4. 𝑺𝒆𝒍𝒕𝒔𝒂𝒎𝒆 𝑫𝒊𝒏𝒈𝒆

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Das merkwürdige Geräusch ertönt schon wieder. Doch jetzt klingt es näher und vor allem lauter. Neugierig steige ich wieder aus dem Bett, ziehe mir den Bademantel über und will gerade die Balkontür öffnen, als jemand laut durch die Nacht ruft: „Eron!"

Meine Hände greifen nach dem kalten Metallgriff und schieben die immer noch offen stehende Balkontür weiter auf. Ich sehe drei junge Burschen auf der Wiese vor dem Haus stehen.
Jetzt kann ich auch das Geräusch zuordnen. Es kam von den Jungen, die offensichtlich versucht haben ein Tier nachzumachen. Nur welches?

„Was wollt ihr?"
Das ist Erons Stimme. Vorsichtig sehe ich auf seinen Balkon. Er stützt sich mit den Händen auf die Umrandung und schaut ernst auf die drei jungen Burschen hinunter.

„Wir sind hier, um dich nach Hause zu holen, Eron. Du gehörst nicht hier her", sagt einer von ihnen und tritt etwas vor. Ich kann ihn in der Dunkelheit kaum erkennen. Doch die schwache Hausbeleuchtung verrät, dass er ebenfalls dunkle, zottelige Haare hat. Er sieht so aus, als ob er sich keinen Kamm leisten kann. Seiner schmutzigen Kleidung nach zu urteilen auch keine Waschmaschine.

Die beiden anderes sehen ebenso schmutzig und wild aus. Sind sie etwa aus dem Wald gekommen, oder warum sind sie so schmutzig? Dem Kleinsten hängen noch ein paar Blätter auf dem hellen Schopf. Ganz sicher, sie kommen gerade aus dem Wald.

„Wenn das alles ist, geht besser wieder. Ihr verschwendet eure Zeit."
Eron richtet sich auf und dreht den Jungen den Rücken zu. So kann ich sein angespanntes Gesicht sehen. Seine Augen stechen unnatürlich hervor. Wieder stelle ich fest, wie außergewöhnlich sie sind.

„Deine Brüder brauchen dich, Eron. Deine Familie braucht dich. Komm endlich nach Hause!"
„Du weißt genau, dass das nicht geht, Toulouse."
„Ich bin mir sicher, wenn du Einsicht zeigst und dich bei Sira entschuldigst, wird sie dir vergeben und dich wieder aufnehmen", fleht der Junge mit den ganz dunklen Haaren.
Er ist kaum älter als sechzehn. Ist er Erons Bruder? Sind sie alle drei mit Eron verwandt?

Eron sieht wieder nach unten.
„Selbst wenn Sira mir vergeben könnte, ich kann hier nicht weg. Ihr wisst warum."

Der vordere Junge mit den schwarzen Haaren schüttelt heftig den Kopf. Dabei wackelt seine struppige Mähne wie die eines Hundes.
Das sind vielleicht seltsame Gestalten.

„Sie wollen dich hier nicht, Eron. Eines Tages wirst du genauso enden wie dein Vater, wenn du in Allmende bleibst. Komm zurück zu deiner Familie und hilf dabei unser Zuhause zu verteidigen."
„Was glaubst du denn warum ich hier bin?", ruft Eron gereizt.

„Sie werden dir niemals zuhören, Bruder. Du verschwendest deine Zeit. Alles was die Menschen können, ist an sich selbst zu denken und sich alles zu nehmen, was sie brauchen. Selbst wenn sie dir Gehör schenken, so würden sie dich doch enttäuschen", argumentiert der Kleine mit seiner hellen, melodischen Stimme und tritt mutig vor.

Ich kapiere überhaupt nicht worum es geht. Ist Erons Familie in Gefahr? Was hat das alles zu bedeuten?
Neugierig und um ja nichts zu verpassen, drücke ich mein Ohr an die kühle Scheibe und verstecke meinen Körper hinter der dicken Gardine.

„Ich gebe nicht auf", erklärt Eron entschlossen. Währenddessen setzt sich still und heimlich eine Krähe auf seinen Balkon. Die ist aber zutraulich.

„Du bist ein Narr!", schimpfen die drei Jungen zugleich. Wie können sie so mit ihm reden? Sie sind doch viel jünger als er. Warum lässt Eron sich das gefallen?

ERONWhere stories live. Discover now