19. 𝘿𝙚𝙧 𝙒𝙖𝙡𝙙𝙜𝙤𝙩𝙩

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„Ich muss das jetzt einfach tun", flüstere ich befangen an Erons Schulter. Wie gelähmt steht er nur da und lässt mich gewähren. Ich weiß er mag keine Menschen. Nach allem was ich eben erfahren habe, kann ich das nur bestens verstehen.

Gleichzeitig schmilzt meine Hoffnung er würde jemals etwas für mich empfinden. Doch das ist nicht der Grund warum ich ihn gerade umarme.

„Ich weiß dein Mitgefühl zu schätzen, Nisha..."
„Es ist nicht aus Mitgefühl, Eron", erklärt Sira, die langsam auf die Anhöhe tritt. „Es ist ernst gemeinte Zuneigung und aufrichtige Bewunderung. Du solltest das eigentlich spüren können."

Ich lasse ihn los und suche etwas Abstand. Sein Gesichtsausdruck ist merkwürdig. Es sieht so aus, als könne er mein Verhalten überhaupt nicht einordnen.

„Bewunderung? Wofür?"
„Für alles!", sage ich schnell.
„Auch mir ist es ein Rätsel, doch ich kann ihre Emotionen deutlich erkennen. Noch dazu kann ich sie riechen."
Sira wackelt mit der Nase, wie ein Hund. Ich vergesse immer wieder, dass ich es nicht mit Menschen zu tun habe.

„Du hattest recht, Eron, sie ist wirklich anders. Noch dazu scheint sie der erste Mensch zu sein, der dich nicht hasst."

Erons goldene Augen blicken mich ganz ruhig an. Ich möchte zu gerne wissen was ihm durch den Kopf geht.
Sira gibt ein unmerkliches Seufzen von sich.
„Na schön, ich habe es eingesehen, warum du sie beschützt."
„Und was wirst du jetzt tun?", fragt Eron, ohne den Blick von mir abzuwenden.
„Ich lasse sie in Ruhe. So wie du es wünscht."
Jetzt sieht er zu seiner Tante.
„Ist das ein Versprechen?"
„Ja doch", antwortet sie etwas genervt.
Es fällt ihr schwer das zu sagen. Doch eigentlich wundert mich etwas ganz anderes.

Sie ist die Anführerin, trotzdem kommt es mir so vor, als ob sie mehr Respekt vor Eron hat.
„Ich bin froh, dass das geklärt ist", sage ich etwas unsicher. „Ich würde mich mies fühlen, wenn ihr meinetwegen wieder kämpfen müsstet."

„Kämpfen? Meinst du das was wir zuvor getan haben?"
Ich nicke zu Siras Frage. Sie lacht.
„Das war kein ernster Kampf, nur etwas Geplänkel. Ich würde meinem Neffen nur ungern das Fell über die Ohren ziehen. Ab gesehen davon wäre ich gar nicht dazu in der Lage, wenn er jemals ernsthaft gegen mich antreten würde."
Ich lege fragend den Kopf schief.
„Eron ist viel stärker als ich."

Also das habe ich jetzt nicht erwartet. Sira ist doch der Leitwolf. Bedeutet das nicht sie ist die Stärkste?
„Ursprünglich sollte Eron uns anführen, da sein Vater das vorherige Oberhaupt war. Doch er hat sich nach seinem Tod dafür entschieden dieses Vorrecht abzugeben."

Jetzt habe ich wieder ein bisschen mehr über Eron erfahren und meine Bewunderung für ihn ist in keinster Weise geschrumpft - im Gegenteil.

„Komm, Nisha", sagt Eron plötzlich leise zu mir.
„Wohin?"
„Ich muss dir etwas zeigen."
Ich bin überrascht, als er einfach meine Hand nimmt und mich mit sich zieht. Ich folge ihm wie ein Magnet und bemerke gar nicht, dass ich gar keine Schmerzen mehr im Bein habe.

„Eron! Ich hoffe du weißt was du tust", ruft seine Tante noch hinter uns her. Ich habe keine Ahnung was sie damit meint und bekomme keine Gelegenheit sie zu fragen, denn Eron zieht mich schon den steilen Bergweg hinab.
Ich fürchte erneut zu fallen, doch wann immer ich ins Straucheln gerate, fängt mich Eron mit seiner starken Hand auf.

Ich spüre weder Erschöpfung noch registriere ich wie spät es eigentlich ist.
Ich gehe einfach schweigsam hinter ihm her. Ich bin neugierig auf das was er mir zeigen möchte. Ich will immer mehr über Eron erfahren. Ich spüre dass es wichtig ist, weil ich ihm helfen will. Ich denke ich bin langsam an dem Punkt angekommen, wo ich alles für den Mann machen würde. Ein Wort von ihm würde ausreichen. Wieso ist das so?

ERONWhere stories live. Discover now