3 - Die Wut des Drachen

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Gefährliche Freundschaft
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Kapitel 3

Ihre Wut war noch nicht verklungen, als Vin viele Stunden später in ihrem Bett erwachte. Und es regnete schon wieder, so, als wollte auch der Himmel den letzten Drachen daran erinnern, dass seine Gefährten den Tropfen gleich herabgefallen sind. Das Mädchen verdrängte das Mitleid, denn der Drache war so undankbar ihr gegenüber gewesen, dass es bezweifelte, dass irgendjemand ihn je bemitleiden würde.

Beinahe unbewusst schaute sie aus dem Fenster, da es schließlich auch ein Traum hätte sein können. Doch die Kürbisse waren noch immer demoliert und als sie aus dem Haus ging und zum Gewächshaus, sah sie den Drachen, der dort auf allen Vieren stand und die unterschiedlichen Pflanzen des Gewächshauses beäugte. Er sah müde aus und hatte vermutlich nur wenig geschlafen, falls er dies überhaupt getan hatte.

Vorsichtig betrat sie das Gewächshaus und lehnte sich dort gegen die Wand, um den Drachen zu beobachten. Eigentlich war es ja doch ziemlich faszinierend, wie die starken Muskeln bei jedem Schritt zu sehen waren und wie die Schuppen die Farbe zu verändern schienen, wann immer er sich bewegte und somit die Sonne seine Haut und Schuppen mal heller, mal dunkler erschienen ließ. Dann, als würde er bemerken, dass sie ihn beobachtete, drehte er sich zu ihr herum und blickte auf sie herab.

Dir fallen gleich die Augen aus, sagte er belustigt, ehe er wieder ernst wurde. Ich dachte, Drachen seien anstößig und nicht faszinierend.

Vin wurde rot. Er hatte dieselben Worte verwendet wie sie eben. War es möglich, dass er Gedanken lesen konnte? Hoffentlich nicht, dachte sie und tat es als Zufall ab. »Ich finde das Zusammenspiel der Farbe deiner Schuppen schön, sonst nichts. Euer Gemüt ist animalisch«, schnaubte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Der Drache hörte ihr gar nicht richtig zu. Dies merkte Vin an dem gelangweilten Ausdruck in seinen Augen und dem abgewandten Körper. Sie fragte sich, ob der Drache noch mitgenommen war vom gestrigen Tag, an dem er vom Himmel gefallen war. Doch da sie nicht schon wieder Mitleid haben wollte, nur um kurz danach aus dem eigenen Besitz geworfen zu werden, fragte sie bloß: »Kann ich dir irgendetwas bringen oder kommst du zurecht, ehe du im Laufe des Tages von hier verschwindest?«

Ich brauche etwas zu trinken, ansonsten nichts. Die Stimme des Drachens klang, wie am vorigen Tag, kalt und ungerührt, sodass Vin wieder Schauer über die Arme liefen. Sie holte, was er verlangte, wenn auch widerwillig, da sie gerade dem Drachen bewies, dass der Mensch unter ihm stand und ihm gehorchte. Nachdem sie es ihm hingestellt hatte, blickte sie ihn mit verschränkten Armen an.

Gemächlich trank der Drache – relativ geräuschvoll – während Vin ihn böse anfunkelte. Dann, als würde er kaum nachvollziehen können, was sie sauer stimmte, sah er sie fragend an. Als auch nach mehreren Sekunden nichts von ihm kam, fauchte sie: »Man sagt Danke. Auch, wenn man ein Drache ist und somit der Herrscher der Welt.«

Wie bitte? Der Drache klang verwundert. Warum sollte ich dafür Danke sagen? Du hast mir Wasser gebracht, als ich Durst hatte. Ist nichts Großes dabei, es ist ja nicht so, als hättest du mir das Leben gerettet.

»Ach nein?«, fragte Vin. Ihre Stimme klang kühl, doch in ihr drin brodelte die heiße Wut, die auch ihre Augen wie Feuer leuchten ließ. Dann fuhr sie fort, in eisiger Stimme: »Dann hättest du also überlebt, wenn du mit deinen Wunden draußen im Gewitter gelegen hättest, mit einer nicht gesäuberten Wunde und ohne Nahrung?« Es war eine rhetorische Frage. Natürlich war es das, denn mehr als nur wahrscheinlich hätte der Drache nicht überlebt, da Dreck in die Wunde gekommen wäre und er ob der Erschöpfung auch nirgends hinkonnte.

Der Fall des Drachen [1] - Gefährliche FreundschaftWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu