Zufrieden schlenderte ich über das Anwesen und beobachtete jeden Einzelnen bei seinen Vorbereitungen. Joshua perfektionierte seine verschiedenen Methoden des Angriffs und duldete ausnahmsweise meinen kleinen Bruder, welcher ihn mit großen Augen beobachtete. Milow und Milan saßen etwas abseits auf einem Baum und kritzelten auf einem Blatt herum, während sie aufgeregt diskutierten. Vermutlich beschäftigten sie sich mit ihrer Route und verfeinerten diese bis ins kleinste Detail. Es wunderte mich, dass ausgerechnet diese Chaoten sich konzentriert mit etwas auseinandersetzen konnten. Wenn sie das überhaupt taten. Andererseits wäre ich nicht enttäuscht, falls sie doch nur eine Hotlist für die Schule anfertigten, so etwas erwartete ich schließlich von ihnen. Sie waren Halbstarke, hatten ihre Kindheit nachzuholen und waren bisher nie mit Verantwortung in Kontakt gekommen. Darauf musste ich Rücksicht nehmen, wie Dad es immer getan hatte. Milan und Milow benötigten jemanden, der sie gewissenhaft anleitete und das nötige Vertrauen schenkte damit sie an ihren Aufgaben wachsen konnten. Diego und Cash hingegen konnten keine Rücksicht meinerseits genießen. Ihre Position war in diesem Kampf von einer solchen Präsenz, dass ich auf keinen von beiden verzichten konnte. Mein kleiner Bruder konnte nicht noch einen Verlust ertragen. Er war mit einem Vater aufgewachsen, der mehr im Gefängnis war, als zuhause. Er sah Rudelmitglieder sterben, hatte nie eine Mutter und wurde viel zu früh in die Verantwortung gezwungen, mich zu beschützen. Mich beschützen, seine große Schwester. Das hatte Dad ihm immer und immer wieder gesagt und für Diego gab es nichts selbstverständlicheres auf dieser Welt, als sich für mich zu opfern. Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich an eine solche Situation dachte und schüttelte den Kopf, um meine Gedanken loszuwerden. Mein Blick wanderte zu Jayden, welcher an der brüchigen Mauer lehnte und unbeeindruckt auf Cash hinab sah, der ihn knurrend herauszufordern versuchte. Jayden war nicht unbedingt derjenige, der an Welpen Interesse zeigte. Im Gegenteil, er bemühte sich nicht einmal mit Bayan oder Cash Kontakt aufzunehmen.
Ich zuckte zusammen und mein Körper erzitterte, als ein großer Schatten neben mir auftauchte und ein verärgertes Knurren ausstieß. "Deine Augen liegen auf jedem, nur nicht auf mir." Ich schnappte nach Luft und ballte reflexartig die Hände zu Fäusten, während mein Kopf auf Höchstleistung an einer Antwort arbeitete. "Keine Frau hat so etwas je gewagt, geschweige denn ihre Augen von mir nehmen können. Sag, wie schaffst du es mich in solch einer Form zu ignorieren?" Seine dunkle Stimme presste die Luft aus meinen Lungen und ich ärgerte mich sowohl über seine arrogante Aussage, als auch über meine Hilflosigkeit, die seine Anwesenheit in mir auslöste. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich ihn ignorierte. Um ehrlich zu sein hatte ich ihn nicht einmal im Hof gesehen. "Antwortest du mir nun nicht einmal mehr?" Seine Stimme wurde dunkler, energischer und auch der Blick, der auf mir lag schüchterte mich ein. Schwer schluckend stand ich da und starrte immer noch Jayden an, welcher Cash mit seinem Fuß unbeholfen beiseite schob. "Ist es wegen ihm? Oder hat Logan es dir noch immer angetan?" Zachary wendete seinen Blick von mir ab und erdolchte Jayden mit seinen finsteren Augen, welcher daraufhin das Weite suchte. Cash folgte ihm und schnappte instinktiv nach den Füßen von Jayden, welcher ohne noch einmal zurückzuschauen in der Werkstatt verschwand. "Was hast du ihnen angetan, dass sie sich wie Marionetten in deiner Anwesenheit verhalten?" Fragte ich bissig, wohl wissend, dass ich ihn damit nur noch mehr verärgerte. Dieser Kerl benahm sich wie der König der Welt und erwartete trotz seines Verhaltens die endlose Liebe von jedem seiner Mitmenschen. Wieso musste mein Herz ausgerechnet bei ihm jedes mal einen Hüpfer machen, wenn seine Augen auf mir lagen?
Warum er? Warum nicht Logan, der mich seit meinem ersten Tag in sein Herz gelassen hatte? Warum nicht Joshua, der meinen Wünschen Beachtung schenkte? Ohne ihn würde ich noch immer nicht wissen, wer Amy und Keith wirklich waren. Warum nicht Jayden, der hinter seinen furchteinflössenden Tattoos ein Herz trug, das vor Wärme und Besorgnis erstrahlte? Warum nicht einer von ihnen. Warum musste es ausgerechnet ein ignoranter, aggressiver und eifersüchtiger Alpha sein, der seine Position nur noch aufrechterhielt, indem er die anderen bedrohte? Ich hatte schließlich seine Aufgaben übernommen und Zachary schien nicht einmal daran zu denken, sich mit mir darum zu streiten. "Ein Rudel lässt sich nicht mit Bitte und Danke führen, Heath. Sie sind gebrochen und tragen so viel Hass in sich, dass.." Ich unterbrach ihn harsch. "Seitdem ich hier bin funktioniert diese Methode hervorragend. Sie vertrauen mir und können sich endlich wieder jemandem öffnen. Du hast sie all die Jahre klein gehalten und ihnen keine Möglichkeit gegeben, über ihre Vergangenheit hinwegzukommen!" Verärgert knurrte er auf, doch ich ging nicht weiter darauf ein und beendete meinen Satz. "Du solltest deinen Kontrollwahn endlich aufgeben, sonst wirst du nie glücklich werden." Seine finsteren Augen sahen stur auf mich hinab, weshalb ich einen Schritt zurück wich und meine Hände hinter dem Rücken versteckte, als er nach ihnen greifen wollte.
"Ich teile dich eben nicht, was ist daran so dramatisch?" Mein Herz machte einen Hüpfer, was ich jedoch ignorierte und den Kopf schief legte. Dramatisch? Was daran dramatisch war? Alles, um genau zu sein, ging es mir durch den Kopf, doch ich unterdrückte diesen Satz. "Alles was du willst ist, dass du glücklich bist. Alles andere ist dir egal." Wütend sah ich ihn an und erwartete eine Entschuldigung. Die Enttäuschung, die in mir aufkam als ich bemerkte, dass ich keine bekam kroch in mir hoch und ließ mein hüpfendes Herz verstummen. "Denkst du, es ist leicht für mich dich mit jemand anderem zu sehen? Die ersten Tage waren Logan und du unzertrennlich, dann verbringst du Stunde um Stunde mit Cody und jetzt sind Jayden und Joshua deine Favoriten? Denkst du wirklich, dass ich das ertragen kann? Dass das irgendjemand ertragen kann?!" Er sprach so laut und voller Wut, dass ich bloß da stehen konnte und ihn anstarrte. Ich wollte etwas erwidern, doch mein Mund öffnete sich nicht. Ich stand einfach wie eine Statue da und starrte ihn an. Seine Augen fanden zu ihrer eigentlichen Farbe zurück und als er meine Überforderung erkannte, trat er einen Schritt auf mich zu. "Das ist das, was ich bin. Ein Monster. Ich kann es nicht ändern, ganz gleich wie sehr ich es versuche. Ich tue die falschen Dinge. Ich bin ein Monster und sicher nicht derjenige, den du verdient hast und ich kann es verstehen, wenn du mich hasst, aber.." Ich schüttelte den Kopf, zog ihn an mich heran und legte meine Lippen auf seine. Es war nicht richtig, es war nicht in Ordnung, aber es war das, wonach ich verlangte. "Ich hasse dich nicht." Flüsterte ich als meine Lippen sich zaghaft von seinen lösten und genoss sein erleichtertes Lächeln, welches sich auf seine Lippen legte. Schritte waren hinter uns zu hören, weshalb ich mich umdrehen wollte, doch Zachary kam mir zuvor. Ein drohendes Knurren entfuhr ihm, woraufhin der Störenfried winselte und davonlief. Es war eindeutig Cash gewesen, sein Winseln würde ich unter Tausenden erkennen und eben genau weil es Cash war, sah ich verärgert zu Zachary hinauf. "Ich übe noch." Schmunzelte dieser und ehe ich etwas erwidern konnte, lagen seine Lippen bereits auf meinen.
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The Alpha And Me
Werewolf"Es gab Menschen, bei denen es eine zeitlang dauerte, bis sie sich einem öffneten. Es gab Menschen, die von Anfang an über Gott und die Welt redeten und dann gab es noch die Menschen, bei denen es eine Unmöglichkeit darstellte mit ihnen jemals auch...