Chapter 7

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Der erste Tag verging ziemlich schnell. Mittlerweile war die Sonne untergegangen und ich saß, wie immer, auf der Fensterbank, sah nach draußen auf den leeren Hof und ließ meine ersten Eindrücke noch einmal Revue passieren. "Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt." Erklärte ich meinem kleinen Bruder, der auf meinem Bett lag und die Decke anstarrte. "Heißt das, du vertraust denen?" Harkte er mit einem bissigen Unterton nach, ohne mich anzusehen. Ich grübelte einen Augenblick, auch wenn ich die Antwort schon kannte. Natürlich vertraute ich ihnen nicht. Sie waren immer noch ein Rudel fremder Rüden, über die zahlreiche Gerüchte herrschten, die einem den ein oder anderen Schrecken einjagten. Aber warum sollten sie so außerordentlich nett sein, wenn die Gerüchte über sie genau das Gegenteil aussagten? "Um Mädchen wie dich um den Finger zu wickeln und für sich zu gewinnen." Ich verengte die Augen zu Schlitzen und blitzte Diego wütend an, der sich mal wieder in meine Gedanken geschlichen hatte. Verflucht sei diese Gabe. "Du solltest nicht so negativ denken. Dad würde uns niemals in ein Rudel stecken, das uns gefährlich werden könnte." Wenn ich mich da mal nicht gehörig täuschte..

Diego erwiderte nichts. Was hätte er auch sagen sollen? Ja, Schwesterherz du hast recht? Nein, das war nicht seine Art. Vor allem nicht, wenn er den Beschützer raushängen ließ, was er so lange tat, bis er sich hundertprozentig sicher war, dass keine Gefahr bestand. Und das konnte dauern. Es war ungewohnt nicht im eigenen Bett zu liegen und die Routine zu verfluchen. Nein, ich war kein Mensch der einen routinierten Alltag bevorzugte. Im Gegenteil, ich brauchte Abwechslung. Wahrscheinlich war ich auch deswegen für immer beziehungsunfähig. "Es wird komisch nicht mehr mit dir auf eine Schule zu gehen." Ich seufzte. Das hatte ich ganz vergessen. Diego blieb auf unserer alten Schule, während ich mit den anderen Rudelmitgliedern eine besuchen würde. Warum ich die Schule wechselte? Ganz einfach, ich war nun schon so oft negativ aufgefallen, dass selbst unser Direktor keine Geduld mehr hatte und mich mehr oder weniger freundlich von der Schule schmiss. Ich hätte also so oder so auf eine andere Schule gemusst. Die Tatsache, dass ich nun auf die gleiche Schule, wie meine Rudelmitglieder ging, war keineswegs ernüchternd. Im Gegenteil, ich befand mich von Anfang an in der oberen Schicht und dürfte somit keine Probleme haben. Damals hatte ich mich an die Spitze arbeiten müssen, nun reichte mir der bloße Rudelkontakt um diese zu erreichen. Dennoch würde es ungewohnt sein meinen kleinen Bruder nicht ständig um mich zu haben. Er würde fort an auf sich allein gestellt sein. Ich hoffte bloß inständig, dass er trotzdem weiterhin gut zurecht kam. Auch ohne die Anwesenheit seiner Schwester. "Sieh es als einen weiteren Schritt in die richtige Richtung, wie Dad immer sagt." Diego verdrehte genervt die Augen, während ich kopfschüttelnd lachte. "Wandert wieder einmal in den Knast, aber erzählt uns etwas von richtiger Richtung." Knurrte mein kleiner Bruder und teilte mit diesem Satz voll und ganz meine Meinung. Dad war nun einmal ein Fall für sich. Man wusste nie ob er es ernst mit einem meinte. Bis heute konnte ich nur ahnen, dass seine kriminelle Laufbahn über der Familie stand, sonst wäre die Situation nicht so wie sie jetzt war. Auch wenn er das Gegenteil behauptete und ständig erzählte, dass wir sein ein und alles waren, wussten Diego und ich ganz genau, dass es nicht so war. "Du musst aufpassen, was diesen Logan angeht." Riss mein kleiner Bruder mich aus meinen Gedanken, wofür ich ihm ausnahmsweise nicht böse war. Fragend legte ich den Kopf schief. "Ich kann deine Gedanken hören, schon vergessen?" Stimmt, da war ja was. Ich sollte öfter darauf achten, sie ihm zu verwehren. Manche Dinge brauchten kleine Brüder einfach nicht wissen. "Du verbrennst dich nur und reißt ihn mit dir." Ich sah nach draußen, um über seine Worte nachzudenken. Ob er Recht behalten würde? Logan hatte diese Befürchtung auch gehabt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es verwerflich war einem Rudelmitglied beizustehen. Wenn sie Logan so sehr hassten, sollten sie ihn verjagen. Auch wenn ich daran festhielt, dass Logan zu Unrecht schlecht behandelt wurde wusste ich, dass es sich nicht ändern würde. Dieses Rudel brauchte jemanden an dem es seinen Frust auslassen konnte. "Du bist das Einzige Mädchen. Allein diese Tatsache erklärt, dass Zachary dich anders behandeln wird als beispielsweise mich." Erklärte Diego wissend und ich staunte wieder einmal über seine Beobachtungsgabe. Er sog praktisch alles in sich auf, was ihm Informationen lieferte. Wahrscheinlich verschaffte ihm diese Eigenschaft einen außerordentlichen Vorteil gegenüber Menschen. "Er wird mit all seinen Kräften versuchen mich rauszuekeln." Diego schüttelte seufzend den Kopf und sah mich einen Augenblick ernst an. "Ich habe seine Blicke gesehen. Vertrau mir, er wird anders zu dir sein." Ich zuckte mit den Schultern und gab mich gleichgültig. Dennoch dachte ich noch lange über seine Worte nach. Ob die Tatsache, dass der Alpha mich anders behandeln würde, positiv war?

The Alpha And MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt