Kapitel 5

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(Bild des Kleides sieht man rechts.)

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Am nächsten Tag hatte ich immer noch nicht mit Carter gesprochen. Er schien wirklich verletzt: Und ich war wahnsinnig schlecht im entschuldigen. Trotzdem musste ich das bis morgen irgendwie hin biegen.

Leichter gesagt als getan, denn eigentlich konnte ich nur hoffen, dass Carter ein Gespräch anfing, was er nicht tat. Toll.

Jaja, schon klar, es war meine Schuld, alle mussten unter meinen Stimmungsschwankungen leiden. Aber ehrlich, ich war einfach zu feige, und das wusste mein Bruder auch.

Wenigstens schien Spring nichts zu bemerken. Gut, vielleicht bemerkte sie schon was, aber dann zeigte sie es wenigstens nicht. Und dafür war ich ihr dankbar.

Noch dazu überredete sie mich am Nachmittag, anstatt an meinem Stand rumzuhängen, mit ihr shoppen zu gehen. Was ich auch wohl oder übel tun musste, auch wenn ich es hasste. Immerhin kamen morgen Wächter zu uns, um mit uns zu sprechen und mich schließlich mitzunehmen, da musste ich doch einigermaßen hübsch aussehen.

Carter würde nicht dabei sein.

Carter...

Hatte ich gestern vielleicht überreagiert?

Dumme Frage. Natürlich hatte ich das.

Wahrscheinlich war es gar nicht die Geste gewesen, die ihn so erschüttert hatte, sonder wohl eher mein Blick. Immerhin konnte ich mir schon vorstellen, wie hasserfüllt meine Augen in diesem Augenblick wohl gefunkelt hatten.

Morgen würde ich extra früh aufstehen um meinen Zwillingsbruder noch abzufangen. Ohne eine Verabschiedung würde ich auf keinen Fall gehen!

„Hey, Yen, hast du gehört?“ Meine kleine Schwester wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht rum.

„Hm...?“, meinte ich nur, weil ich echt nicht zugehört hatte.

Spring seufzte entnervt. „Was habe ich gesagt?“, fragte sie mich kurz darauf.

„Hm.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Fast hätte ich noch ein 'Ist mir auch egal' hinzu gesetzt, konnte mich allerdings gerade noch zusammenreißen.

Jetzt lächelte Spring. „Ist auch egal.“ Ha! „Lass uns doch zum Stand von Leo's Mum gehen. Die hat voll schöne Kleider, und bestimmt gibt’s Rabatt für uns!“

„Wer ist Leo?“ Warum fühlte ich mich gerade so schrecklich unter informiert? Aber mein Misstrauen schrumpfte etwas, als ich keinen verliebten Blick in den Augen meiner Schwester sah. Innerlich seufzte ich. Also nicht ihr Freund oder so!

„Leo, Leonie. Eine Freundin von mir. Kommst du?“

Müde nickte ich. Wo hätten wir denn sonst noch hingehen können? War ja nicht so, dass es hier ein Einkaufszentrum gab.

Leo's Mum stellte sich als eine schlanke (wirklich schlanke, nicht hagere!) und wirklich hübsche Frau heraus. Und ihre Kleider waren mindestens genauso hübsch – und ich hätte nie gedacht, so etwas zu sagen. Noch dazu schaffte Spring es, sie dazu zu überreden, uns nur die Hälfte zahlen zu lassen. Worüber die junge Mutter im ersten Moment nicht unbedingt begeistert schien.

Nett war sie anscheinend nicht zwingend. Aber egal. Nicht mein Problem.

Während Spring noch irgendetwas mit Leonies Mutter klärte sah ich auf die nicht mehr stabil aussehenden Puppen, die unter dem kleinen Blechdach standen, und an denen die wunderschönen Kleider flatterten.

Auserwählt.Where stories live. Discover now