1. 𝑬𝒊𝒏𝒛𝒖𝒈

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„Uff! Hätte nie gedacht, dass dieses alte Ding so schwer ist."
Maren versucht angestrengt die schwere Couch anzuheben. Sascha will ihr dabei helfen, doch auch der starke Kerl kommt dabei ins Schwitzen. Nach drei kläglichen versuchen, geben sie auf und Maren lehnt sich schnaufend an die beige Wand im Flur. Dann streift sie sich mit der Hand ihre braunen Haare zurück, wobei ihre Finger dabei graue Streifen zurücklassen. Unter der Couch hingen wohl noch ein paar Spinnweben.

Ich sage ihr lieber nicht, dass ihr gerade die dazugehörige Spinne über die Schulter krabbelt.
„Warte mal", sage ich ruhig zu meiner besten Freundin und strecke die Hände aus.
„Iiiiiiiiieeee!", kreischt Maren, als sie das für sie ekelige Viech in meinen Händen sieht.

Vorsichtig nehme ich das kleine Tierchen und trage es quer durch die noch immer chaotische Wohnung auf meinen Balkon. Dort setze ich die Spinne behutsam am Abflussrohr ab.

„Lauf nach Hause, kleine Spinne. Die beiden Esel machen dich noch platt.
„Eeeewwwww! Ich verstehe nicht,wie du sie überhaupt anfassen kannst", meint Maren theatralisch.
Ich gehe zurück in die Wohnung und lache. „Das ist doch bloß ein kleines Wesen, das viel mehr Angst vor dir hat, als du vor ihr. Sie weiß genau, dass du ihr Leben mit einem Wimpernschlag auslöschen kannst."

„Hast du keine Angst, dass sie dir wieder in die Bude krabbelt?", fragt Sascha und lehnt sich an den Türrahmen. Er reagiert zum Glück nicht ganz so übertrieben bei Spinnen, aber mögen tut er sie auch nicht unbedingt. Typisch Städter eben.
„Und wenn schon. Dann frisst sie wenigstens die ganzen Mücken im Sommer."

„Du bist echt unglaublich, Nisha. Ich verstehe nicht wie du in so eine Einöde ziehen kannst. Hier gibt es bestimmt noch viel widerlichere Tiere als Spinnen. Was wenn du einer Schlange begegnest?", fragt Maren und verzieht ihr rundes Gesicht. Dann schüttelt sie sich angewidert. Sie kann auch keine Schlangen ausstehen.

„Ich grüße sie freundlich und gehe an ihr vorbei", antworte ich gelassen und verstehe nicht, warum meine beiden Freunde anschließend den Kopf schütteln.
Was sollte ich auch sonst tun, wenn ich einer Schlange begegne? Sie will doch auch nur leben. Und was bringt es ihr weg zu rennen? Dadurch erkennt sie meine Angst und ist viel eher bereit mich zu verfolgen. Man sagt doch immer, dass man nicht vor wilden Tieren weglaufen soll.

Ob das funktioniert ist nochmal eine andere Frage.

„Wie bekommen wir denn jetzt dieses Ding in deine Wohnung?", lenkt Sascha das Gespräch wieder aufs eigentliche Thema. Es ist eine dumme Idee gewesen nicht auf die Leute von der Umzugsfirma zu warten und schon mal anzufangen. Leider stecken diese noch im Stau.

„Wie haben sie das Sofa überhaupt hier hoch bekommen?", will Maren wissen und lässt sich wie ein nasser Sack auf das graue Polster plumpsen. Seit den frühen Morgenstunden sind wir alle auf den Beinen und versuchen meinen Umzug an einem Tag über die Bühne zu bringen.

Die kräftigen Helfer haben schon eine Fuhre mit dem Lieferwagen gemacht. Allerdings habe ich nur Geld für einen der kleineren Lieferwagen gehabt, weshalb sie zweimal fahren müssen. Jetzt fehlen noch ein paar kleine Schränke und meine ganzen Pflanzen. Ja ich habe viele davon. In der Großstadt haben sie mir wenigstens ein bisschen das Gefühl von Natur gegeben. Doch da habe ich ein wenig mehr Platz gehabt. Passen meine ganzen Topfpflanzen überhaupt alle in die neue Wohnung?

Naja, wird schon irgendwie gehen. Das ist das kleinste Problem. Ein viel größeres stellt das Sofa dar. Es scheint zu breit für die Tür zu sein und es ist zu schwer.

„Die haben bestimmt ganz viel Spinat gegessen. Ich schwöre dir einer von denen sieht aus wie Popeye der Seemann", scherzt Sascha und grinst, wobei seine beiden Grübchen an den Wangen zum Vorschein kommen. Er setzt sich neben Maren und lehnt sich müde zurück.

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