Die Neuigkeit

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Anfang Juli begann die Hitze zu drücken und die Toskaner verdrückten sich tagsüber in ihre Häuser um erst am Abend wieder hervorzukommen. Manchmal nutzte sie die Siestazeit oder pisolinowie der Italiener sagt, tatsächlich zum Ausruhen. Doch nicht heute. Wie jeden Donnerstag skypte Casia mit ihrem Vater.

Ihre Nachdenklichkeit über die vergangenen Ereignisse blieb ihm nicht verborgen: „Na, du siehst aber heute verdrießlich aus. Alles in Ordnung?"
„Ja, ja", antwortete sie zerstreut. „Habe nur viel zu tun."
„Achso. Du hast bestimmt auch ein wenig Heimweh."
„Ja, na klar."
„Na, dann habe ich etwas was dich aufmuntern wird."
Casia wurde hellhörig: „Ach ja? Was denn?"
„Ich möchte, dass du nach Deutschland kommst."
„Das weißt du doch, dass ich bald komme. Der Flug Anfang Juni ist längst gebucht."
„Nein, nein. Du verstehst mich falsch. Ich möchte, dass du zurückkommst und hier weiter studierst."
„Und warum?"
„Weil ich jemanden neues kennengelernt habe und wir heiraten wollen."
Zuerst sagte sie vor Überraschung gar nichts, doch dann überwog die Freude: „Oh. Das ist ja wunderbar."
Sie freute sich ehrlich für ihren Vater. Seit dem Tod ihrer Mutter war er nicht mehr derselbe gewesen. Eine neue Beziehung würde ihn ins Leben zurückbringen.
„Ja", grinste er wie ein kleiner Schuljunge. Sie sah ihm an, dass er glücklich war. Wer war sie, es ihm zu verübeln.
„Ich möchte, dass ihr euch gut versteht. Und damit du deine zukünftigen Stiefmutter und Stiefschwester besser kennenlernst, habe ich mir gedacht, dass wir zumindest für eine Weile alle zusammen wohnen."
„Das ist eine großartige Idee", fand auch Casia und grinste bei den Gedanken endlich eine Schwester zu haben. Das hatte sie sich schon als kleines Mädchen gewünscht.
„Ich verspreche dir, hier alles zu regeln und zu euch zurückzukommen. Alles weitere erledigen wir, wenn ich wieder da bin."
Zur Not legte sie eben ein Urlaubssemester ein.
Klar, war es schade Italien und vor allem ihre kleine Wohnung verlassen zu müssen. Doch war sie sich sicher irgendwann hierher zurückzukehren. Und wenn es ihren Vater glücklich machte, wollte sie ihm damit zurückgeben was er alles bisher für sie getan hatte.
Obwohl sie so ihre Schwierigkeiten mit Enzio hatte, wollte sie aufgrund der merkwürdigen Ereignisse mit ihm Kontakt halten und nahm sich vor mit ihm zu reden.

Bevor die Uni am nächsten Morgen begann, ging sie zum Botanischen Garten in der Hoffnung Enzio anzutreffen. In der Hektik ihrer Begegnungen hatten sie nie Zeit gefunden ihre Handynummern auszutauschen.
Doch sie hatte Pech. Der Wärter am Eingangshäuschen versprach ihr, Enzio auszurichten, dass sie ihn sprechen wollte.

Tage später hatten sie es endlich geschafft sich zu treffen. Enzio stand vor dem Haupteingang des Palazzo Matteucci, dem Sitz ihrer Fakultät dem Dipartimento di Filologia, Letteratura e Linguistica und holte sie ab.

Ciao, Enzio."
Ciao bella."
Wie alte Freunde begrüßten und umarmten sie sich und Casia war angenehm überrascht wie gut es ihr gefiel.
„Du wolltest mich sprechen? Ist irgendetwas passiert?"
Besorgnis schwang in seiner Stimme.
„Ja, aber nichts Schlimmes. Keine Sorge."
Beruhigend legte sie ihre Hand auf seinen Arm.
„Lass uns irgendwohin gehen. Dann erzähl ich es dir in Ruhe. Hast du Lust auf etwas Süßes?"
„Klar. Gibt es eine Pasticceria in der Nähe?"
Casia überlegte: „Nicht das ich wüsste. Die nächste die ich kenne, liegt fünfzehn Minuten von hier entfernt."
„Lass uns hingehen. Welche Richtung?"
„Wir müssen in Richtung der Poste Italiane laufen."
Si, in Ordnung."

Wie selbstverständlich ergriff er ihre Hand und zog sie mit sich. Casia war zu überrascht von seiner Eigeninitiative als dass sie irgendeinen Protest zu äußern wagte.
Sie befand sich mit ihrem Gefühlen im Zwiespalt. Enzio reizte sie oft bis zur Weißglut, aber er sorgte sich um ihr Wohlergehen und das schien ihr das Wichtigste. Wie im Traum und auf Wolken schwebte sie neben ihm. So hatte sie sich noch nie gefühlt und sie fand es auf aufregende Weise angenehm.
Im Schatten einer Straßenecke blieb Enzio plötzlich stehen und sie schaute ihn an, ohne zu realisieren dass er sie nach dem weiteren Weg fragte.
Mit ihren Blicken hielten sie einander fest und zogen wie zwei Magneten zueinander bis sie sich zart und lange küssten.

A Magical LightWhere stories live. Discover now