Der Antrag

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Anne POV:
Überall um uns herum brach Chaos aus und ich wusste gar nicht mehr, wo ich zuerst hin gucken sollte. Die Orks hatten jeden hier überrascht, naja, außer Gandalf.
„Mupfel!", brüllte ich und das kugelrunde Federvieh ließ von den Orks ab, die er gerade zur Hälfte zermatscht hatte. Er sah mich mit großen, orangegelben Augen unschuldig an und tschipte einmal. Dann jumpte er wieder zu uns.
„Elladan, wir müssen hier sofort weg! Thal ist ungeschützt und wenn wir nicht rechtzeitig ankommen, werden dort alle so wie die aussehen!", sagte ich laut in sein Ohr und zeigte auf die zermatschten Orks, die aussahen, als würden sie von einem LKW überfahren worden sein...oder halt von Mupfelchen platt gemacht. Der braunhaarige Elb verzog kurz das Gesicht und nickte dann. Ich hatte wohl vergessen, dass er ziemlich empfindliche Ohren hatte.
Gewaltige Orkmassen rasten auf die Zwerge und Elben zu und dann entstand ein riesiges Gemetzel. Für einen Moment waren wir beide wie erstarrt, doch dann wieherte Niquesse laut und ich rüttelte Elladan einmal durch.
„Mach, verdammt nochmal, etwas!", schrie ich so laut in sein Ohr, dass er wegen mir wahrscheinlich einen Hörsturz bekam. Und endlich kam wieder Bewegung in ihn und er trieb Niquesse an. Ich wäre fast runter geflogen, weil das Pferd so schnell nach vorne preschte.
Ich versuchte Bard irgendwie Zeichen zu geben, aber er sah mich in dem ganzen Chaos nicht. Dann ertönte wieder ein lautes Horn und im nächsten Moment erschienen Trolle auf der Bildfläche. Das Problem war nur, dass sie uns den Weg nach Thal versperrten.
„Was jetzt?", sagte ich hilflos und krallte mich fest an den braunhaarigen Elben.
„Sieh zu und lerne", rief Elladan ganz cool zurück, dann pfiff er.
Im nächsten Moment schoss ein weißes Federbündel an uns vorbei und erst als es direkt vor zwei Trollen stehen blieb, erkannte ich Mupfel, der uns gefolgt war. Niquesse raste weiter genau auf die Trolle zu und langsam bekam ich Panik. Doch dann gab Mupfel ein Geräusch von sich, dass ich noch nie von ihm gehört hatte. Es war eine Mischung aus Zischen und Knurren, dabei zeigte er noch eine Reihe spitzer Zähne, als er den Schnabel aufmachte. Er sah so furchterregend aus, dass mir ein kalter Schauer über den Rücken lief.
„What the...?", stieß ich fassungslos hervor und konnte nur mit offenem Mund zu gucken.
Mupfel zischte wieder und flatterte mit seinen winzigen Flügeln, doch das reichte, damit die beiden Trolle den Kopf einzogen und sich wie verprügelte Hunde zurück zogen.
„Ja, verpisst euch doch, ihr Memmen!", jubelte ich triumphierend und Niquesse galoppierte, ohne das Tempo zu zügeln, weiter auf Thal zu.
Mupfel tschipte zustimmend, seine ganze Aggressivität war verschwunden und er war jetzt wieder nur das niedliche, kugelrunde Ding, auf dem immer die Kinder vergnügt rum kletterten. Und in diesem Moment war ich froh, dass wir ihn bei Elladan gelassen hatten. Ohne ihn, wäre er niemals so krass geworden.
Doch meine Freude währte nicht lange. Gerade als wir die Brücke zu der zerfallenen Stadt erreichten, machte uns Azog einen Schnitt durch die Rechnung. Ein weiteres Orkheer steuerte mit mindestens fünf Trollen auf Thal zu. Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah, dass Bard endlich reagierte und den Menschen den Befehl zum Rückzug gab.
Als wir durch das Tor ritten, konnte ich gerade noch sehen, wie mehrere Felsbrocken die ersten Türme von Thal zerstörten. Außerdem war Bard jetzt ein Stück hinter uns und ritt ebenfalls über die Brücke.
Es wurde schlagartig still, als wir die schützenden Mauern von Thal erreichten und man hörte nur das Klappern, dass die Hufe von Elladans Pferd verursachten, bis Niquesse schließlich stehen blieb.
„Wir können es nicht aufhalten...", murmelte ich leise, aber Elladan hatte es mit seinen Elbenohren trotzdem verstanden.
„Es wird alles gut, baneth*", versuchte er mich zu beruhigen und drückte kurz meine Hand.
Im nächsten Moment vibrierte der ganze Boden unter uns und ein lautes Wuuumm ertönte. Aus den Filmen wusste ich, dass ein Troll gegen die Mauer gelaufen war und somit ein Loch schaffte, in dem die Orks in die Stadt strömten. Und dann hörte ich auch schon das Geschrei der Menschen. Ich schloss kurz die Augen. Es waren hilflose Kinder, Frauen und Alte, die zu schwach waren, um sich zu verteidigen. Sie hatten keine Chance gegen die Orks.
„Was ist passiert?", hörte ich die aufgeregte Stimme von Bard und öffnete wieder die Augen.
Er kam neben uns zum Stehen.
„Die Orks haben die Mauern von Thal durchbrochen und sind in die Stadt eingedrungen.", beantwortete ich seine Frage. Ich sah etwas in seinen Augen auf blitzen. Die Angst um seine Kinder.
„Wo?", fragte er kurz angebunden und ich zeigte nach links, aus der Richtung das Geschrei vermischt mit dem Kampfgebrüll der Orks kam.
Bard wendete sein Pferd und ritt in die gezeigte Richtung. Mupfel hüpfte ihm sofort hinterher und Elladan und mir blieb gar keine andere Möglichkeit als ihnen zu folgen.
Der Bogenschütze sprang regelrecht wie ein Indianer von seinem Pferd und sprach jeden Bürger an, der an ihm vorbei kam. Ich wusste, dass er nach seinen Kindern fragte.
Elladan stoppte Niquesse, stieg ab und hob mich von der schneeweißen Stute. Dann stellte er mich auf den Boden und wir sahen uns kurz in die Augen.
„Anne...", fing er an und ich wusste sofort, dass es nichts gutes war, was er mir jetzt sagen wollte.
„Nein, bitte nicht!", unterbrach ich ihn sofort und sah ihn bittend an. Doch er schüttelte den Kopf.
„Du wirst sterben, wenn du an meiner Seite kämpfst. Ich kann dich da nicht beschützen. Such die Kinder von Bard und versteck dich mit den Frauen irgendwo, wo es halbwegs sicher ist. Nimm Mupfel mit, er wird euch eine große Hilfe sein."
„Ich will aber nicht...ohne dich...", brachte ich hervor.
„Tu es für mich."
Mit diesen Worten drehte er sich von mir weg, zog elegant sein Schwert und wollte Bard in das Kampfgetümmel folgen.
„Verdammt, Elladan! Du kannst mich nicht nochmal alleine lassen!", schrie ich in meiner Verzweiflung und er hielt abrupt inne.
„Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich vermisst hab, als du nicht da warst? Wenn du jetzt stirbst, dann...dann hab ich nichts mehr", die ersten Worte hatte ich noch laut gesagt und wurde zum Ende hin immer leiser, bis ich fast flüsterte. Mupfel stupste mich tröstend an, als würde er sagen wollen: Aber ich bin doch noch da! Und Franzi und Emmi und Lea!
Der braunhaarige Elb drehte sich langsam zu mir um, lief auf mich zu und küsste mich ohne Vorwarnung. Ich sank gegen ihn und klammerte mich an ihm fest, als würde mein Leben von ihm abhängen. Was ja auch irgendwie stimmte.
„Ich kann das Schicksal nicht aufhalten. Wenn Ilùvatar will, dass ich sterbe, dann soll es so sein. Aber bevor ich gehe, möchte ich, dass...", er brach ab und zögerte einen Moment.
Ich sah ihn fragend und gleichzeitig flehend an. Aber ich wusste, dass ich ihn schon längst verloren hatte. Er würde gehen, egal, was ich jetzt tat.
Elladan sank vor mir auf die Knie und griff nach meiner Hand.
„Bei allem, was mir heilig ist, frage ich dich: Willst du meine Frau werden?"
Ich starrte ihn mit offenem Mund an und brachte nur ein: „Ähm...", hervor. Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln.
„Ja, ich will. Natürlich will ich!", rief ich hysterisch aus und er richtete sich wieder auf.
„Ich hab zwar kein Ring, aber der wird noch kommen. Das verspreche ich."
Ich lächelte ihn an und küsste ihn noch einmal. Dann lehnte ich meine Stirn kurz an seine und sagte etwas unbeholfen: „Le melin.**"
Über Elladans Gesicht huschte ein leichtes Grinsen.
„Ich liebe dich auch", entgegnete er und ich freute mich, dass er mich verstanden hatte, auch wenn ich ein grässliches Elbisch sprach.
„Und jetzt geh schon. Sonst wird Bard alle Orks alleine platt machen.", meinte ich und der braunhaarige Elb strich mir kurz über die Wange, bevor er verschwand.
Ich sah Mupfel an und musste einfach grinsen.
„Tja, das hättest du nicht gedacht, oder?", sagte ich und kam mir im nächsten Moment total bescheuert vor.
Ich rede mit einem Federvieh...okee?
Mupfel sah mich verständnislos an und ich winkte ab.
„Lass uns einfach gehen", sagte ich schnell und lief los. Er jumpte mir hinterher, wobei ich das Gefühl hatte, dass ganz Mittelerde bebte, wenn Mupfel am Boden aufkam.
Ich lief in irgendeine Richtung, wo ich vermutete, dass da vielleicht Bards Kinder waren und musste nicht einmal kämpfen, da Mupfel das alles übernahm.
Er war ja schon irgendwie krass.

*Schönheit
**Ich liebe dich.

Vier Bekloppte in MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt