16. 𝑬𝒊𝒏 𝑮𝒍𝒂𝒔 𝒛𝒖 𝒗𝒊𝒆𝒍

25 5 0
                                    

Das Vibrieren meines Handys holt mich aus meinem tiefen Schlaf. Zum ersten Mal seit langem hatte ich keine Alpträume.
Mit schweren Lidern blinzele ich Richtung Nachttisch und taste mit den Fingern nach dem lästigen Ding.

Natürlich schubse ich es im Halbschlaf vom Nachttisch, anstelle es aufzunehmen. Durch das Poltern werd ich ganz wach.

Als ich es endlich irgendwie schaffe mir das Handy zu angeln, hat es natürlich aufgehört zu vibrieren. Die digitale Uhr zeigt, dass es erst halb Neun ist. Wer will denn schon so früh was von mir?
Oh, ich sehe, dass Maren geschrieben hat.

Hallo Nisha,
Ich höre du bist wieder in der Stadt. Komm doch heute Abend ins Destiny.

Kaum bin ich in der Stadt, werde ich dazu genötigt in eine Kneipe zu gehen. Und das so früh morgens.
Leicht genervt lege ich das Handy auf den Nachttisch zurück und lasse mich wieder ins Kissen plumpsen.

Auf einmal erinnere ich mich, dass ich nicht alleine in Zimmer bin. Sofort hellwach, richte ich mich auf und sehe Richtung Fenster.

Eron ist noch da und immer noch ein Wolf. Was hatte ich denn erwartet? Dass er sich im Tiefschlaf wieder in einen Mann verwandelt? Ich belächle meine eigene Fantasie und schlage die Bettdecke zurück.

Er hebt den Kopf und sieht in meine Richtung.
„Guten Morgen! Ich habe dich wohl geweckt. Tut mir leid."
Er schüttelt den Kopf.
„Hast du überhaupt geschlafen?"
Darauf erhalte ich natürlich keine Antwort. Ich glaube ich würde nicht einmal eine bekommen, wenn er gerade ein Mensch wäre.

Plötzlich steht der schwarze Wolf auf und reckt sich. Dann tapst er zu meinem Nachttisch und stupst mit der Nase an mein Handy.
Er ist ja so menschlich, selbst als Wolf.
„Das war Maren. Sie möchte mit mir was trinken gehen. Doch ich weiß nicht wie das gehen soll, wenn du an meiner Seite bleiben möchtest. Ich kann unmöglich einen Wolf...äh ich meine einen Hund mit in eine Kneipe nehmen."

Von Eron kommt nur ein Maulen.
„Was?", frage ich, weil ich ihn nicht verstehe.
Für eine Sekunde sieht er mich an, dann verschwimmen seine Konturen zu etwas Unförmigen und im nächsten Moment steht wieder Eron als Mensch vor mir.

„Dann komme ich so mit."
Ich glaube er ist verrückt geworden.
„Ich weiß ja nicht wovor du solche Angst hast, dass du an mir klebst wie eine Klette..."
„Ist es dir unangenehm?"
Oh weia! Er versteht mich falsch.
„Nein, ich nehme dich gerne überall mit hin. Ich dachte nur es sei dir lästig. Schließlich ist dir diese Stadt fremd."

Eron kämmt sich mit den Fingern durch seine jetzt etwas kürzeren Haare und geht ein paar Schritte hin und her.
„Wenn es für dich nicht zum Problem wird, würde ich gerne mitkommen, Nisha."
Ich schüttle den Kopf. Meine Freunde - vor allem Maren - würden sich freuen ihn wiederzusehen beziehungsweise ihn kennen zu lernen. Naja, zumindest hoffe ich das.

Und ich genieße jeden Augenblick in seiner Nähe.
„Ich denke das wird kein Problem sein. Ich gehe jetzt ins Bad und esse anschließend mit meinen Eltern. Sobald sie zur Arbeit gehen, kannst du dich im Haus frei bewegen."

Er nickt nur und setzt sich auf einen Stuhl. Bei genauerer Betrachtung bemerke ich die Schatten unter seinen Augen. Ich verstehe ihn wirklich nicht. Vor allem verstehe ich nicht, was ihn so quält.


~



Den Tag verbringen Nisha und Eron in der Stadt. Sie zeigt ihm viel von der überlaufenen Innenstadt und Eron wünscht sich schlagartig in seinen Wald zurück. Es ist laut und bunt in Nishas alter Heimat. Doch es ist interessant zu lernen wo sie aufgewachsen ist. Ein solch verständnisvoller und netter Mensch ist in so einem Chaos groß geworden. Wie kann sie da so eine tiefe Verbindung zur Natur entwickelt haben?

ERONWhere stories live. Discover now