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Seine neue Wohnung hatte fünf Zimmer und war fast zweihundert Quadratmeter groß. So viel Platz, den Junmyeon unmöglich alleine ausfüllen konnte. Er hatte das Gefühl jemand hatte die Fläche eines ganzen Hauses auf fünf Zimmer, eine große Küche, zwei Bäder und eine Abstellkammer verteilt. Es wäre ihm unmöglich Chaos oder Unordnung in dieser großen Wohnung zu erstellen und vielleicht war das ja der ganze Sinn der Sache. Junsoo hatte sein Leben immerhin schon immer am besten unter Kontrolle gehabt.

Er fühlte sich wie ein kleiner Junge, als er die erste Nacht alleine in seiner Wohnung verbrachte. Junsoos Haus war nur fünf Gehminuten von seinem entfernt, aber er würde nicht mitten in der Nacht an der Tür seines großen Bruders klopfen und darum bitten, die Nacht auf der Couch verbringen zu dürfen. Auch wenn der Gedanke beinahe verlockender klang, als die Aussicht alleine hier zu bleiben. Die Decken waren höher als in seiner alten Wohnung, es gab mehr Fenster, die so groß waren, dass sich Junmyeon eigenartig ausgeliefert fühlte. Die Wände waren kahl und weiß und alles so klinisch sauber und aufgeräumt - so schrecklich steril wie ein Krankenhaus, oder eine Irrenanstalt. Selbst die Vorhänge waren weiß.

Junmyeon hielt es kaum aus.

Er ging in sein Schlafzimmer, wo die einzige Kiste stand, die er niemandem erlaubt hatte zu berühren. Nicht einmal Junsoo.

Er entfernte das Klebeband und warf den klebrigen Haufen zu Boden (na also, ein bisschen Unordnung. Vielleicht würde es ihm ja doch gelingen). Er war vorsichtig, als er Baekhyuns Zauberhaus behutsam daraus hervor holte, seine Finger legten sich mit der Sorgfalt eines Krahns, der eine zerbrechliche Statue befördern musste, unter die unterste Holzplatte.

Er brachte das Zauberhaus ins Wohnzimmer zurück und stellte es inmitten des Esstischs ab. Er ging ein paar Schritte zurück und begutachtete sein Werk. Ein pinker Fleck vor der weißen Wand. Er lächelte, obwohl sich seine Brust wieder zusammenzog.

Er ging noch einmal ins Schlafzimmer zurück und holte auch das Fotoalbum aus der Kiste, das er zum Zauberhaus gelegt hatte. Es war das Fotoalbum das Baekhyun ihm am Silvesterabend in den Schoß gelegt hatte.

Es gibt freie Seiten, die wir mit der Zeit füllen können', hatte er zu ihm gesagt und ihn angestrahlt als hätten sie alle Zeit der Welt zusammen. Damals hatten sie sie.

Junmyeon strich mit den Fingerspitzen über den rosafarbenen Einband, aber er konnte sich nicht dazu überwinden, es aufzuklappen. Jedes Bild würde ihm Baekhyuns Stimme wieder ins Gedächtnis rufen, seine Augen, seine Lippen, sein Händedruck, wenn er Junmyeon am Handgelenk ergriff, weil er ungeduldig und Junmyeon zu langsam war, sein warmer Atem, wenn er...
„Hör auf", flüsterte er und schloss erneut die Augen. „Mach es nicht noch schlimmer." Aber er hatte es bereits schlimmer gemacht. Und dann noch einmal schlimmer.

♥♥♥

Yura beobachtete ihn amüsiert von einem der Barhocker vor der Kücheninsel aus, ihr Kinn in den Handflächen abgestützt. „Du machst eine gute Figur in einer Schürze, Junmyeon."

Er blickte sie über seine Schulter an. „Findest du?"

„Visuell zumindest ist alles gerade sehr viel angenehmer als der Geruch. Himmel Junmyeon, WAS kochst du da?"

Er seufzte. Er wusste, dass es ein Desaster war. Er blickte auf seine Töpfe hinunter und verzog das Gesicht. „Junsoo bringt mir regelmäßig frische Lebensmittel vorbei. Ich habe keine Ahnung was ich mit so viel Brokkoli und Blumenkohl anstellen soll."

Yura erschien hinter seinem Rücken und späte über seine Schulter. „Das da sollen Brokkoli und Blumenkohl sein? Was ist das schwarze?"

„Zur Hälfte schwarze Bohnenpaste."

Der richtige MomentWhere stories live. Discover now