Kapitel 10

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"Ihr würde blau doch total stehen, oder? So ein helles Blau, wie ihre Augen! Weiß ist zu langweilig!", schnatterte eine meiner Zimmermädchen, die es anscheinend für eine gute Idee hielten sich in meiner Gegenwart über Ideen zu meinem neuen Kleid für morgen (dem ersten offizielen Treffen mit dem Prinzchen) zu unterhalten und mich somit aufs übelste zu reizen. Ich konnte sie jetzt schon nicht leiden, obwohl sie früher nur eine Kaste höher gewesen wären als ich.

Kaste 6 - Bedienstete. Diene und gehorche.

Kaste 5 - Feldarbeiter. Arbeite und helfe dem Land.

Kaste 4 - Architekte und Bauingenieure. Überlege und arbeite.

Kaste 3 - Wirtschafts- und Finanzenregeler. Überlege und regele.

Kaste 2 - Familien von Wächtern. Schütze und bewache.

Kaste 1 - Königsfamilie.

Das hatten wir schon in der Grundschule gelernt. Was Kaste 7 und 8 waren? Das war einfach.

Kaste 8 - Obdachlose und Verbrecher. Die Chance vertan.

Kaste 7 - Einfache Arbeiter. Arbeite und gehorche.

Das war nicht gerade schön, aber was wollte man machen? Mein Blick wandte sich wieder zu meinen nervenden Zimmermädchen.

"Nein, kein Blau! Das strahlt doch gar nicht ihre Persönlichkeit wieder! Vielleicht eher schwarz? Oder schwarz und blau?" Genervt vedrehte ich die Augen.

"Wieso gehe ich nicht gleich nackt hin?", fragte ich trocken und endlich schienen die Mädchen ungefähr in meinem Alter mich zu bemerken. Und meine Aussage für bare Münze zu nehmen.

"Nein, nein, nein!", kreischte die Rothaarige schrill und schüttelte wie wild den Kopf. Wieder verdrehte ich die Augen und hoffte, dass sie bald fertig waren und gehen würden.

Ella, so hieß die mit den hellbraunen Haaren, schnipste mit den Fingern. "Oh mein Gott!", sagte sie völlig begeistert. Und alle - mich eingeschlossen - starrten sie an, als wäre sie ein Schokolade essender Alien.

Ich durfte tatsächlich nackt hingehen? Fand sie das so cool?

Sie klatschte in die Hände. "Wir sollen ihre Haare blau-schwarz färben! Das würde ihr sicher stehen!", meinte sie und hüpfte auf und ab, während sie jetzt auch die anderen mit ihrer Begeisterung ansteckte. Waren die Flummis, oder was?

Aber das was sie gesagt hatte... nein, nein, nein.

Bitte nicht.

"Nein danke.", meinte ich gereizt und möglichst würdevoll, "aber ich verzichte."

Nur leider ging meine Aussage in ihrem Gejubel unter. Die freuten sich ja so, als wären es ihre eigenen Haare. Irgendwie... erbärmlich.

Laura, eine mit blondierten echt hässlichen Haaren kam auf das rote Sofa zu, auf dem ich bis jetzt gelegen hatte, mein Kleid immer noch an. Wahrscheinlich würde ich auch hier schlafen. Das Bett war viel, viel zu weich.

"Komm schon!", sagte sie und ich schüttelte den Kopf. "Bitte", versuchte sie es nochmal.

"Nein!" Was verstanden die darunter nicht?

"Aber", meinte Ella, "wenn du nicht auf uns hörst, dann..." "Ich habs ja kapiert" maulte ich und stand langsam auf. 

Wenn ich - was mein Äußeres betraf - nicht auf meine Zimmermädchen hörte, würde ich nach Hause geschickt werden. Und das konnte ich mir echt nicht leisten. Wirklich nicht.

Auserwählt.Where stories live. Discover now