hatte ich keine Lust mehr, blieb stehen und jammerte rum. Außerdem war das voll anstrengend, immer darauf zu achten, nicht irgendwie zu stolpern.
„Lea, du bist erst zwei Meter gelaufen...", sagte Anne und ich sah sie an.
„Siehst du? Das ist schon voll weit!"
Anne verdrehte die Augen, doch dann kam ihr eine Idee.
„Lass uns 'Ich sehe was, was du nicht siehst' spielen, dann sind wir ganz schnell oben!", rief sie begeistert aus und dann mussten wir den Zwergen erst mal das Spiel erklären. Nur irgendwie waren die zu doof dafür, weil alle sagten immer nur: „Ich sehe was, was du nicht siehst und das grau."
„Ein Stein!", riefen dann die anderen und das wiederholte sich immer. Aber wenigstens merkte ich so nicht mehr, wie die Zeit an uns vorbei zog und plötzlich gab es keine Stufen mehr, auf die ich klettern konnte.
„Oh, wir sind ja schon oben!"
„Ich sag doch, so geht das ganz schnell", antwortete Anne und erklomm die letzte Treppenstufe.
„Das muss sie sein. Die geheime Tür!", sagte Thorin und lief zu der Wand, die vom Licht der untergehenden Sonne angestrahlt wurde.
„Sollen alle, die an uns zweifeln, diesen Tag bereuen!", rief der Zwergenkönig mit einem Lächeln auf den Lippen und die anderen jubelten zustimmend.
Dwalin trat vor und tastete den Fels ab, auf der Suche nach dem Schlüsselloch. Anne und ich hatten uns versprochen, dass wir nichts sagen würden, damit wir nicht so viel von der Geschichte änderten.
Dann schickte Thorin Nori zum Fels, damit er mithilfe von einem Löffel irgendwas hören sollte, das Hinweise auf ein Schlüsselloch gab. Doch auch das klappte nicht und irgendwann trat Dwalin gegen die Tür und schrie sie an, dass sie gefälligst auf gehen sollte. Währenddessen stieg die Sonne immer tiefer und die Schatten krochen den Felsen hinauf.
„Schlagt sie ein!", befahl Thorin, „Na, los!"
Vor ein paar Minuten waren alle noch voller Hoffnung gewesen, doch jetzt wich das Glücksgefühl einer Panik, die in Wut überging.
„Es nützt nichts! Die Tür ist versiegelt, mit Gewalt kommt man hier nicht rein. Ein mächtiger Zauber liegt darauf", rief Balin und die Zwerge ließen davon ab, mit den Waffen dagegen zu schlagen.
In diesem Moment verschwand die Sonne endgültig hinter den Bergen und hüllte uns in einen Schatten.
„Nein", sagte Thorin leise und wiederholte sich noch einmal lauter. Dann faltete er die Karte auseinander und las vor.
„...Ihren letzten Strahl am Durinstag hinab fallen lässt auf das Schlüsselloch...So...so steht es hier", er ließ die Karte sinken und ich hörte die tiefe Verzweiflung in seiner Stimme.
„Was haben wir übersehen, Balin?"
Der weißhaarige Zwerg schüttelte nur den Kopf.
„Das Licht ist fort, wir können nichts mehr tun. Wir hatten nur diesen einen Versuch...Lasst uns gehen, es ist vorbei."
Die Zwerge wandten sich zum Gehen und Bilbo konnte nur fassungslos zusehen.
„Wo wollen sie hin? Ihr dürft jetzt nicht aufgeben!", schrie er, doch die Männer ignorierten ihn.
Dann hörte ich ein Klirren und drehte mich um. Thorin hatte den Schlüssel fallen lassen und drückte dem Hobbit die Karte in die Hand.
„Thorin! Du darfst jetzt nicht aufgeben...", die letzten Worte flüsterte der Halbling nur noch.
„Thorin, warte! Wir wissen...", fing ich an, weil ich das nicht länger mit ansehen konnte, doch Anne gab mir einen leichten Stoß und ich verstummte. Der Zwergenkönig hatte sich aber trotzdem wieder zu mir umgedreht und sah mich mit einem so herzzerreißendem Blick an, dass ich ihn am liebsten einmal geknuddelt hätte.
„Das...das tut mir alles so leid!", sagte ich leise.
Doch er antwortete nicht und wandte sich wieder ab. Aus irgendeinem Grund tat das weh, ihn so zu sehen.
„Verdammt", murmelte ich leise, als er mich stehen ließ.
Bilbo ging den Spruch noch einmal durch und die ersten Mondstrahlen warfen ihr Licht auf den Fels. Ich konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf ratterte und dann Klick machte.
„Na endlich", sagte Anne leise und dann schrie Bilbo, dass alle zurück kommen sollten.
„Es ist das Licht des letzten Herbstmondes! Wo ist der Schlüssel?"
„Da", sagte ich, doch der Hobbit trat den Schlüssel weg, sodass er fast über den Rand, des Felsens geschlittert wäre, wenn Thorin ihn nicht im letzten Moment mit seinem Fuß aufgehalten hätte. Er hob ihn auf und jetzt kamen auch die anderen Zwerge in einer Reihe wieder zurück. Wie die das so schnell alle geschafft hatten, war mir ein Rätsel, aber egal...
Und dann war alles ganz einfach. Thorin schloss mithilfe des Schlüssel die Tür auf und schob sie auf. Und in diesem Moment sah ich zum ersten Mal das Innere des Erebors.

Vier Bekloppte in MittelerdeDonde viven las historias. Descúbrelo ahora